Digitale Werkzeuge in der Schule/Mathematik im Beruf/Unfallforensikerinnen und Unfallforensiker
In diesem Lernpfadkapitel widmen wir uns dem Beruf der Unfallforensikerinnen und Unfallforensiker.
Als Unfallforensiker oder Unfallforensikerin kann man arbeiten, wenn man eine Weiterbildung als staatlich geprüfter Techniker oder Meister oder staatlich geprüfte Technikerin oder Meisterin der Fachrichtung Kraftfahrzeugtechnik oder Maschinenbau oder vergleichbares absolviert und mindestens drei Jahre Berufserfahrung gesammelt hat. Alternativ kann man nach einem abgeschlossenen Studium, zum Beispiel im Bereich Fahrzeugelektronik, in den Beruf einsteigen. Aufgaben sind die Mitarbeit bei der Aufnahme von Verkehrsunfällen, die Sicherung technischer und digitaler Unfallspuren, Vermessung der Unfallstelle, Unfallrekonstruktionen und das Fertigen von Berichten und Stellungnahmen.
Um dieses Kapitel zu bearbeiten benötigst du dein Tablet, das zugehörige Arbeitsblatt[1], Zettel und Stift, ein Geodreieck und einen Taschenrechner.
Bei den Aufgaben unterscheiden wir folgende Typen:
- In Aufgaben, die orange gefärbt sind, kannst du grundlegende Kompetenzen wiederholen und vertiefen.
- Aufgaben in pinker Farbe sind Aufgaben mittlerer Schwierigkeit.
- Und Aufgaben mit lilanem Streifen sind Knobelaufgaben.
Am Ende dieses Kapitels kannst du:
- einen Autounfall rekonstruieren.
- ein Unfallgutachten erstellen.
Inhaltsverzeichnis
Unfallrekonstruktion
Bei einem Überholmanöver ist ein Auto mit der Leitplanke des Gegenverkehrs kollidiert. Du stellst als Unfallforensiker:in am Unfallort eine sehr kurze Bremsspur, die Stelle des Aufpralls auf die Leitplanke sowie die Position des Autos nach dem Unfall fest. Zudem nimmst du einige Messungen vor, sodass folgende Skizze des Unfallortes entsteht:
Für die Unfallrekonstruktion müssen die am Unfallort getätigten Feststellungen in eine mathematische Skizze überführt werden.
Fertige auf dem Arbeitsblatt eine maßstabsgetreue Skizze des Unfallortes in einem Koordinatensystem an.
Betrachte die Skizze des Unfallorts und überlege anhand der angegebenen Abmessungen, wie du (1) den Beginn der Bremsspur, (2) den Aufprall des Autos sowie (3) den jetzigen Standort des Autos als drei Punkte im Koordinatensystem darstellen kannst.
Überlege nun, wie du außerdem die Begrenzungen der Straße als Geraden im Koordinatensystem darstellen kannst.Je nachdem, welchen Maßstab du gewählt hast und welche Information der Unfallskizze du als "Ausgangspunkt" der mathematischen SKizze im Koordinatensystem gewählt hast, können sich leicht abweichende Darstellungen ergeben.
Hier wird angenommen, dass 2 Kästchen in der Realität m entsprechen. Als "Ausgangspunkt" der Skizze wurde der Beginn der Bremsspur als Punkt festgelegt.
Du hast nun als Unfallforensiker:in die Aufgabe, den Einlauf- und Auslaufwinkel in der vorliegenden Unfallsituation zu bestimmen. Diese Winkel spielen bei der Schadensbegutachtung eine Rolle. Auf Grundlage der berechneten/gemessenen Winkel kann nämlich anschließend überprüft werden, welche Schäden am Fahrzeug tatsächlich durch den Unfall entstanden sein können und welche Schäden möglicherweise bereits vor dem Unfall am Fahrzeug vorlagen.
Miss daher im Koordinatensystem, das in Aufgabe 2 angefertigt wurde, den Einlauf- und den Auslaufwinkel mithilfe eines Geodreiecks. Trage die gemessenen Winkel an passender Stelle in das Koordinatensystem aus Aufgabe 2 ein.
Falls du nicht mehr weißt, wie man mit dem Geodreieck Winkel misst:
Lies die Erklärung auf dieser Website nach oder schaue das Erklärvideo dort.Anfertigung eines Unfallgutachtens
Eine Unfallforensikerin oder ein Unfallforensiker muss Gutachten erstellen, die dann zum Beispiel an Versicherungen oder Gerichte weitergeleitet werden, um die Unfallverursacher festzustellen, Schäden zu dokumentieren und um letztendlich zu entscheiden, wer welche Kosten trägt. Daher sollst du in den folgenden Aufgaben schrittweise ein solches Gutachten erstellen.
