Nelly-Sachs-Gymnasium Neuss/Wie interpretiere ich ein Gedicht?/Sprachliche Merkmale interpretieren: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Verwendung von einzelnen Wörtern und Wortarten ist bei Gedichten ganz  genau geplant und häufig werden viele  unterschiedliche sprachliche Bilder und [[Nelly-Sachs-Gymnasium Neuss/Wie interpretiere ich ein Gedicht?/Rhetorische Stilmittel|rhetorische Figuren]]  gebraucht. Beobachtungen zur Sprache werden natürlich nicht um ihrer selbst willen gemacht, sondern sind  -  genau wie alle anderen Analyseaspekte  -  immer im Hinblick auf die Aussage, die Wirkung bzw. die Absicht des Gedichts zu interpretieren.  
Die Verwendung von einzelnen Wörtern und Wortarten ist bei Gedichten ganz  genau geplant und häufig werden viele  unterschiedliche sprachliche Bilder und [[Nelly-Sachs-Gymnasium Neuss/Wie interpretiere ich ein Gedicht?/Rhetorische Stilmittel|rhetorische Figuren]]  gebraucht. Beobachtungen zur Sprache werden natürlich nicht um ihrer selbst Willen gemacht, sondern sind  -  genau wie alle anderen Analyseaspekte  -  immer im Hinblick auf die Aussage, die Wirkung bzw. die Absicht des Gedichts zu interpretieren.  


Bei der Gedichterschließung helfen oft folgende Aspekte:
Bei der Gedichterschließung helfen oft folgende Aspekte:


1.  Wortfelder:  Lassen sich die Wörter im Gedicht bestimmten Wortfeldern  
# '''Wortfelder''':  Lassen sich die Wörter im Gedicht bestimmten Wortfeldern zuordnen (z. B. Stadt, Natur usw.)?
    zuordnen (z. B. Stadt, Natur usw.)?
# '''Schlüsselwörter''' und ihre Bedeutung: Welche Begriffe tauchen wiederholt auf?Welche Begriffe werden variiert?
2. Schlüsselwörter und ihre Bedeutung
# '''Verben''':  Beachte bei der Analyse u.a.: Tempus/Tempuswechsel, Aktiv/Passiv, Form (Infinitiv/Imperativ/ Partizip I und Partizip II) und ihre jeweiligenFunktionen; - Infinitiv als Grundform des Verbs ggf. mit zu, Infinitivsätze (um zu, ohne zu) - Imperativ, um jemanden, oft den Leser oder eine bestimmte Lesergruppe zu etwas aufzufordern - Partizipien werden oft auch adjektivisch genutzt (z. B. ''Das gesungene Lied'' (Part. II)  ''Das Kind lief lachend zu ihm''. (Part. I); Modus (Indikativ, Konjunktiv) Wahl der Verben, Verben der Bewegung (springen, laufen), der Ruhe (sitzen, liegen) und ihre unterschiedliche Wirkung (dynamisch, statisch usw.)
3.  Verben:  Beachte bei der Analyse u.a.:
# '''Nomen''': Handelt es sich  um Abstrakta (Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit)? Wie werden sie gebraucht, ggf. personifiziert bzw. mit Adjektiven und Attributen genauer gekennzeichnet oder umschreiben?
Tempus, Tempuswechsel 
# '''Adjektive''': Grundform = Positiv (''alt''), Komparativ (''älter''), Superlativ (''am ältesten''). Welche Stimmung vermitteln die Adjektive oder die  adjektivisch gebrauchten Partizipien? Welche Wertungen werden vorgenommen?
Aktiv, Passiv, Zustandspassiv
Form (Infinitiv, Imperativ, Partizip I und Partizip II) und die jeweiligen   
Funktionen; - Infinitiv als Grundform des Verbs ggf. mit zu, Infinitivsätze (um zu, ohne zu)
                                    - Imperativ, um jemanden, oft den Leser oder eine bestimmte Lesergruppe
zu etwas aufzufordern  
            - Partizipien werden oft auch adjektivisch genutzt (z. B. Das   gesungene
                          Lied (Part. II)  Das Kind lief lachend zu ihm. (Part. I);
    Modus (Indikativ, Konjunktiv)  
      Wahl der Verben, Verben der Bewegung (springen, laufen), der Ruhe (sitzen,  
                    liegen) und ihre unterschiedliche Wirkung (dynamisch, statisch usw.)  
3. Nomen: Handelt es sich  um Abstrakta (Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit)  
      Wie werden sie gebraucht, ggf. personifiziert bzw. mit Adjektiven und  
      Attributen genauer gekennzeichnet oder umschreiben?
4. Adjektive: Grundform = Positiv (alt), Komparativ (älter), Superlativ (am ältesten)  
- Welche Stimmung vermitteln die Adjektive, die  adjektivisch gebrauchten  
Partizipien?  
- Welche Wertungen werden vorgenommen?  


