Nelly-Sachs-Gymnasium Neuss/Dramenanalysen/G.E.Lessing: Nathan der Weise: Unterschied zwischen den Versionen

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''Definition:'' [https://www.duden.de/suchen/dudenonline/Utopie Utopie]= etwas ist in der Vorstellung der Menschen, existiert aber (noch) nicht in der Wirklichkeit
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''Definition'': [https://www.duden.de/rechtschreibung/grotesk grotesk]
''Definition'': [https://www.duden.de/rechtschreibung/grotesk grotesk]= durch Übersteigerung und Verzerrung komisch oder unsinnig wirkend


''Groteske Aspekte:''  
''Groteske Aspekte:''  

Version vom 17. Dezember 2021, 07:46 Uhr

Das Spannungsfeld zwischen Individuum um Gesellschaft im Spiegel des Theaters

Was bedeutet das Thema für uns? Welche Schwerpunkte wollen wir setzen

Denkmal "Nathan der Weise" in Wolfenbüttel, zum Gedenken an Gotthold Ephraim Lessing, ein Werk von Erich Schmidtbochum. (c) Holbein66 (2012)

Diese Projektseiten werden gestaltet vom Leistungskurs und Grundkurs Deutsch 21/22

Wer war Gotthold Ephraim Lessing? Annäherung an den Autor

Eine erste Sammlung zu seiner Vita:

Mein lieber Eschenburg,

Meine Freude war nur kurz. Und ich verlor ihn so ungern, diesen Sohn! denn er hatte so viel Verstand! so viel Verstand! – Glauben Sie nicht, daß die wenigen Stunden meiner Vaterschaft, mich schon zu so einem Affen von Vater gemacht haben! Ich weiss, was ich sage! – War es nicht Verstand, daß man ihn mit eisern Zangen auf die Welt ziehen musste? daß er so bald Unrat merkte? – War es nicht Verstand, daß er die erste Gelegenheit ergriff, sich wieder davon zu machen? – Freilich zerrt mir der kleine Ruschelkopf auch die Mutter mit fort! – Denn noch ist wenig Hoffnung, daß ich sie behalten werde. – Ich wollte es auch einmal so gut haben, wie andere Menschen. Aber es ist mir schlecht bekommen. (Lessing an Eschenburg, 31. Dezember 1777)[1]


Lebensdaten

Geboren: 22. Januar 1729, Kamenz in der Oberlausitz

Gestorben: 15. Februar 1781, Braunschweig

Ehefrau: Eva König (1776-1778), starb kurz nach der Geburt des Sohnes an Kindbettfieber

Kinder: Traugott *24.12.1777, +25.12.1777

Eltern: Johann Gottfried Lessing (Pastor), Justina Salome Lessing

Geschwister: Erdmann Salomo Lessing, Karl Gotthelf Lessing

Lebenslauf

1748-1752 Medizin-Studium in Wittenberg

1749-1751 „freier Schriftsteller“ in Berlin, Kennenlernen der Freunde Moses Mendelssohn (Philosoph), Friedrich Nicolai (Verleger), Ewald Christian von Kleist (Offizier)

1770-1781 in Wolfenbüttel als Hofbibliothekar, viele Reisen um Einsamkeit zu entfliehen, Unzufriedenheit

Gotthold Ephraim Lessing (1729-1781). Portrait. lizenzfrei

Nach Tod des Sohnes und der Ehefrau:  produktivste Zeit

1779: „Nathan der Weise“

Ab 1780: Verschlechterung des Gesundheitszustandes

1781: Tod aufgrund von Brustwassersucht

[JaHNSG, AniBNSG, LiSNSG, AkDiNSG, DaHNSG]

Intention

Der Nathan als typisches Werk der Aufklärung markiert Lessing Wunschvorstellung eines friedlichen Miteinanders von vernunftgeleiteten Menschen:

Nicht die Wahrheit, in deren Besitz irgendein Mensch ist, oder zu sein vermeynet, sondern die aufrichtige Mühe, die er angewandt hat, hinter die Wahrheit zu kommen, macht den Wert des Menschen. Denn nicht durch den Besitz, sondern durch die Nachforschung der Wahrheit erweitern sich seine Kräfte, worin allein seine immer wachsende Vollkommenheit besteht. Der Besitz macht ruhig, träge, stolz - Wenn Gott in seiner Rechten alle Wahrheit, und in seiner Linken den einzigen immer regen Trieb nach Wahrheit , obschon mit dem Zusatz, mich immer uns ewig zu irren, verschlossen hielten und spräche zu mir: wähle! Ich fiele ihm mit Demuth in seine Linke, und sagte: Vater gieb! die reine Wahrheit ist ja doch nicht für dich allein!

Lessing, eine Duplik, 1778

Werk

Dramen:

-Damon, oder die wahre Freundschaft (Lustspiel 1747)

-Der junge Gelehrte (Lustspiel 1747)

-Die alte Jungfer (Lustspiel 1748)

-Der Misogyn (Lustspiel 1748)

-Der Freigeist (Lustspiel 1749)

-Die Juden (Lustspiel 1749)

-Der Schatz (Lustspiel 1750)

-Miß Sara Sampson (Trauerspiel 1755)

-Philotas (Trauerspiel 1759)

-Minna von Barnhelm (Lustspiel 1767)

-Emilia Galotti (Trauerspiel 1772)

-Nathan der Weise (Dramatisches Gedicht 1779)

Gedichte:

-Die drey Reiche der Natur (1747)

-Kleinigkeiten (1751)

-Lieder (1771)

-Oden (1771)

-Sinngedichte (1771)

Fabeln:-Fabeln und Erzählungen (1772)

-Fabeln. Drey Bücher: (1759)

Ästhetische Schriften:-Rezensionen

-Briefe

-Vorreden

Quelle:https://de.wikipedia.org/wiki/Gotthold_Ephraim_Lessing

Wie lebte und arbeitete der Schriftsteller im 18. Jahrhundert? Hintergründe zum Nathan

