Nelly-Sachs-Gymnasium Neuss/Dramenanalysen/Iphigenie auf Tauris
Was bisher geschah….
I: Akt: Exposition - Einführung in Ort, Zeit, Handlung
Iphigenie hat einen Heiratsantrag von Thoas, König von Tauris, erhalten.
Sie will aber nicht heiraten, weil
- sie ihr Leben der Götting Diana gewidmet,
- sie sich sorgt, möglicherweise den Tantalidenfluch in die nächste Generation weiterzugeben.
Thoas droht, bei Ablehnung die Blutopfer wieder einzuführen.
Es entsteht der dramatische Konflikt: Wie soll sich Iphigenie verhalten?
Wie wird es weitergehen? …
II. Akt: Zuspitzung des Konfliktes; Spannung steigt
Orest - Iphigenies Bruder - und Pylades - sein Freund - tauchen auf.
Beide sind in unterschiedlicher Verfassung: Orest erwartet seinen Tod als Erfüllung des Fluches, Pylades gibt sich kämpferisch, am Leben bleiben zu können.
Orest ist der Anführer, Pylades sein Begleiter, beide scheinen sich jedoch durchaus nahe zu stehen.
Wie sie dahin gekommen sind, ist aktuell noch nicht ganz klar: Suche, Zufall, Schicksal?
Ein Vorschlag [ElDeNSG]:
1.Auftritt
Orest und Pylades werden von Apollen nach Tauris geschickt, um nach Hilfe von seiner „vielgeliebten Schwester“(Diana) zu suchen, nachdem Orest „[…] Apollen bat, das grässliche Geleit der Rachegeister von der Seite [ihm] abzunehmen“.
Beide sind in unterschiedlicher Verfassung. Während Orest eher pessimistisch gestimmt ist und fürchtet, dass sein Tod schon nahe stehe, sieht Pylades die Situation mit einem optimistischen Blick und ist noch nicht bereit aufzugeben, sondern hofft darauf, dass er und Orest gerettet werden können. So versucht er Orest aufzuheitern und ihm Mut zu machen. Am Ende des ersten Auftrittes teilt Orest seine Sorgen mit. So erklärt er, habe er die Angst, sie würden vom König geopfert werden und, dass „ein Weib“ sie nicht retten könne. Woraufhin ihn Pylades erneut beruhigt, indem er behauptet, dass ein Mann an die Grausamkeit gewöhnt sei und aus Gewohnheit hart und kalt werden könne , während eine Frau fest bei ihrem Entschluss bliebe. Der Auftritt endet, indem Orest geht und Pylades mit Iphigenie allein lässt.
2. Auftritt (Zusammenfassung)
•Iphigenie scheint direkt zu Beginn zu bemerken, dass Pylades eher ein Grieche als ein Skythen ist
•Pylades versucht sich bei ihr beliebt zu machen
•Iphigenie verschweigt ihre Herkunft , aber auch Pylades lügt über seine Familiensituation und seinen, und Orests Namen—> Cephalus und Laodamas
• Pylades berichtet vom Fall Trojas und von den Gefallenen Kriegern(Palamedes, Ajax Telamons)
•Er erzählt von Klytämnestras und Ägisthens Mord an ihrem Vater(Agamemnon)
•Er verdächtigt, anhand ihrer Reaktion, sie habe in irgendeiner Weise eine Verbindung zu ihm
•Er erklärt, Ägisth habe ihn erschlagen, so habe Klytämnestra sich an dem Mord von Iphigenie rächen wollen
•Daraufhin verabschiedet sich Iphigenie und lässt Pylades allein
•Pylades Verdacht, sie habe den König gekannt, verstärkt sich.
Was ist Verantwortung, was ist Schuld? Menschenbilder und Moralvorstellungen
Schuld
Der Begriff Schuld ist ein juristischer Begriff, der eine Gesetzesmissachtung bedeutet. Schul kann durch eigene oder Gruppenhandlung ausgelöst werden. Man kann sich also allein und in einer Gruppe schuldig machen. Schuld ist entsprechend oft mit etwas schlechtem verbunden, kann jedoch auch metaphorisch verwendet werden, z.B. im Sinne von Dankbarkeit (jmd. etwas Schulden).
Orest brachte seine eigene Mutter um und trägt somit die Schuld dafür, dass sein Familienfluch weitergegeben wird. Hätte er seine Mutter nicht umgebracht, so wäre er schuldlos,denn er war der entscheidende Faktor dafür, dass seine Mutter nun tot ist.