Die kinetische Energie ist ein wichtiger Bestandteil des Gutachtens. Die kinetische Energie, das heißt die Bewegungsenergie, wird bei einem Unfall in Verformungsarbeit umgewandelt. Somit gilt: Je höher die kinetische Energie, desto größer sind die Schäden am Auto. So kann beispielsweise mithilfe der kinetischen Energie und durch Abgleich des realen Schadens festgestellt werden, ob das Auto zuvor schon schwerer beschädigt war. Außerdem kann eine Werkstatt daraus die Kosten für die Ausbeulung abschätzen.
Das Auto im Unfall aus Aufgabe 1 wiegt ca. t und ist nach kurzem Abbremsen vor dem Unfall noch gefahren, was durch die Betrachtung der Bremsstreifen festgestellt werden konnte.
Bestimme die kinetische Energie beim Aufprall in Joule und schreibe die Rechnung auf dem Arbeitsblatt auf. Dieser Wert wird dann an die Werkstatt weitergegeben.
Überlege zuerst, wie man Tonnen in Kilogramm umrechnet, das heißt wie viele Kilogramm eine Tonne sind.
Um in umzurechnen, überlege, wie viele Meter ein Kilometer sind und multipliziere mit der entsprechenden Zahl. Überlege auch, wie viele Sekunden eine Stunde sind. Dabei kannst du auch einen Zwischenschritt über die Minuten machen. Dividiere dann durch diese Zahl.Zur konkreten Berechnung: t kg. Um in umzurechnen, multiplizierst du am besten erst mit , dann erhältst du einen Wert in . Dann dividierst du durch bzw. zweimal durch , denn eine Stunde sind Sekunden.
Somit hat man: t kg und
Diese Werte kannst du dann in die Formel einsetzen.
Als erstes solltest du die Werte umrechnen: Da t kg gilt, gilt t kg. Zudem gilt:
Wobei im ersten Schritt durch Multiplikation mit km in m umgewandelt wurden und im zweiten und dritten Schritt jeweils durch Division durch Stunden in Minuten bzw. Minuten in Sekunden umgewandelt wurden.
Durch Einsetzen der Werte in die Lösung ergibt sich:
Das Auto ist durch den Unfall primär am Scheinwerfer, an der Stoßstange und durch das Schleifen entlang der Leitplanke an der Seite beschädigt.
Der Scheinwerfer und die Stoßstange müssen ausgetauscht werden. Außerdem hast du nach dem Unfall eine Skizze vom Auto und den beschädigten Flächen gemacht und einige Abmessungen eingetragen:
Die Werkstatt benötigt die Größe dieser Fläche, um die Lackkosten und gemeinsam mit der Angabe der kinetischen Energie die Kosten für die Ausbeulung feststellen zu können.
Berechne die Größe der beschädigten Autoteile in Quadratmetern. Die gesuchte Fläche ist rot markiert. Runde auf zwei Nachkommastellen und schreibe den Rechenweg auf dem Arbeitsblatt auf.
Um die Fläche ungefähr zu berechnen, kann man die Form des Autos in kleinere Flächen aufteilen und durch Kreise, Dreiecke und Rechtecke annähern. Zum Beispiel so:
Wir berechnen mit der im Tipp gegebenen Einteilung:
Dann gilt: ist ein rechtwinkliges Dreieck mit einer Höhe von und einer Grundseite der Länge , somit [m2]
ist ein Rechteck mit einer Länge von m und einer Höhe von , also [m2].
ist ein Rechteck mit einer Länge von und einer Höhe von , also [m2].
Fläche ist ein Kreis mit Radius , also [m2].
Insgesamt ergibt sich somit für die Fläche A vom Auto:
Je nachdem, wie du die Fläche angenähert hast, kann deine Lösung etwas von dieser abweichen. Nach dieser Näherungslösung ist die beschädigte Fläche ca. m2 groß.
Um festzustellen, ob sich eine Reparatur lohnt oder ob es sich um einen wirtschaftlichen Totalschaden handelt, werden Reparaturkosten und der Wert des Autos vor dem Unfall in Beziehung gesetzt. Um einen Totalschaden handelt es sich, wenn die Reparaturkosten die Kosten zur Wiederbeschaffung des Autos überschreiten. Dies kann gerade bei älteren Autos schnell passieren.
Wenn der Unfall allerdings nicht durch einen eigenen Fehler verursacht wurde, kann die Fehler beim Parsen (Konvertierungsfehler. Der Server („cli“) hat berichtet: „[INVALID]“): {\displaystyle 130 %} -Regelung zur Anwendung kommen. Dabei gilt: Wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um maximal 30 % überschreiten, also maximal 130 % betragen, muss die Versicherung des Unfallgegners die Reparaturkosten zahlen. Als Wiederbeschaffungswert wird dabei der Wert des Autos vor dem Unfall bezeichnet.