Das deutsche Bürgertum im 18. Jahrhundert

  • 18. Jahrhundert: Epochenwende und Beginn der modernen Zeit[2]
Politische Situation
  • Seit dem 30-jährigen Krieg: Deutsche Reich in viele kleine Territorien zersplittert (300 souveräne Territorien)
  • Reichsgewalt lag bis 1806 beim Deutschen Kaiser (nur auf wenige Rechte beschränkt, hat eine symbolische Bedeutung)
  • politische Entscheidungen lagen bei Territiorialstaaten
  • offizieller Titel: Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation
Bevölkerung
  • Herrscher bekommen ihr Geld durch Auspressung ihrer Untertanen
  • Lebensbedingung der Bevölkerung dürftig (feudale Lasten, fürstliche Willkür)
  • Leibeigenen Bauern ihres Herrn hatten nur lebensnotwendige Dinge (manchmal noch weniger)
  • Unterschicht sind mehr als zwei Drittel der Bevölkerung
  • Bildung von neuen ökonomischen Kräften und einer neuen sozialen Schicht
    • Handel, Bankgewerbe, Manufakturwesen
    • Geld und soziales Prestige
    • war noch schwach und zahlenmäßig klein
  • Kräfteverschiebung —>Spannung in der Ständepyramide—> Konfrontation zwischen Adel und Bürgertum
  • Bürger akzeptieren die Vorherrschaft des Adels nicht
    • meldeten ihren Souveränitätsanspruch an
Fragen
  • Welche geographischen Besonderheiten zeichneten das Deutsche Reich nach dem 30-jährigen Krieg aus?
  • Bei wem lag die Reichsgewalt bis 1806 und was war das besondere daran?
  • Welchen offiziellen Titel trug das Deutsche Reich?
  • Wer übte die wichtigsten politischen Entscheidungen aus?
  • Wie groß war der Anteil der Unterschicht in der Bevölkerung?
  • Was ist geschehen, dass Historiker das 18. Jh. als Beginn der modernen Zeit bezeichnen?
  • Welche Gründe veranlassten Spannung in der alten hierarchischen Ständepyramide?
  • Welche Konsequenzen resultierten aus diesen Spannungen?

Zum Theaterbetrieb im 18. Jh.: Gottsched und Lessing

Johann Christoph Gottscheds Theaterkonzept

•Gottscheds Bemühungen konzentrierten sich auf den Spielplan des Theaters, er möchtedas als chaotisch erlebte, herkömmliche Theater abschaffen: Beseitigung des rohen Tons auf der Bühne und Vorurteil der Gebildeten gegen das Theater, der Beruf des Schauspielers galt als nicht ehrbar.

• nimmt sich französische Klassik zum Vorbild

• stellt Regeln für die Pflege einer klaren deutschen Schriftsprache

• durch literarisch gehobenes Programm bringt er Drama und Theater wieder zur Anerkennung beim bildungseifrigen Bürgertum

• fordert Einhaltung von Regeln (Einheit von Ort, Zeit und Handlung im Drama)

• vernunftgeleitete Darstellung (der Natur)

Sein Ziel: moralische Belehrung des Publikums - Theater vermittelt moralische Botschaften, die das Publikum im Sinne der Aufklärung "erziehen": Aufklärungsphilosophie ( „critischen Dichtkunst vor die Deutschen“), Aufhebung der sozialen Aufspaltung,

Lessings Theaterkonzept

Lessings Theaterkonzept basiert grundsätzlich auf der aristotelischen Poetik.[3] Demnach soll das Drama das Publikum moralisch erziehen durch die Erregung sittlicher Zustände (gemeint sind moralische Gefühle) und anschließender Reinigung davon: Mitleid/Jammer (eleos), Furcht/Schaudern (phobos), Erlösung/Reinigung (katharsis).[4]

  • Das Publikum solle sich sittlich verbessern im Sinne der Aufklärung.
  • Lessing forderte ein nationales Theater, das viele Freiheiten hat, geprägt von Shakespeare.
  • Regeln müssen nicht im ihrer selbst Willen eingehalten werden[5]


Zur Erfüllung seiner Ansprüche weicht Lessing in der Dramaturgie des Nathans in einigen Punkten von der geschlossenen Dramenform des aristotelischen 5-Akt-Schemas ab:

Es gibt kleinere Abweichungen, damit die zwei Konflikte zunächst in der Ringparabel parallel zusammengeführt werden kann.

Inwiefern erfüllt Lessing die geschlossene Dramenform?

Lessing erfüllt die geschlossene Dramenform, indem er durch die Exposition im ersten Akt die Figuren darstellt und den Leser in die Handlung einführt. Dabei entsteht ein Konflikt zwischen Daja und Nathan, die ein Geheimnis über Rechas wahre Herkunft verbergen. Dieser Konflikt spitz sich weiter zu und wird im dritten Akt durch Daja aufgelöst. Hinzu kommt die Ringparabel, die den Höhepunkt des Dramas bildet. In Akt vier fällt die Handlung auf das Ende zu, die Spannung bleibt aber bestehen, denn die Auflösung der Verwandtschaftsverhältnisse wird angedeutet. Zum Beispiel wird Nathans schlechte Vergangenheit offenbart. Zum Schluss werden alle Geheimnisse gelüftet und alle Spannungen zwischen den Figuren gelöst. Die Familie findet friedlich zusammen, wodurch auch die Verbundenheit zwischen den drei Weltreligionen verdeutlicht wird.

Das Ende des Dramas „Nathan der Weise“ ist keine Katastrophe, sondern vielmehr ein Triumph. Alle Konflikte und Verwicklungen, die sich im laufe der Handlung ergeben, werden gelöst und die Familie findet wieder zusammen. Nathan bezeichnet den Tempelherrn und Recha als „seine Kinder“ (V. 3812), wodurch die starke Bindung dieser „geistigen“ Familie hervorgebracht wird. Alle drei Religionen sind in dieser nun glücklichen Familie vertreten, wodurch die religiösen Unterschiede bedeutungslos werden. Das Drama hat also ein positives Ende. JaHNSG

Lessings Erziehungsanspruch

Lessings Theaterkonzept zielt auf die moralische Erziehung seines Publikums - ganz im Sinne der Aufklärung - ab. Dies wird auch in der dramaturgischen Gestaltung des Nathan deutlich: Die Hauptfigur Nathan erfüllt symbolisch die Erziehungsarbeit, die auch Lessing an seinem Publikum vornimmt.

Ein fiktives Streitgespräch zwischen Gottsched und Lessing über das Theater

Lessing: Herr Gottsched, ich bin sehr enttäuscht von Ihnen. Sie versuchen doch nur Ihre französischen Vorbildernachzuahmen und bestehen dann auch noch auf die Einhaltung dieser nutzlosen Regeln. Nichts weiter! Wo bleibt da die Kreativität?