Verantwortung
Verantwortung ist ein Begriff der Ethik. Es gibt zwei Arten von Verantwortung, ob man diese übernimmt ist meistens freiwillig.Im ersten Fall übernimmt man Verantwortung, indem man auf Sachen aufpasst oder sie beschützt.
Im zweiten Fall übernimmt man Verantwortung nachdem man etwas getan hat und dafür geradesteht und es wieder gut macht. Wenn man Verantwortung übernimmt oder auch nicht gibt es immer Konsequenzen sowohl negative als auch positive.
Negative Konsequenzen schränken einen in Zukunft ein und positive bringen einen weiter.
Iphigenie übernimmt Verantwortung
- für den Tantalidenfluch, indem sie auf Tauris den Göttern dient, sich der Heirat widersetzt (Nachkommen)
- für sich, indem sie Thoas nicht heiraten will
- für die Wiedereinführung des Blutopfers, das aktuell ansteht für die beiden Fremden.
Determinismus
Orest erwartet seinen Tod als Erfüllung des Fluchs.
Pylades widerspricht einer „Erbschuld“ und sieht seine Bestimmung darin, das Orakel zu erfüllen und „die Schwester Diana“ wieder zurückzubringen.
Warum enthüllt Orest Iphigenie seinen Namen?
V. 1082: Ich bin Orest.
Er will Iphigenie nicht länger belügen, weil sie eine „große Seele“ ist (V. 1076). Große Seele lässt sich hier verstehen als „Gütigkeit“, sie zeigt sich ihm gegenüber als empathisch und bewertet sein Schicksal als unverdient (V.1070).
Er appelliert damit auch an Iphigenie, ihren Namen zu nennen.
Iphigenie erkennt in Orest ihre mögliche Rettung von der Insel und deutet sein Auftreten als göttliches Zeichen einer positiven Erfüllung ihrer Sehnsucht und als Belohnung für ihre guten Taten (V. 1094ff.) Sie gibt sich ihm zu erkennen (V.1172).
Wie löst Iphigenie ihren Konflikt?
IV. Akt
Ein Vorschlag [TibScNSG]:
Arkas, der Bote von Thoas, überbringt Iphigenie eine Botschaft des Königs: „Beschleunige das Opfer, Priesterin!“ Der König fordert nämlich das Opfer, Iphigenies Bruder, Orest und sein Freund, Pylades (V.1421/22). Danach erzählt sie von den Opfern und wer sie sind, erwähnt jedoch noch nicht, dass einer ihr Bruder ist. Sie sagt, dass sie Orest befreien will von den Furien und er noch nicht als Opfer dargelegt werden kann.
Arkas jedoch möchte nicht, dass Iphigenie “auf eigene Faust“ handelt. Sie soll nicht ohne die Erlaubnis des Königs handeln (V.1443). Arkas meint, dass es Iphigenies Schuld ist, alles liege in ihrer Hand, nicht in der Hand der Götter: „Ich sage dir, es liegt in deiner Hand des Königs aufgebrachten Sinn allein bereitet diesen Fremden bittern Tod“ (V.1465-1467).
Iphigenie hat Mitleid mit den Gefangenen und will versuchen sie zu retten, dies ist ihr einziges Ziel, da sie sich nun auch verantwortlich fühlt, für das Menschenopfer von Thoas (V.1519).
Danach trifft Iphigenie Pylades wieder und er überbringt die gute Nachricht, dass ihr Bruder geheilt ist und beide über das Boot am Ufer fliehen wollen (V.1532f). Sie erzählt ihm von ihrem Treffen mit Arkas, dem königlichen Boten, dass sie nun auf die Antwort Thoas wartet. Pylades hofft, dass Thoas nicht Orest treffen will und fordert von Iphigenie sie zu schützen und zu lügen: „Und fordert er, den Fremden Mann zu sehn, der von dem Wahnsinn schwer belastet ist, so Lehn es ab, als hieltest du uns beide im Tempel wohlverwahrt.“ (V.1599ff). Er hofft darauf, dass Apollo gut zu ihnen ist und sie fliehen lässt und sie unterstützt, da Orest befreit ist von seinem Wahnsinn (V.1607f).
„Allein mein eigen Herz ist nicht befriedigt“, sagt Iphigenie (V.1648). Ihr selber gefällt das nicht und sie hat Angst, dass ihr Bruder getötet werden könnte. Pylades fragt sich, ob es Überredung braucht, um Iphigenie auf ihre Seite zu bekommen, er versteht es nicht. Sie müsse sich auf Orests und seine Seite stellen, da Thoas sie töten will und nur sie sie retten kann (V.1666). So einfach ist es für Iphigenie jedoch nicht, da sie Thoas als zweiten Vater ansieht.