Aufgabenstellungen:
===== Übungsaufgaben =====


Stefan George : Komm in den todgesagten park  (1897, Gedicht des Symbolismus)
# Vergleiche die erste Fassung des Gedichtes "Komm in den todgesagten park" mit der Originalfassung des Gedichtes. Erkläre, worin  der Unterschied in der Wirkung besteht!
# Ersetze beim Lesen die Imperative (Komm, schau usw. ) durch die Personalform (Er kommt , schaut  usw.) und achte auf die jeweilige Wirkung!
# Erkläre schriftlich, wieso der Dichter bewusst so häufig Imperative verwendet und welche Wirkung die Adjektive und die adjektivisch gebrauchen Partizipien haben!
# Analysiere, inwiefern der Dichter bildliche Sprache verwendet (Vergleiche, Metaphern, Symbol). Deute!
# Welche weiteren rhetorischen Figuren werden verwendet und warum?
 
 
'''Stefan Georg : Komm in den todgesagten park''' (1897, Gedicht des Symbolismus)
 
'''Fassung I:'''
 
Komm in den park und schau:
 
Der schimmer ferner  gestade. 
 
Der wolken  blau


Komm in den park und schau:
Der schimmer ferner  gestade.
Der wolken  blau
Erhellt die weiher und die pfade.  
Erhellt die weiher und die pfade.  


Dort nimm das  gelb, das  blau
Dort nimm das  gelb, das  blau
Von birken und vom buchs. Der wind ist .
Von birken und vom buchs. Der wind ist .
Die   rosen welken noch nicht ganz
 
Die rosen welken noch nicht ganz
 
Erlese küsse sie und pflicht den kranz.
Erlese küsse sie und pflicht den kranz.


Vergiss auch diese letzten astern nicht.
Vergiss auch diese letzten astern nicht.
Den Purpur um die ranken reben.
 
Den Purpur um die ranken reben.
 
Und auch was übrig blieb von leben
Und auch was übrig blieb von leben
Verwinde leicht im  gesicht.
¬¬¬¬


Verwinde leicht im gesicht.




Komm in den totgesagten park und schau:  
'''Originalfassung:'''
       
 
Der schimmer ferner lächelnder gestade.            
Komm in den totgesagten park und schau:
Der reinen wolken unverhofftes blau
 
Der schimmer ferner lächelnder gestade.              
 
Der reinen wolken unverhofftes blau  
 
Erhellt die Weiher und die bunten Pfade.  
Erhellt die Weiher und die bunten Pfade.  


Dort nimm das tiefe gelb, das weiche blau
Dort nimm das tiefe gelb, das weiche blau
Von birken und vom buchs. Der wind ist lau.   lau: hier als Prädikativum
 
Von birken und vom buchs. Der wind ist lau.  
 
Die späten rosen welken noch nicht ganz
Die späten rosen welken noch nicht ganz
Erlese küsse sie und pflicht den kranz.
Erlese küsse sie und pflicht den kranz.


Vergiss auch diese letzten astern nicht.
Vergiss auch diese letzten astern nicht.
Den Purpur um die ranken wilden reben.
Den Purpur um die ranken wilden reben.
Und auch was übrig blieb von grünem leben
Und auch was übrig blieb von grünem leben
Verwinde leicht im herbstlichen gesicht.
Verwinde leicht im herbstlichen gesicht.
1. Vergleiche die erste Fassung des Gedichtes mit der Originalfassung des Gedichtes. Erkläre schriftlich, worin  der Unterschied in der Wirkung besteht!
2. Ersetzte beim Lesen die Imperative (Komm, schau usw. ) durch die Personalform (Er kommt , schaut  usw.) und achte auf die jeweilige
Wirkung!
3. Erkläre abschließend schriftlich, wieso der Dichter bewusst so häufig Imperative verwendet und welche  Wirkung die Adjektive und die adjektivisch gebrauchen Partizipien haben!
4. Verwendet der Dichter bildliche Sprache (Vergleiche, Metaphern, Symbol, 
    Chiffre)?
5. Welche weiteren rhetorischen Figuren werden verwendet und warum?