Gottsched: Sie haben doch keine Ahnung. Das Theater dient schließlich nicht zur Belustigung des Publikums, sondern zur Vermittlung moralischer Botschaften. Der hohe Sprachstil ist übrigens auch sehr wichtig, um das höhere Bürgertum anzusprechen.

Lessing: Das ist doch Unsinn. Von Ihnen lasse ich mir nichts sagen. Das Theater sollte für alle da sein, nicht nur für die Adeligen. Die Zuschauer müssen von den Aufführungen mitgerissen werden. Das geht nur, wenn sie sich mit den Rollen identifizieren können und wenn das Stück lebendig und emotional vorgetragen wird. Genau das führt zu der sittlichen Besserung des Publikums. Statt dem französischen sollten Sie sich lieber das englische Theater von Shakespeare zum Vorbild nehmen. Dann kommen Sie hoffentlich auf einen besseren Geschmack.

Gottsched: Das kann doch wohl nicht Ihr Ernst sein oder? In so einem Ton lasse ich nicht mit mir reden. Unsere Meinungen sind anscheinend zu unterschiedlich, als das eine normale Unterhaltung über das Theater möglich ist. [JaHNSG]

Zum Fragmentenstreit: Lessing und Melchior Goeze

Lessing übte Kritik am traditionellen biblischen Glauben und am protestantischen Lehrbegriff (z.B. von der Erbsünde und der Erlösung durch den Tod Christi). Die Folge davon war, dass ihm die Zensurfreiheit entzogen wurde und er den Nathan als literarische Antwort darauf verfasste.

Chronologie der Ereignisse

Vor der Auseinandersetzung Lessings und Goeze traf Lessing sein Schicksal. Durch den plötzlichen Tod seines Kindes und dem darauffolgenden seiner Frau, suchte er auf rationaler Ebene nach Gründen und Sinnhaftigkeit für sein persönliches Schicksal. Seiner Trauer widmete er sich mit Hilfe seines Verstandes und der Schaffung rational ausgerichteter Werke. Nach zwei Jahrzehnten des Versuches, ein unabhängiger Schriftsteller zu werden, trat Lessing das Amt des Bibliothekvorstehers an und sicherte sich sein Zensurrecht (1770). (vgl. Nathan der Weise Anhang S.166 Z1)

- Lessing erhielt Schriften des Freundes und Professors Samuel Reinhards, welche Kritik an dem Alten und Neuen Testament sowie des protestantischen Lehrbegriffs darstellen und sich zugleich mit diesem beschäftigen. ( Erbsünde, Erlösung durch den Tod Christi). Diese veröffentlichte Lessing.

-Goeze führte im Januar 1778 einen Angriff auf Lessing durch, auf den Lessing mit „Anti-Goeze“ Briefen antwortet

-Der Streit wird 1778 gewaltsam gelöst, indem am 6. Juli Lessing der weitere Druck und Vertrieb der „Beiträge“, in denen die Fragmente erschienen waren, verboten wurden und am 13. Juli folgt das Verbot der Fortsetzung der Anti-Goeze Briefe.

-Lessing antwortete darauf noch mit einigen Briefen, auf ein paar unnötige Frage Goezes, worauf er auch nicht mehr aus anderen Orten mit Streitbriefen schreiben durfte.

- Als Konsequenz wird Lessing die Zensurfreiheit entzogen und er konzentriert sich wieder auf das Theater. Nathan der Weise entsteht.

-Lessing schrieb zum letzten Mal im Oktober 1778 auf einen Angriff Goezes mit dem Versuch einer Reihe "Der nötigen Antwort auf eine sehr unnötige Frage", worauf der Streit mit diesem Artikel endet.

Zusammenfassung der zentralen Aussagen von Pastor Goeze und Lessing

Lessing steht für den Vernunft-Glauben und möchte die Leichtgläubigkeit durch denkenden Glauben ersetzen. Die Mühe, hinter die Wahrheit zu kommen, macht für ihn den Wert des Menschen aus und nicht der Besitz der Wahrheit allein. Lessing sieht die Leichtgläubigkeit als Missbrauch der Autorität an.[6] [LuJNSG]

Der Hamburger Pastor Melchior Goeze reagiert auf Lessings Kritik (Wahrheitsbekenntnis), welche Goezes Replik und Widersprüche des biblischen Offenbarungsberichts darstellte. Zudem enthüllt Lessing sein viel zitierendes Wahrheitsbekenntnis.

Ein fiktives Streitgespräch zwischen Goeze und Lessing

Goeze: Was fällt dir ein die Bibel in Frage zu stellen und die Autorität der Kirche mit deiner erbärmlichen Duplik zu verleugnen, du Gotteslästerer. 

Lessing: Du, du Kirchenfanatiker, hältst dich und deine biblischen Offenbarungsberichte für etwas besseres. Dabei untermauerst du nur deine Einfältigkeit, ohne jeglichen Versuch selbst an die Wahrheit zu gelangen. Ich, als von Vernunft geleiteter Mensch, strebe durch Nachforschung und aufrichtige Mühe die Wahrheit an. Dir, dir liegt sie bloß zu Füßen. 

Goeze: Wer bist du, dass du, die der Geboten und Verheißung folgende Wahrheit demütigst und es wagst, Gott und seine Vertreter auf der Erde in den Dreck zu ziehen? Wenn du so weiter hantierst, drohst du ins offene Feuer zu laufen. 

Lessing: Wer ich bin? Ein Mensch mit Wert und Verstand. Ich verkaufe keine fahrlässigen Behauptungen für wahr. Wenn du in die Hölle möchtest, dann mach nur weiter so, du bist auf dem besten Wege. Mein Ziel ist es lediglich, die Menschen von dem Vernunftglauben zu überzeugen. So einer Leichtgläubigkeit sollte keiner trauen müssen.

Goeze: Du und dein Verstand. Laber keinen Unsinn. Es ist Rechtfertigung genug, dass der ganze Staat und die bürgerliche Verfassung auf dem Glauben basieren! Unser Glaube brauch keinen Verstand. Er kommt aus tiefstem Herzen und erweist immer Loyalität. 

Lessing: Ihr könnt ja aus tiefstem Herzen glauben , aber vor allem sollt ihr denken. Der Verstand ist der springende Punkt. Allein gehorchen und sich die Bibel als Vorschrift zu nehmen ist lächerlich. Was hat man denn davon? Was bringt es denn den Menschen, von ihren veralteten und längst überholten Tatsachen beschallt zu werden? Nicht in der Lage zu sein, selbst zu denken und sich alles vorgaukeln zu lassen? „Super“ Sache! 