Zu sich selber sagt Iphigenie am Ende des 4. Aktes: „Ich muss ihm (Pylades) folgen: denn die Meinigen Seh ich in dringender Gefahr“ (V.1689f).
Zusammenfassend kann man also für den 4. Akt sagen, dass Iphigenie versuchen sollte, einen Ausgleich zwischen den verschiedenen Interessen herbeizuführen, am Ende sollte ein gewaltfreier Ausgang zwischen Thoas und Orest möglich sein und dafür muss sie sorgen.
Im Folgenden (5. Akt) geht Arkas zu Thoas und berichtet ihm von den Flüchtigen, deren Boot noch am Ufer der Insel stehen solle. Daraufhin entsendet Thoas sofort Truppen, um dieses Schiff zu finden, sodass sie nicht mehr flüchten können (V.1772ff).
Im dritten Auftritt des 5. Aktes treffen Thoas und Iphigenie erneut aufeinander, diese sollte nun besonnen reagieren und Eskalationen vermeiden, obwohl es schwierig wird. Thoas versteht nicht, warum Iphigenie das Opfer weiter aufschiebt „ Du schiebst das Opfer auf; sag an, warum?“ (V.1805).
In V.1837ff „Es scheinen die Gefangenen dir sehr nah am Herzen: Denn vor Anteil und Bewegung, vergissest du der Klugheit erstes Wort, dass man den Mächtigen nicht reizen soll.“ Hier merkt er, dass Orest und Pylades, Iphigenie sehr nahe stehen und ist eher gereizt von ihr, worauf er sie hinweist, da man den „Mächtigen“, also hier König Thoas, nicht reizen sollte.
Man merkt auf Thoas Frage hin, wer die Fremden sind, zögert Iphigenie vorerst und lügt „Sie sind - sie scheinen - für Griechen halte ich sie“ (V.1889). Hier lügt sie, denn sie weiß, wer die beiden sind und will sie mit ihrer Lüge schützen.
Später verrät Iphigenie sich jedoch (V. 1924 ) und erklärt Thoas, dass es ihr Bruder und ein Freund ist, die er für Fremde hält. Um die beiden zu schützen und ihr Wohl zu schützen, bietet Iphigenie sich selbst als Opfer an (V.1944) , da sie sich letztendlich verantwortlich fühlt, dass es überhaupt wieder Menschenopfer gibt. Sie möchte eine friedliche Lösung erreichen, ohne dass Außenstehende sterben müssen, weiter führt sie aus, dass sie ihren Bruder nicht sterben sehen könne und dass sie die beiden „Geliebten“ dort übereilt hineinstürzte (V.1945ff).
„Diese sind treu und wahr.“ (V. 1958f) stellt sie Orest und Pylades sich selbst gegenüber, sie möchte „an einer Klippeninsel traurig Ufer“(V. 1961) verbannt werden. Sie bittet Thoas ebenso freundlich den Geschwistern, wie auch ihr selbst, zu begegnen und entlassen zu werden (V. 1964).
Thoas empfindet die Forderungen als zu viel für diese kurze Zeit, jedoch entgegnet Iphigenie, „um Guts zu tun, braucht’s keiner Überlegung“. Dies bezweifelt wiederum Thoas, jedoch verstärkt Iphigenie ihr Argument („Der Zweifel ist’s der Gutes böse macht“), er solle handeln, wie er es fühlt (V.1988ff).
Orest kommt bewaffnet zur Unterhaltung dazu und bittet Iphigenie, ihm schnellstens zu folgen, da nicht mehr viel Zeit bleibe zu fliehen, da die Truppen das Schiff gleich finden würden (V.1995f). Iphigenie redet jedoch als Priesterin, dass beide diesen göttlichen Platz der Göttin Diana nicht durch Wut und Mord verwüsten sollten, sie will die Situation entschärfen und versucht eine gewisse Harmonie herzustellen (V. 2000ff). Sie will, dass Thoas in Orest einen Guten sieht, ihren geliebten Bruder, ebenso soll Orest auch Thoas als Iphigenies „zweiten Vater“ ansehen, der sie aufgenommen hat auf der Insel (V.2004). Orest möchte friedlich die Insel verlassen, steckt dafür auch sein Schwert weg, als Iphigenie ihn darum bittet (V. 2009ff).
Nach den Besänftigungen von Iphigenie befiehlt Thoas, die Truppen zurückzuhalten: „Gebiete Stillstand meinem Volke!“, aber vorerst nur, solange sie reden „Keiner beschädige den Feind, solange wir reden“ (V. 2023f).
