Digitale Werkzeuge in der Schule/Basiswissen Analysis/Von der Änderungsrate zum Änderungseffekt

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Als Einstieg in das Kapitel findest du eine Herleitung des Integrals aus dem Kontext der Differentialrechnung. Dabei werden dir die zwei Oberbegriffe des Kapitels, Änderungsrate und Änderungseffekt, erläutert. Anschließend folgen einige Aufgaben zum Integral.

Bei den Aufgaben unterscheiden wir folgende Typen:

  • In Aufgaben, die orange gefärbt sind, kannst du grundlegende Kompetenzen wiederholen und vertiefen.
  • Aufgaben in blauer Farbe sind Aufgaben mittlerer Schwierigkeit.
  • Und Aufgaben mit grünem Streifen sind Knobelaufgaben.
  • Aufgaben, die mit einem ⭐ gekennzeichnet sind, sind nur für den LK gedacht.
Viel Erfolg!

Herleitung des Integrals

Konstante und lineare Funktionen

Beispiel 1: Jogger

Wir nehmen an, dass ein Jogger im Durchschnitt 3m/s läuft. Dadurch ergibt sich die konstante Funktion , wie in der unteren Abbildung dargestellt. Nun kann man sich die Frage stellen: Wie viel Meter hat er in einer bestimmten Zeit zurückgelegt? Um das herauszufinden, muss lediglich der Flächeninhalt des Rechtecks zwischen dem Graphen f(x) und der x-Achse in einem festgelegten Zeitintervall berechnet werden. Beispielsweise hätte der Jogger innerhalb der ersten 10s eine Strecke von 30m () zurückgelegt. Das lässt sich für beliebig große Intervalle auf der x-Achse fortführen.

Probiere das in der Darstellung aus indem du die Grenze b verschiebst. Vergleiche den Wert der Stammfunktion F(x) mit dem Wert des Flächeninhalts. Was fällt dir auf?




Beispiel 2: Durchflussrate


Ein zu Beginn leerer Wassertank wird durch dieselbe Leitung befüllt und entleert. In Figur 1 ist die momentane Durchflussrate der Leitung für das Intervall dargestellt.


Beispielaufgabe
Figur 1


Es stellt sich die Frage, wie aus der gegebenen Durchflussrate das Gesamtwasservolumen bestimmt werden kann. Das bedeutet: Wie viele Liter Wasser befinden sich nach 9 Minuten im Wassertank?


Merke: Orientierter Flächeninhalt


Ist der Graph einer momentanen Änderungsrate aus gradlinigen Teilstücken (konstanten und linearen Funktionen) zusammengesetzt, so kann man die Gesamtänderung der Größe (Wirkung) rekonstruieren, indem man den orientierten Flächeninhalt zwischen dem Graphen der momentanen Änderungsrate und der x-Achse bestimmt. Den orientierten Flächeninhalt nennt man auch das bestimmte Integral. (siehe Beispiel 2: Durchflussrate)

Allgemeine Herleitung und Definition

Idee für ganzrationale Funktionen


Bei konstanten oder linearen Funktionen schafft man es, den Änderungseffekt durch Rechtecks- und Dreiecksflächen zu ermitteln. Doch wie funktioniert das bei Funktionen zweiten Grades oder höher? Um den Effekt bei Funktionen zweiten Grades oder höher zu ermitteln, nutzt man dasselbe Verfahren. Man versucht, sich der Fläche zwischen dem Graphen und der x-Achse mit Rechtecksflächen anzunähern. Aktiviere dazu in der unteren Abbildung die Untersumme. Für einen direkten Vergleich kannst du auch das Integral aktivieren.

Hinweise:

  • markiert die Anzahl der Rechtecke unter dem Graphen.
  • Das gibt die Breite der Rechtecke an. Je mehr Rechtecke unterhalb des Graphen sind, desto kleiner wird ihre Breite und damit auch das .
  • Die eingeblendete Untersumme gibt den aktuellen Flächeninhalt der Summe aller Rechtecksflächen unter dem Graphen an.