Aktuelle Version vom 8. November 2021, 14:35 Uhr

Die Verwendung von einzelnen Wörtern und Wortarten ist bei Gedichten ganz genau geplant und häufig werden viele unterschiedliche sprachliche Bilder und rhetorische Figuren gebraucht. Beobachtungen zur Sprache werden natürlich nicht um ihrer selbst Willen gemacht, sondern sind - genau wie alle anderen Analyseaspekte - immer im Hinblick auf die Aussage, die Wirkung bzw. die Absicht des Gedichts zu interpretieren.

Bei der Gedichterschließung helfen oft folgende Aspekte:

  1. Wortfelder: Lassen sich die Wörter im Gedicht bestimmten Wortfeldern zuordnen (z. B. Stadt, Natur usw.)?
  2. Schlüsselwörter und ihre Bedeutung: Welche Begriffe tauchen wiederholt auf?Welche Begriffe werden variiert?
  3. Verben: Beachte bei der Analyse u.a.: Tempus/Tempuswechsel, Aktiv/Passiv, Form (Infinitiv/Imperativ/ Partizip I und Partizip II) und ihre jeweiligenFunktionen; - Infinitiv als Grundform des Verbs ggf. mit zu, Infinitivsätze (um zu, ohne zu) - Imperativ, um jemanden, oft den Leser oder eine bestimmte Lesergruppe zu etwas aufzufordern - Partizipien werden oft auch adjektivisch genutzt (z. B. Das gesungene Lied (Part. II) Das Kind lief lachend zu ihm. (Part. I); Modus (Indikativ, Konjunktiv) Wahl der Verben, Verben der Bewegung (springen, laufen), der Ruhe (sitzen, liegen) und ihre unterschiedliche Wirkung (dynamisch, statisch usw.)
  4. Nomen: Handelt es sich um Abstrakta (Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit)? Wie werden sie gebraucht, ggf. personifiziert bzw. mit Adjektiven und Attributen genauer gekennzeichnet oder umschreiben?
  5. Adjektive: Grundform = Positiv (alt), Komparativ (älter), Superlativ (am ältesten). Welche Stimmung vermitteln die Adjektive oder die adjektivisch gebrauchten Partizipien? Welche Wertungen werden vorgenommen?
Übungsaufgaben
  1. Vergleiche die erste Fassung des Gedichtes "Komm in den todgesagten park" mit der Originalfassung des Gedichtes. Erkläre, worin der Unterschied in der Wirkung besteht!
  2. Ersetze beim Lesen die Imperative (Komm, schau usw. ) durch die Personalform (Er kommt , schaut usw.) und achte auf die jeweilige Wirkung!
  3. Erkläre schriftlich, wieso der Dichter bewusst so häufig Imperative verwendet und welche Wirkung die Adjektive und die adjektivisch gebrauchen Partizipien haben!
  4. Analysiere, inwiefern der Dichter bildliche Sprache verwendet (Vergleiche, Metaphern, Symbol). Deute!
  5. Welche weiteren rhetorischen Figuren werden verwendet und warum?


Stefan Georg : Komm in den todgesagten park (1897, Gedicht des Symbolismus)

Fassung I:

Komm in den park und schau:

Der schimmer ferner gestade.

Der wolken blau

Erhellt die weiher und die pfade.

Dort nimm das gelb, das blau

Von birken und vom buchs. Der wind ist .

Die rosen welken noch nicht ganz

Erlese küsse sie und pflicht den kranz.

Vergiss auch diese letzten astern nicht.

Den Purpur um die ranken reben.

Und auch was übrig blieb von leben

Verwinde leicht im gesicht.


Originalfassung:

Komm in den totgesagten park und schau:

Der schimmer ferner lächelnder gestade.

Der reinen wolken unverhofftes blau

Erhellt die Weiher und die bunten Pfade.

Dort nimm das tiefe gelb, das weiche blau

Von birken und vom buchs. Der wind ist lau.

Die späten rosen welken noch nicht ganz

Erlese küsse sie und pflicht den kranz.

Vergiss auch diese letzten astern nicht.

Den Purpur um die ranken wilden reben.

Und auch was übrig blieb von grünem leben

Verwinde leicht im herbstlichen gesicht.