Goeze: Wir glauben nicht nur, wir wissen. Und es ist ganz leicht zu erklären, warum wir uns darauf beruhen. Wirf einfach einen Blick zurück in die Vergangenheit. Wann haben Samen der Rebellion reife Früchte getragen? Ganz einfache Antwort: nie! Und das liegt daran, dass diese nicht aus der Hand der Christen sondern von Gott selbst gesät werden. Gott einzig und allein trägt die Verantwortung. 

Lessing: Mein lieber Götze, wann habe ich denn von Rebellion gesprochen? Ich spreche nur von den Überlegungen auf persönlicher Ebene und der Bildung eigener Meinungen durch das Denken. Das passiert wohl, wenn man selbst seinen Verstand nicht benutzt und sich an Gegebenheiten erfreut. 

Goeze: Du bist ja lächerlich. Und von so einem Witzbold und dessen ach so tollen Grundsätzen soll ich mir als Pfarrer meine Auffassungen abstreiten lassen? In meinen Träumen nicht!

Lessing: Oh ja! Allerdings mache ich deine sinnlosen Behauptungen runter und stelle meine vernünftigen, selbst nachgeforschten Erkenntnisse, in den Vordergrund. Solch zufällige Geschichtswahrheiten der Bibel können niemals standhalten mit belegten Vernunft-Wahrheiten. 

Goeze: Ich glaube, ich muss lachen! Ihre Laberei und Kritzeleien von Vernunftwahrheiten können Sie sich was weiß ich wohin stecken. Es ist lächerlich, wie du dich als Wichtigtuer aufführst. 

Lessing: Es mag sein, dass Sie meine Art des Schreibens nicht mögen, aber das liegt an meiner metaphorischen Art und Weise. Festzustellen ist letztendlich doch, dass du die Wahrheit kennst, ohne nachgeforscht zu haben. Deine Wahrheit besteht nur daraus, dass du keinen Plan hast und damit nur deine Leichtgläubigkeit bestätigst. 

Goeze: Dass du dich traust so etwas über mich zu behaupten!? Das wird Konsequenzen haben, glaube mir! Du Gotteslästerer! [LuJNSG]


Nathan der Weise: Das Werk

Inhalt

Das Drama spielt in Jerusalem. Die Handlung beginnt mit Nathans Rückkehr von einer Geschäftsreise. Er erfährt von Daja, seiner Haushälterin, dass seine Tochter Recha von einem Tempelherren aus dem brennenden Haus gerettet worden ist.

In dieser Zeit regiert in Jerusalem Sultan Saladin. Er will sich auf Empfehlung seines Schatzmeisters Al Hafi von Nathan Geld leihen. Er erfindet eine List. Es kommt zu einem Treffen zwischen Saladin und Nathan, in dem Saladin - statt um Geld zu bitten - Nathan fragt, welche Religion die wahrhaftige sei.

Es folgt die Ringparabel über einen Vater, der auf dem Sterbebett seinen Ring - ein alten Tradition zufolge - an seinen Lieblingssohn weitergeben wollte. Weil er sich aber nicht entscheiden konnte, welcher von dreien sein Lieblingssohn ist, kopierte er den Ring und gab allen drei einen. Diese stritten dann vergeblich darum, wer den echten hat. Ein Richter entschied, dass jeder Sohn seinen Ring als wahren ansehen solle. So sei es auch mit den drei Weltreligionen. Von Nathans Antwort auf seine Frage nach der wahren Religion ist der Sultan erstaunt und gerührt bittet um Nathans Freundschaft.

Als Recha und der Tempelherr sich treffen, verliebt sich der Tempelherr in Recha und bittet Nathan um die Einwilligung zur Heirat. Da Nathan sich aber nicht sicher ist, ob die beiden verwandt sind, handelt er abweisend. Als Nathan ein Familienbuch von dem Klosterbruder gebracht bekommt, findet er heraus, dass alle miteinander verwandt sind.

Als sich alle im Palast von Saladin versammeln wird klar, dass Recha und der Tempelherr die Kinder seines - seit zwanzig Jahren verschollenen - Assad sind. Dieser ist der Bruder von Saladin und Sittah. Am Ende erkennen außerdem alle, dass es eigentlich sinnlos ist, darüber zu streiten, welche Religion die wahre oder die beste sei.

Zusammenfassend kann man folgende Kernaussagen für das Drama formulieren: Alle drei Weltreligionen können in einer Art Familie aufgefunden werden, alle Religionen sind quasi miteinander verwandt, weil sie einen gemeinsamen Ursprung haben. Jede Religion ist die wahre. [ErTNSG]/ [EvLaNSG]

Figurencharakterisierungen

Hier wollen wir sukzessive die wichtigsten Figuren des Dramas charakterisieren.

Charakterisierung der Figur Nathan anhand der Exposition (1.1)

Nathan ist die Hauptfigur des Dramas Nathan der Weise von Gotthold E. Lessing.

Er lebt zusammen mit seiner Tochter namens Recha und deren Gesellschafterin Daja, die Christin ist. Selbst ist Nathan Jude, weshalb er seine Tochter auch jüdisch erzieht.

Nathan ist ein erfolgreicher, gut verdienender Geschäftsmann, der sich keine Sorgen um sein Geld macht. Nachdem sein Haus abgebrannt ist, hat er keinerlei Existenzängste, sondern nimmt es gelassen hin, dass er wohlmöglich ein neues Haus bauen muss, was wiederum mit Kosten verbunden wäre (vgl. V. 17f). Außerdem ist er bereit, alle seine Schätze an den Retter Rechas abzugeben, was sowohl eine große Dankbarkeit zeigt, als auch verdeutlicht, dass Nathan Geld und Reichtum nicht so wichtig sind (vgl. V. 94 ff). Als er Daja von all seinen Geschenken erzählt, die er von seiner Geschäftsreise für sie mitgebracht hat, wird erneut deutlich, dass es ihm an Geld nicht mangelt (vgl. V. 43f und V. 48f).

Allerdings wird dadurch auch veranschaulicht, dass Nathan anscheinend doch nicht so ehrlich und großmütig ist, wie alle seine Mitmenschen von ihm denken. Mit den Mitbringseln erhofft er sich nämlich Dajas Schweigen, über einen noch unbekannten (dramatischen) Konflikt bezüglich seiner Tochter (vgl. V. 37 ff und V.58). Hier wird auch deutlich, dass Nathan eine gewisse Macht über Daja besitzt (vgl. V. 58f) und sich in der Position befindet, Befehle erteilen zu können (z.B. vgl. V. 154f).