Nachdem du der Werkstatt die Schäden, auch die kinetische Energie beim Unfall sowie die Größe der beschädigten Fläche mitgeteilt hast, erfährst du, dass die Reparaturkosten für den Austausch des Scheinwerfers und der Stoßstange und die Lackierung betragen. Das Auto hat ursprünglich gekostet. Es war vor dem Unfall allerdings schon etwa 8 Jahre zugelassen und wurde viel gefahren und hatte so vor dem Unfall bereits einen Werteverlust von ca. Fehler beim Parsen (Konvertierungsfehler. Der Server („cli“) hat berichtet: „[INVALID]“): {\displaystyle 75 %} . Nun sollst du den Autofahrer oder die Autofahrerin beraten.
Bestimme den Prozentsatz der Reparaturkosten an dem Wert des Autos vor dem Unfall. Berechne dazu zunächst den Restwert des Autos vor dem Unfall (Schritt 1) und anschließend den Prozentsatz der Reperaturkosten daran (Schritt 2) und trage alle Werte in die Tabelle ein. Übertrage nach dem Überprüfen die richtigen Werte auf das Arbeitsblatt.
Entscheide, ob es sich um einen Totalschaden handelt.
Falls ja: Nimm an, dass der Unfall nicht vom Autofahrer oder der Autofahrerin selbst verursacht wurde. Entscheide, ob die Fehler beim Parsen (Konvertierungsfehler. Der Server („cli“) hat berichtet: „[INVALID]“): {\displaystyle 130 %} -Regelung zur Anwendung kommen kann, ob also die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert um maximal 30 % überschreiten.
Zur Berechnung des Wertes vor dem Unfall benötigst du Prozentrechnung. Dabei gilt allgemein , wobei der Prozentwert, der Prozentsatz und der Grundwert ist. Zur Berechnung des Autowertes vor dem Unfall kannst du also die Werte (Neupreis und Fehler beim Parsen (Konvertierungsfehler. Der Server („cli“) hat berichtet: „[INVALID]“): {\displaystyle 100 % - 75 % = 25 %} ) einsetzen, der Prozentsatz muss dabei geändert werden, da nicht der Wertverlust, sondern der Restwert berechnet werden soll.
Um dann den Anteil der Reparaturkosten an diesem Wert, also den Prozentsatz, auszurechnen, solltest du zusätzlich noch in einer Äquivalenzumformung die Formel umstellen.Wir nutzen die Formel .
Zu dem Restwert vor dem Unfall: Es gilt Fehler beim Parsen (Konvertierungsfehler. Der Server („cli“) hat berichtet: „[INVALID]“): {\displaystyle \text{p} =25 % =0{,}25} , da der Restwert und nicht der Verlust berechnet werden soll, und . Somit .
Somit sind die Reparaturkosten höher als der Wiederbeschaffungswert, es handelt sich also um einen Totalschaden.
Zum Prozentsatz der Reparaturkosten am Restwert: .
Da der Prozentsatz der Reperaturkosten am Restwert bzw. dem Wiederbeschaffungswert berechnet werden soll, ist der neue Grundwert allerdings und der Prozentwert ist . Somit gilt Fehler beim Parsen (Konvertierungsfehler. Der Server („cli“) hat berichtet: „[INVALID]“): {\displaystyle \text{p} \approx 1{,}06 =106 %} .
Also überschreiten die Reperaturkosten den Wiederbeschaffungswert um ca. Fehler beim Parsen (Konvertierungsfehler. Der Server („cli“) hat berichtet: „[INVALID]“): {\displaystyle 6 %} , also kommt die Fehler beim Parsen (Konvertierungsfehler. Der Server („cli“) hat berichtet: „[INVALID]“): {\displaystyle 130 %} -Regelung zur Anwendung.
Es ist eine Bremsspur mit einer Länge von m entstanden.
Berechne, wie hoch die Geschwindigkeit des zweiten Autos war.
Kreuze auf dem Arbeitsblatt an, ob sich die fahrende Person an die vorgeschriebene Geschwindigkeitsbegrenzung von gehalten hat.
Da es keine negativen Geschwindigkeiten gibt, eignet sich im Sachzusammenhang nur die Lösung . Somit ist aus der Bremsspur von m auf eine Geschwindigkeit des zweiten Autos von zu schließen. Die fahrende Person hat sich also nicht an die vorgegebene Geschwindigkeitsbegrenzung von gehalten.