Iphigenie möchte nun die Verständigung zwischen Orest und Thoas anregen und möchte, dass Thoas ihrem Bruder zuhört, der erklärt und bezeugt, dass er ihr Bruder ist (V. 2030ff).
Thoas jedoch will es noch nicht glauben und Iphigenie versucht es durch die Erklärung von Orests Narben, die er in der Kindheit, durch Unvorsichtigkeit der Familie, bekam (V.2087ff). Iphigenie bekräftigt Thoas: „Du hast nicht oft zu solcher edlen Tat Gelegenheit“ (V.2148f).
Letzendlich gewährt Thoas den Dreien das friedliche Verlassen der Insel. Iphigenie jedoch will ihren „zweiten Vater“ nicht ohne Segen verlassen. Sie wünscht: „Verbann uns nicht! Ein freundlich Gastrecht Walte von dir zu uns : So sind wir nicht auf ewig getrennt und abgeschieden“ (V. 2153). Thoas ist ihr so viel wert, wie ihr Vater es war, sie wünscht ihm Lohn für die Milde und die guten Taten, des Königs (V. 2166f).
Die Tränen, die Iphigenie erwähnt (V. 2171), zeigen, wie eng ihre Beziehung zu Thoas war und dass sie ihn vermissen wird. Er verabschiedet sich mit einem „Lebt wohl!“ (V. 2174) und beendet damit die Dramenhandlung.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass sich am Ende Iphigenies Konflikt gelöst hat und letztendlich alles gut ist zwischen ihr, Thoas, Pylades und Orest. Alles hat sich zum Guten gewendet und sie können friedlich, ohne einen Kampf, die Insel verlassen und wurden nicht verbannt.
Zur Funktion/Wirkung: Welchen Erziehungsauftrag erfüllt das Drama? Was kann das Publikum daraus lernen?
Das Publikum verlässt das Theater mit einem Gefühl der Erleichterung, dass der dramatische Konflikt ohne Blutvergießen gelöst werden konnte, vielleicht auch einem Anteil an Melancholie darüber, dass Iphigenie in einer engeren Beziehung zu Thoas stand, als ursprünglich dargestellt wurde.
Das Drama entspricht dem aristotelische 5-Akt-Schema in Bezug auf den Ablauf, aber nicht im engeren Sinne auf das Ende bezogen, denn es gibt weder ein tragisches noch ein komödiantisches Ende.
Welchen Einfluss hat die Gestaltung der Iphigenie als „Symbol der Humanität“ auf die unblutige Lösung des Konfliktes?
Humanität: Menschenfreundlichkeit; Harmonie
- Iphigenie löst den Konflikt, ohne dass jemand zu schaden kommt. Lebt und fordert Gewaltfreiheit
- sie betrügt nicht die Taurer; sie bleibt durchgehend ehrlich allen gegenüber
- Herstellung der Harmonie zwischen Thoas und Orest; Versöhnungsversuch
- zeigt Wohlwollen und Mitgefühl, Perspektivenübernahme, z.B. gegenüber Thoas; damit lindert sie seine Aggressivität
- ist Vorbild an Menschlichkeit.
Übung zur Klausur: literarische Analyse
1.) Inhalt: V,3: Iphigenie und Thoas
Thoas‘ Strategien, Iphigenie zum Opfervollzug zu drängen:
- Drohungen: z.B.: Machtausübung und Einflussnahme („den Mächtigen nicht reizen“, V. 1839).
- seine Möglichkeit, ein Urteil über ihr Schicksal zu fällen („Sprich unbehutsam nicht dein eigen Urteil“, V. 1875),
- Ironisierung, z.B.: „Und sie haben wohl der Rückkehr schönes Bild in dir erneut?“ (V. 1890)
Iphigenies Strategien, Thoas zu begegnen:
- Offenlegung seiner Strategie der Machtausübung („…du willst mich zwingen“, V. 1844)
- Appell an seine Empathie, sein Verständnis für sie („0h sähest du, wie meine Seele kämpft“, V.1876)
- reflektiert die Beziehungsebene beider;
- argumentiert auf moralischer Ebene: z.B.: „Beschönige nicht die Gewalt“ (V. 1856), „Bruder .. den ich ermorde“ (V. 1950)
- Angebot, sich selbst an Stelle des Bruders zu opfern (V. 1957).
- direkter Appell, sie alle gehen zu lassen („Lass mich mit reinem Herzen … hinübergehen“ (V. 1968).
- moralische Bürgschaft für ihren Bruder ("Sie sind treu und wahr“; V. 1958).
Sprachliche Elemente:
Teilnehmende:
KiANSG | AnFrNSG | CeKoNSG | LaPeNSG | JoScNSG | MarWeNSG | |
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