So gelassen Nathan scheint, als er von seinem abgebrannten Haus erfährt, so hilflos und verzweifelt wirkt er, als ihm erzählt wird, dass seine Tochter fast gestorben wäre. Als Daja es ihm erzählt, scheint er fast durchzudrehen und will ebenso sterben wie seine Tochter (vgl. V. 24ff). Dies spiegelt den „Vaterinstinkt“ wider, den Nathan gegenüber Recha besitzt.

Obwohl Nathan Daja schon seid längerem zum Schweigen zwingt, ist diese von seiner Rückkehr höchst erfreut, was sein hohes Ansehen hervorhebt (vgl. V. 1f und V. 167: „Ihr seid so gut und zugleich so schlimm!“).

Des Weiteren ist Nathan wissbegierig (vgl. V. 80ff), einfühlsam (vgl. V. 128ff) und kann logische Schlussfolgerungen ziehen (vgl. V. 139).

Es lässt sich ergänzen, dass Nathan Redewendungen benutzt (vgl. V. 11) und viel von Gott spricht (vgl. z. B.  V. 3 und 14).

Zusammenfassend kann man festhalten, dass Nathan ein gutmütiger, ehrlicher, gelassener und großzügiger Mann ist, solange es nicht um seine Tochter Recha geht, dann ist er so ziemlich das Gegenteil der eben genannten Eigenschaften. Zum Beispiel ist er nicht mehr ganz ehrlich, um seine Tochter zu beschützen. Außerdem scheint eine gewisse Spannung zwischen Nathan und Daja zu existieren, die sich im Laufe des Dramas womöglich noch aufklären wird. [AniBNSG]

Eine erste Charakterisierung Nathans aus der Sicht von Daja:

Aus Dajas Sicht ist Nathan ein viel beschäftigter Geschäftsmann, der sehr lange unterwegs ist (Vgl. V. 1f.). Daja schätzt seine Ehrlichkeit und seinen Großmut, allerdings hält sie es nicht für richtig, dass Nathan Recha als „[seine] Recha“ (V. 28) bezeichnet. Aus Dajas Sicht haben Nathan und Recha dennoch eine gute Beziehung (Vgl. V. 87f.). Nathan ist Daja überlegen, und das weiß und akzeptiert sie auch. Dies lässt sich an ihren erwiderten Worten „Ich schweige“ (V. 58), auf die Aufforderung zu schweigen, erkennen. Zudem möchte Daja gerne über ihr Gewissen reden, allerdings unterbricht Nathan sie immer wieder, um ihr Geschenke zu übergeben (Vgl. V. 41ff.). Sie weiß, dass Nathan ein sehr gütiger Mensch ist und seinen Liebsten gerne viel gibt (Vgl. V.53f), aber dies wirkt materialistisch auf sie, denn er schert sich nicht darum, dass sein Haus abgebrannt ist, und durch die teuren Geschenke zeigt er, dass ihm das Geld nicht wichtig ist (Vgl. V.46f).  Daraufhin wirft sie ihm vor, alles nur mit materiellen Gütern lösen zu wollen (Vgl. V. 52f.). In Dajas Augen ist Nathan ein entschlossener und eventuell etwas übermütiger Mann (Vgl. V. 162), der sowohl positive als auch negative Seiten an sich hat: „Ihr seid so gut und seid zugleich so schlimm!“ (V. 167).


Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Nathan aus Sicht von Daja ein liebenswürdiger Vater und ein ehrlicher Geschäftsmann ist. Sie ist ihm unterlegen, aber schätzt dennoch seine guten Seiten. [DaHNSG]

Komplexität und Entwicklungspotenzial

Eine statische Figur entwickelt sich im Laufe einer Handlung nicht (Nathan) – eine dynamische schon (Tempelherr).

Eindimensionalität vs. Mehrdimensionalität: Komplexität einer Figur; sie zeigt nur ein stereotypiertes Verhalten oder verschiedene Facetten.

Bilanz Nathan: Nathan ist eine statische, aber durchaus mehrdimensionale Figur: Er entwickelt sich nicht, zeigt aber verschiedene Facetten einer Persönlichkeit: Geschäftsmann, besorgter Vater, gläubiger Jude, dankbarer und großzügiger Mitmensch. Im weiteren Verlauf des Dramas erweist er sich darüber hinaus auch als guter Freund und weiser Erzieher.

Nathan, der weise Erzieher

Titelgebend gilt Nathan als weise. Diese Weisheit setzt er gerne ein, um Menschen in seinem Umfeld zu erziehen, d.h. sie im Sinne der Aufklärung (hier externen Link einfügen!) zu unterrichten. Wir haben uns exemplarisch mit die beiden Hauptfiguren der nächsten Generation, seiner Tochter Recha und ihrem Retter, dem Tempelherrn, beschäftigt.

Nathan und Recha: Szenenanalyse der Szene 1.2

In dem Gespräch zwischen Nathan und Recha (Szene 1.2) geht es um den Unterschied zwischen Dankbarkeit durch reine Schwärmerei und wirklich gutem Handeln.

Bei Betrachtung der Szene lassen sich folgende Sinnabschnitte festlegen:

  1. V.169-186: Recha freut sich über Nathans Rückkehr und sein sowie ihr Überleben. Durch ihre vielen Ausrufe macht Recha klar, dass sie sehr große Angst um Nathan, jedoch vor allem auch um sich selber hatte.
  2. V.186-210: Sie ist überzeugt, ihr Überleben sei ein Wunder gwesen und ein Engel habe sie gerettet, Nathan hingegen ist der Überzeugung, es sei ein Mensch gewesen. Durch Rechas Ausdruck "unter weißem Fittiche" (V.191) wird Nathan und auch dem Zuschauer klargemacht, dass Recha nur denkt, es sei ein Engel gewesen, weil der Tempelherr durch seinen weißen Mantel ihrer Vorstellung eines Engels entspricht.
  3. V.210-243: Nathan erklärt Recha, dass es kein kleineres Wunder sei, wäre es ein Mensch und dass das eben das Wunder sei, dass man diese Wunder; durch Menschenhand; nicht mehr erkennt. Durch die indirekte Benennung Rechas als Kind (vgl.V.222) verbunden mit den Ausrücken "gaffend", "Ungewönlichste" (V.223) und "Neueste" (V.224) macht Nathan Recha klar, wie Sensationslustig die Menschen; und sie; sind. Dies wird auch durch Nathans Nutzung von rhetorischen Fragen deutlich (V.213ff.), welche die eigentliche Ansicht Nathans verspotten, um Recha begreiflich zu machen, wie lächerlich ihre Ansicht ist.
  4. V.243-270: Daja erklärt, wie es sein kann, dass der Tempelherr von Sultan Saladin verschont wurde. Nathan nutzt wieder zahlreiche rhetorische Fragen, die sich an Dajas Erklärung anschließen, um Recha und Daja klarzumachen, dass sie an das "eigentlich Unglaubliche" glauben, statt die reale Welt zu sehen (vgl.V.257ff.)
  5. V.270-287: Recha beginnt zu begreifen, dass der Tempelherr doch ein Mensch ist. Nathan erklärt Recha, dass das eigentliche Wunder bereits in der Verschonung des Tempelherrn liegt und nutzt auch hier wieder rethorische Fragen, um Recha von ihrer Engelsvorstellung weg, hin zu der wahren Erkenntis von Wundern zu führen, die vor ihrer Nase ablaufen (vgl.V.277ff.).
  6. V.287-317: Nathan erklärt, warum es einfacher ist zu denken, dass ein Engel einen gerettet habe als ein Mensch. Durch die Nutzung von Ausrufen, wie "Stolz!" (V.293) und Fragen, die einen Rückbezug zu Dajas Meinung herstellen ("Was es schadet, fragst du?" (V.297)), wird Nathans Empörung über diese Denkweise deutlich. Indem er über das gesamte Gespräch hinweg zahlreiche Fragen in seine Antworten einbaut, möchte er Recha (,sowie Daja) dazu auffordern die Antworten, welche eigentlich klar erkennbar für ihn sind, selber zu erkennen und ihnen nicht nur seine Ansicht "aufdrücken", sondern stattdessen vielmehr ihre Ansicht ändern.
  7. V.317-357: Nachdem Nathan seine Ansicht klar gemacht hat, spekuliert er, was dem Tempelherren wohl alles zugestoßen sein könnte und verschreckt Recha. Durch seine Spekulierungen über das Wohlergehen des Tempelherren (vgl. V.330ff.) möchte er Recha klarmachen, dass es für sie viel leichter ist, sich eine Vorstellung eines Engels auszumalen, um so, statt wirklich gut zu handeln, einfach nur vor sich hin zu schwärmen
  8. V.357-370: Recha ist erleichtert, als Nathan erklärt, dass der Tepelherr noch lebe. Durch ddas Gefühl der Erleichterung, welches Recha verspürt, soll ihr klar gemacht werden, wie wichtig es ist wahrhaft dankbar zu sein.
  9. V.370-375: Nun entdeckt Nathan einen Muselmann, Al-Hafi.

Recha zeigt sich über das ganze Gespräch hinweg sehr schwärmerisch, was beispielsweise an Ausdrücken, wie z.B. "unsichtbaren Engel" (V.188), "sichtbar" (V.190) und "weiße Fittiche" V.191) zu erkennen ist. Zu dem neigt sie dazu, sich selbst sehr in den Fokus zu rücken, was zum Beispiel bemerkbar ist, als sie Nathan begrüßt: "Die arme Recha" (V.175). Außerdem zeigt sie sich als eine Person, die sehr hysterisch ist und dazu neigt, Dinge zu dramatisieren, wie "Welch kalter Schauer Befällt mich! -Daja!-Meine Stirne, sonst so warm, fühl! ist auf einmal Eis!" (V.331ff.) oder "Krank! Krank!" (V.336) oder "Ah, mein Vater!" (V.339).

Zusammenfassend lässt sich also sagen, dass Recha durch ihre Vorstellung eines Engels, statt eines Menschen, die Schwärmerei dem wahrhaft guten Handeln "vorzieht". Nathan möchte ihr, durch seine Hypothesen über das Wohlergehen des Tempelherrn und seine zahlreichen Ausrufe und Fragen Einsicht verschaffen und ihr den Sinn wahrer Dankbarkeit klarmachen und ihre Sicht auf die Welt ins "Reale" ändern. [CKrNSG]
Nathan ist in dieser der dominante oder erklärende Charakter. Er stellt viele rhetorische Fragen (vgl.V.302ff.), um seine Klugheit und seine belehrende Rolle zu Recha zu unterstreichen. Nathan lässt so Recha selbst zu Erkenntnis kommen, dass er Recht über z.B. das Wunder hat. Nathan benutzt außerdem viele Vergleiche, um den Handlungsverlauf Recha zu verdeutlichen und um die Wahrheit leichter darzustellen (vgl.V.203). [EvLaNSG]

Nathan will Recha von ihrer Meinung abbringen, indem er ihr ihre Fehler aufzeigt, diese aber nicht Fehler nennt, sondern ihre Standpunkte logisch nachvollzieht. Nathan erklärt alles sehr anschaulich und nachvollziehbar, wodurch er sehr glaubwürdig wirkt. Er weiß, dass Menschen eher emotional als rational denken und handeln. Somit gelingt es Nathan, Recha von seiner Sichtweise zu überzeugen. [MeJANSG]

Kurzcharakterisierung Recha
Requisitenskulptur Recha. (c): PhOSNSG 2021

Sie glaubt an einen Engel, der sie aus dem Feuer gerettet hat; der Engelsglaube steht symbolisch für einen starken Glauben. Sie ist ein liebevoller, großherziger, schwärmerischer Mensch, z.B. schwärmt sie für den Tempelherren (V. ) und ihren Vater, hat ein liebevolles Verhältnis zu Daja.

Sie hat eine traumatische Erfahrung hinter sich, als sie in dem brennenden Elternhaus fast ums Lebens gekommen wäre.

Lichtblick: Kerze, Glaubenssymbol,

Ihre Nächstenliebe erkennt man an den Werten, die sie lebt oder leben sollte. Z.B. ist sie bereit, über Religionsgrenzen hinweg den Tempelherrn zu lieben, hat als Jüdin auch eine gutes Verhältnis zur Christin Daja. Belege?



Nathan und der Tempelherr: Szenenanalyse der Szene 2.5
Requisitenskulptur zur Figur des Tempelherren - Vorderansicht. (c): [DaHNSG], 2021 Das Schwert vorne links aus der Sicht des Betrachters, das „Kettenhemd“ auf dem Körper und der Helm auf dem Kopf stehen für das Leben als Ritter und Kämpfer.