Definition: Integral

Die Funktion sei auf dem Intervall stetig (Graph kann nahtlos gezeichnet werden) und sei eine beliebige Rechtecksumme zu über dem Intervall .

Dann heißt der Grenzwert  Integral der Funktion zwischen den Grenzen und .

Man schreibt dafür:

(lies: Integral von von bis ).


Hinweis: Falls du Schwierigkeiten mit den Formulierungen hast, schau dir dazu noch einmal die Idee für ganzrationalen Funktionen an. Für eine ausführlichere Erklärung kann für dich dieses Video hilfreich sein: [1]


Hauptsatz der Differenzial- und Integralrechnung

Die Funktion sei stetig (Graph kann nahtlos gezeichnet werden) auf dem Intervall . Dann gilt:

für eine beliebige Stammfunktion von auf .

Stammfunktionen bilden

Stammfunktion Definition

Eine Funktion heißt Stammfunktion zu einer Funktion auf einem Intervall , wenn gilt: . Sind und Stammfunktionen von auf einem Intervall , dann gibt es eine Konstante , sodass gilt:


Satz: Bestimmung von Stammfunktionen

Zur Funktion mit ist mit eine Stammfunktion. Zur Funktion mit ist mit eine Stammfunktion. Sind und Stammfunktionen von und , so gilt für die zusammengesetzten Funktionen:


Beispiele

Hier findest du ein paar Beispielfunktionen und ihre Stammfunktion.

Grundlegende Kompetenzen

Aufgabe 1: Gezeitenkraftwerk


Gezeitenkraftwerk in Annapolis Royal, Nova Scotia, Kanada

Bearbeite folgende Aufgabe und nutze Zettel und Stift, um deine Rechnungen festzuhalten.

In einem Gezeitenkraftwerk strömt bei Flut das Wasser in einen Speicher und bei Ebbe wieder heraus. Das durchfließende Wasser treibt dabei Turbinen zur Stromerzeugung an. Der Graph zeigt vereinfacht die Durchflussrate d vom Meer in den Speicher.

Durchflussrate
Durchflussrate

a) Was bedeutet die Fläche eines Kästchens in der Abbildung im Sachzusammenhang?

b) In welchem Zeitraum nimmt die Wassermenge im Speicher am schnellsten zu und wann am schnellsten ab?

c) Wie viel Wasser befindet sich nach 6 Stunden und nach 12 Stunden im Speicher?

d)Wie geht es nach 12 Stunden vermutlich weiter?



Aufgabe 2: Geschwindigkeit-Zeit Diagramm


Die Graphen in a), b) und c) zeigen die Geschwindigkeit einer Murmel. Ermittle jeweils die vom Startpunkt zurückgelegte Strecke in m nach 9 s. Du benötigst einen Zettel und einen Stift, um deine Rechnungen und Ergebnisse zu notieren.

a)
Aufgabe 1 a)
Figur 1


b)
Aufgabe 1 b)
Figur 2


c)
Aufgabe 1 c)
Figur 3


Aufgabe 3: Zusammenhang zwischen Stammfunktion und Funktion

Betrachte das untenstehende Applet. Lasse dir mithilfe von diesem folgende Funktionen abbilden.

Hinweis: Exponenten kannst du mit ^ eingeben.

Was fällt dir auf? Wo besteht der Zusammenhang zwischen der Funktion und seiner Stammfunktion? Wo sind charakteristische Punkte?


Aufgabe 4: Stammfunktionen graphisch zuordnen


Ordne die Graphen der Funktion der Stammfunktion zu. Falls du Schwierigkeiten mit der Zuordnung hast, schaue dir Aufgabe 3 an.

Du kannst den Vollbildmodus in der rechten, oberen Ecke einschalten, sodass du die Graphen besser erkennen kannst.