Das Treffen zwischen Nathan und dem Tempelherren (II.5) verläuft in vier Phasen:

- Nathan wartet auf den Tempelherrn, um sich bei ihm für Rechas Rettung zu bedanken. Der Tempelherr präsentiert sich abweisend (V.1201), herablassend („Was Jude, was?“; V. 1200), judenfeindlich, verwirrt und unruhig über seine Begnadigung und den Verlust seiner Mitstreiter (Belege?).

- Sie diskutieren über eine Entschädigung im Sinne eines Dankes, der Tempelherr lehnt aber ab: Er verweist auf seine Pflicht als Ritter (V. 1213). Er benutzt Formulierungen, die seine abwertende, klischeehafte Haltung gegenüber Juden verdeutlichen, z.B. sie als reiche, geizige, geldgierige Menschen wahrzunehmen („Der reiche Jude war mir nie der bess‘re Jude“, V. 1231).

- Sie diskutieren über ihre Religionen: Der Tempelherr erkennt Nathans Weisheit an, wie dieser mit Konflikten umgeht, bis sie sich entschließen, Freunde zu werden. Er erfährt Wertschätzung für seine (guten) Taten, er lernt, Vorurteile abzulegen, dem anderen zuzuhören und dessen Meinung zu respektieren (Belege?)

- Sie schließen Freundschaft und werden von Daja unterbrochen, die Nathan zum Sultan schickt.

Nathans Sprechweise:

Zu Beginn spricht Nathan ruhig und vorsichtig mit dem Tempelherren und möchte ihm sein Anliegen darlegen. Er ist voller Dank und drückt sich freundlich und auf zurückhaltende Weise aus. Im zweiten Abschnitt wird er etwas aufdringlicher und spricht hektischer, denn er versteht nicht wieso der Tempelherr von ihm genervt ist und für seine Tat nicht belohnt werden möchte. Im dritten Abschnitt hingegen spircht Nathan sehr gefühlsvollUnd macht durch das Küssen des Mantels klar, wie unendlich dankbar er für die Rettung seiner Tochter ist. Als Nathan im nächsten Abschnitt erklärt, dass es viele gute Menschen gibt, spricht er ruhig und überzeugend. Hier erkennt man seine Weisheit. Als sich die beiden zum Schluss nun doch anfreunden, spricht er wieder aufgelockert und dynamisch.

Die Sprechweise des Tempelherren:

Zu Beginn, als Nathan auf ihn zukommt, spricht er genervt und ist Nathan gegenüber abgeneigt. Er möchte sich nicht ständig anhören, wsa für ein Held er sei, denn er hält seine Tat falls etwas selbstverständlich ist. Zudem spricht er in kurzen klaren Sätzen. Sobald Nathan ihm etwas von seinem Reichtum abgeben möchte, um dem Tempelherren sein Dank auszusprechen, ist er wieder abgeneigt und antwortet mit setzen wie: „ihr? Mit nichts.“ (V 1231). Hier wird deutlich dass der Tempel her nichts von Nathan möchte. Er wird nun jedoch etwas aufgelockertter und sagt, dass er sich über einen neuen Mantel freuen würde. Er spricht Nathan gegenüber geöffneter. Als Nathan im folgenden seinen Mantel küsst beginnt der Tempelherr ihn beim Namen zu nennen und spricht mit kurzen abgehakten setzen, da er überwältigt ist. Als Nathan sich ihm gegenüber bekennt und seine tolerante Denkweise in Bezug auf die Weltreligionen und die Verbindung zu allen Menschen äußert, beginnt der Tempelherr voller Anerkennung zu sprechen und wendet sich nicht mehr von Nathan ab. Letzt endlich gewinnt Nathan die Empathie des Tempelherren für sich und beide unterhalten sich wie Freunde. [LuJNSG]

Nathans Sprechweise:

-er tritt dem Tempelherrn höflich gegenüber(V.1198)

-er lässt ihn aber nicht ausreden (V.1206, V.1261)

-lässt nicht locker, versucht hartnäckig seinen Dank auszusprechen

-freut sich am Ende über die Freundschaft mit Nathan

-will den entstehenden Konflikt ruhig, gelassen und mit weisen Worten lösen

Sprechweise des Tempelherrn:

-er ist eher unhöflich(V.1199)

-er hat keinen Respekt(V.1219)

-er ist abwertend gegenüber dem Judentum

-er ist zu Beginn genervt und hat keine Lust zu reden

-am Ende ist er erfreut über die neue Freundschaft mit Nathan [AniBNSG]


Dieses Gespräch ist im Grunde ein Aufklärungsgespräch; es steht exemplarisch für Lessings Anspruch, sein Publikum im Sinne Kants aufzuklären.

Kurzcharakterisierung Tempelherr
Requisitenskulptur zur Figur des Tempelherren - Rückansicht. (c) [DaHNSG] 2021. Der weiße Umhang symbolisiert den Frieden, für den der Tempelherr kämpft und das Kreuz auf dem Umhang steht für das Christentum.

Der Tempelherr ist der Retter von Recha, weil er sie aus den Flammen des brennenden Hauses rettet (V.80-90).

Mit Recha und Nathan will er zunächst keinen Kontakt, da er die Juden meiden will und Vorurteile gegenüber ihnen hat (V.1230 f.). Nathan aber schafft es, dass sich beide treffen und am Ende des Gespräches sogar anfreunden (V.1319). Nathan macht ihm klar, dass er ihm, seinen Glauben nicht aufzwingen will und überzeugt ihn vom Toleranzgedanken und der Akzeptanz gegenüber anderer Religionen. Durch diese Worte Nathans kam der Tempelherr zur Vernunft und versuchte sich zu bessern, was auch wieder zeigt, dass er die Fähigkeit hat zu lernen hat (vgl.2,5)

Er verliebt sich in Recha bei deren erneuter Begegnung und lässt daraufhin auch seine letzten Vorurteile fallen und hält bei Nathan um ihre Hand an (V.2176 f.): „dass sie auf immer, immer-Soll können sehn.“. Das er das Wort „immer“ zweimal benutzt zeigt nochmal die Dringlichkeit, die der Tempelherr hat Recha zu heiraten.