Aufgaben mittlerer Schwierigkeit

Aufgabe 5: Kanalaufgabe

Der Boden eines 2 km langen Kanals hat die Form einer Parabel (siehe Abbildung). Dabei entspricht eine Längeneinheit 1 m in der Wirklichkeit. (Du benötigst zur Bearbeitung der Aufgabe Zettel und Stift.)

Querschnitt des komplett gefüllten Kanals

a) Gib den Inhalt der Querschnittsfläche A des Kanals an. Nimm dabei an, dass die Funktion mit den Grundverlauf des Kanals darstellt.


b) Wie viel Wasser [in ] befindet sich im Kanal, wenn er komplett gefüllt ist?

c) Wie viel Prozent der maximalen Wassermenge befindet sich im Kanal, wenn er nur halb gefüllt ist?


Aufgabe 6: Stammfunktion graphisch rekonstruieren

Skizziere eine beliebige Stammfunktion zu folgender Funktion auf dem Intervall . Zeichne zunächst die Funktion und dann eine zugehörige Stammfunktion in ein Koordinatensystem auf einen Zettel. Nutze charakteristische Punkte (Nullstellen, Extrempunkte, etc.), um den Graph der Stammfunktion zu zeichnen.




Aufgabe 7: Funktionsvorschrift der Stammfunktion ermitteln

Ermittle die zugehörige Stammfunktion der Funktion .

In der oberen, rechten Ecke der App ist ein kleiner Button, mit dem du in den Vollbildmodus schalten kannst. Dann sind die Funktionen und Stammfunktionen besser lesbar.




Aufgabe 8: Bakterienwachstum

Die Funktion gibt die Wachstumsrate von Bakterien an, in Stunden, in Hundert Bakterien (siehe Figur 1). Zu Beginn waren 200 Bakterien vorhanden. (Du benötigst zur Bearbeitung der Aufgabe Zettel und Stift.)

a) Wie lautet die Funktion , die die vorhandene Anzahl von Bakterien zum Zeitpunkt angibt?


b) Wie viele Bakterien existieren nach 4 Stunden und nach 6 Stunden?

Figur 1

Knobelaufgaben

Aufgabe 9: CO₂-Gehalt in Teichen

Die biologische Aktivität in einem Teich kann man durch die Änderungsrate beschreiben, mit der CO₂ dem Wasser zugefügt oder entnommen wird. Pflanzen entnehmen tagsüber dem Wasser im Rahmen der Photosynthese CO₂ und geben nachts O₂ ab. Tiere geben durch ihre Atmung CO₂ an das Wasser ab. Bei Tagesanbruch werden 2,6ME CO₂ im Teich festgestellt. (ME steht hier für eine nicht so ganz gebräuchliche Mengen-Einheit, in der die Stoffmenge von CO₂ gemessen werden kann.) Biologen haben die Zu- und Abnahmerate über einen ganzen Tag, beginnend mit dem Sonnenaufgang, gemessen. Die Werte werden in der Einheit ME pro Stunde angegeben. (Du benötigst zur Bearbeitung der Aufgabe einen Zettel und Stift.)


Zeit t in h 0 3 6 9 12 15 18 21 24
Änderungsrate z(t) in ME/h 0,0 -0,041 -0,037 -0,026 -0,009 0,046 0,031 0,019 0,006

a) Begründe, dass der Teich Pflanzen enthält.

b) Berechne für die Zeiten die Gesamtmenge von CO₂ im Wasser und stelle die Ergebnisse tabellarisch dar. Runde jedes Ergebnis auf zwei Nachkommastellen.

Zeit t in h 0 3 6 9 12 15 18 21 24
Gesamtmenge CO₂ in ME 2,33 2,33 2,45 2,53

c) Wann war der CO₂-Gehalt am niedrigsten? Wie groß war er?

d) Welche Bedeutung haben die folgenden Integrale für die vorgegebene Situation?


Aufgabe 10: Gewinnermittlung eines Smartphone-Herstellers

Ein Technik-Unternehmen hat ein neues Smartphone auf den Markt gebracht. Nach 9 Monaten will das Unternehmen prüfen, wie lukrativ das neue Handy in den ersten 9 Monaten war. Der monatliche Gewinn, der durch das Smartphone eingespielt wurde, kann durch die folgende Funktion dargestellt werden:

Die x-Achse gibt die Anzahl der Monate an und die y-Achse den Gewinn in Millionen (€).

Gewinn, der durch das neue Smartphone erzielt wird

a) Berechne den Ertrag, den das Unternehmen in den ersten 2 Monaten, 7 Monaten und nach den kompletten 9 Monaten durch das Smartphone eingespielt hat.

b) Interpretiere die Ergebnisse aus der Aufgabe a) und überlege dir mögliche Begründungen für die erzielten Beträge. Sollte das Smartphone weiterhin produziert werden?

c) In welchem Zeitraum erbringt das Smartphone ausschließlich Gewinn für das Unternehmen? Wie viel wird in dem Zeitraum eingenommen?


Aufgabe 11: Corona Virus
Coronavirus SARS-CoV-2.jpg

Beachte: Diese Aufgabe ist erfunden und entspricht nicht der Realität! Es ist eine rein hypothetische Aufgabe!

Bei einer Coronavirusinfektion ergibt sich die Anzahl der Viren (in Milliarden) nach folgender Funktionsgleichung:

(x: Anzahl der Tage)

Wie bei fast allen Virusinfektionen vergeht auch beim derzeitig kursierenden Coronavirus eine gewisse Zeit von der Ansteckung bis zur Erkrankung (Inkubationszeit). Das Robert Koch-Institut schätzt die Inkubationszeit für SARS-CoV-2 auf 3 Tage.

Hypothetisch nehmen wir an, dass ein Medikament „Gibcovid19einenkorb“ entwickelt wird, um der Ausbreitung des Coronavirus entgegenzuwirken. Dieses Medikament kann erst nach 3 Tagen verabreicht werden, da dann die ersten Symptome auftreten können. Die Abnahme der Viren bei Einnahme des Medikaments zum Zeitpunkt Tagen lässt sich mit folgender Funktion beschreiben:

,


a) Ein Patient ist mit dem Coronavirus infiziert und bekommt nach 3 Tagen das Medikament verabreicht. Berechne, nach wie vielen Tagen alle Viren im Körper des Patienten abgestorben sind (Runde das Ergebnis sinnvoll).

b) Die Fläche zwischen dem Graphen und der -Achse ist ein Maß für die schädigende Wirkung der Coronaviren, auch Wirkungsfaktor genannt. Gesundheitliche Schäden können auftreten, wenn der Wert 60 WE (Wirkungseinheiten) überschreitet. Berechne den gesamten Wirkungsfaktor bis zum völligen Abklingen der Krankheit, wenn das Medikament nach 3 Tagen eingenommen wird.


Aufgabe 12: 100 m-Sprint ⭐

Um diese Aufgabe lösen zu können, musst du mit e-Funktionen vertraut sein.

Bei einem Sprint über 100 m treten Lars und René gegeneinander an. Lars sprintet mit der Geschwindigkeitsfunktion . René sprintet mit der Geschwindigkeitsfunktion .

ist jeweils die Zeit in Sekunden ab dem Start des Laufes und die Geschwindigkeit von Lars und René in Meter pro Sekunde.

a) Gib die Funktionen an, die den zurückgelegten Weg zum Zeitpunkt angibt.

b) Zeige, dass Lars ungefähr 9,8 Sekunden benötigt.

c) Bestimme den Wert von r so, dass René nach 9,69 Sekunden ins Ziel kommt.

d) Wie viel Meter sind Lars und René nach 5 s von einander entfernt, wenn r dem in c) ermittelten Wert entspricht?