Der Tempelherr ist impulsiv bzw. leidenschaftlich und handelt unreflektiert, was z.B. in dem Moment deutlich wird, wenn er Nathan beim Patriarchen meldet, weil dieser nicht der Heirat mit Recha zustimmt (vgl.4,2). Dasselbe gilt, als er dem Sultan Nathans Geheimnis verrät, dass dieser eine christliche Adoptivtochter hat, die er als Jude jüdisch erzieht (vgl.4,4)

Er widerspricht sich oft in Handlung und Rede (V.1210 ff.), wo er sagt, dass er seines Lebensüberdrüssig ist und das heisst das er jeden retten würde.

Am Ende des Dramas nimmt der Tempelherr es nach einigem Zögern ohne weiteres Bedauern an, dass Recha seine Schwester ist und freut sich darüber, eine Schwester statt einer Frau gewonnen zu haben.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Tempelherr ein mehrdimensionaler, dynamischer Charakter ist, der sich von einem christlich-typisierten Charakter zu einem Christen mit humanistischem Weltbild und humanistischen Wertvorstellungen entwickelt. Die Dimensionen seines Charakters entfalten sich vom Christ, Ritter etc. zu einem Freund und Bruder.

[FabNNSG], [DuSNSG], [BeKNSG], [MaBNSG]

Nathan und Saladin - die Ringparabel

Sultan Saladin will Nathan sein Geld entlocken, dafür lädt er ihn in seinen Palast ein. Er verwickelt ihn in ein theologisches Gespräch über die wahre Religion. Nathan antwortet mit der Ringparabel.


Der Erfolg von Nathans Erziehung: Der Tempelherr beim Patriarchen (IV.2)

In diesem Gespräch wird zunächst die dogmatische und intolerante Position des Patriarchen sehr deutlich, welcher alle Einwände des Tempelherrn direkt ablehnt und als nicht überzeugend einstuft. Er richtet sich somit gegen die Vernunft, alle Religionen zu tolerieren und die Humanität und Toleranz als oberste Werte anzusehen. Nathan ruft genau dazu in seiner Erziehung auf und ebenfalls dazu, dass der Gebrauch der Vernunft zu gutem Handeln führen muss. Der Patriarch allerdings ist komplett von der Verbrennung des Juden überzeugt, ohne dabei die Willkürlichkeit seiner Argumentation einzusehen. Somit zeigen sich Nathans Erziehungsansprüche in dieser Szene vor allem als Kontrast zwischen dem Verhalten des Patriarchen und des Tempelherren: nämlich Intoleranz, Dogmatismus und Unmenschlichkeit gegenüber den toleranten, menschlichen Argumenten des Tempelherren:

„Wenn aber nun das Kind, Erbarmte seiner sich der Jude nicht, Vielleicht im Elend umgekommen wäre?“

– oder indem der Tempelherr sagt, dass der Vater das Kind gut erzieht (unabhängig von Religion):

Ein Jude hätt' ein einzig Kind, - es sei/ Ein Mädchen, - das er mit der größten Sorgfalt/ Zu allem Guten auferzogen, das/

Er liebe mehr als seine Seele, das/nIhn wieder mit der frömmsten Liebe liebe. [PhOSNSG]


Somit erkennt man beim Tempelherrn den Erfolg von Nathans Erziehung besonders, wenn man diese mit dem Verhalten des Patriarchen vergleicht: Der Tempelherr konnte seine Vorurteile gegenüber anderen Religionen ablegen und strebt nun nach Toleranz und Humanität. [ZoHNSG]


So fragt der Tempelherr auch oft „So?“, nachdem der Patriarch von den Bestrafungen des Juden erzählt, da dies nicht mit seiner Moral übereinstimmt. Erwähnenswert ist außerdem, dass der Tempelherr dem Patriarchen nicht ein einziges Mal bei seinen Vorurteilen und angreifenden Aussagen zustimmt oder sie befürwortet. [ErTNSG]


Das Dramenende - eine groteske Familienutopie?

Definition: Utopie= etwas ist in der Vorstellung der Menschen, existiert aber (noch) nicht in der Wirklichkeit

Definition: grotesk= durch Übersteigerung und Verzerrung komisch oder unsinnig wirkend

Groteske Aspekte:

- Tempelherr ist in Recha verliebt und hat nachdem er erfährt, dass sie seine Schwester ist, keine erotischen Gefühle mehr

- die Figuren lernen sich als Familie neu kennen und verstehen sich direkt miteinander

- zuerst streiten sich die Figuren über die Religionen und am Ende ist ihnen dieser Aspekt egal


Interpretation des letzten Auftritts:

Nachdem Nathan die Herkunft Rechas preisgegeben hat, haben Nathan und Recha sich dazu entschlossen, dass Nathan weiterhin Rechas Vater bleibt (V. 3703f.). Dies verdeutlicht die enge Verbundenheit zwischen den beiden Figuren. Recha drückt daraufhin aus, dass es ihr egal sei, wenn sie jemand anderen verliert als Nathan, woraufhin der Tempelherr enttäuscht und verletzt ist (V. 3709). Bei der Diskussion über die Heirat mit Recha sagt Nathan, dass ihr Bruder mitzureden hat, was für Verwirrung des Tempelherrn sorgt, da er nicht weiß, wer der Bruder ist (V. 3747). Recha ist ebenfalls verwundert, da sie bisher nicht wusste, dass sie einen Bruder hat. Anschließend klärt Nathan den Tempelherrn auf, dass er nicht nur Curd von Stauffen heißt, sondern auch Leu von Filnek (V. 3762ff.). Die Verwirrung des Tempelherrn wird dadurch größer, stimmt Nathan allerdings zu. Der Vater des Tempelherrn war Wolf von Filnek, ein Freund Nathans (V. 3785). Als nächstes erklärt Nathan, dass der Tempelherr der Bruder von Recha ist (V. 3792), was Saladin und Sittah erfreut, Recha ist hingegen erschrocken und der Tempelherr ist zunächst abweisend (V. 3793), anschließend jedoch begeistert und dankt Nathan (V. 3801). Nathan klärt auf dass Rechas richtiger Name Blanda von Filnek ist (V. 3808). Später möchte der Tempelherr, dass Recha ihren christlichen Namen wieder annimmt (V. 3809), damit sie als Christin anerkannt wird. Daraufhin bietet Nathan dem Tempelherrn an, sein Vater zu sein (V. 3813), wodurch Sittah und Saladin gerührt sind (V. 3814). Dann findet Saladin heraus, dass der Vater von Recha und dem Tempelherrn Assad, der Bruder von Saladin und Sittah war (V. 3827). Dies wird durch das Buch bestätigt.

Aus diesen Ereignissen lässt sich schließen, dass Recha und der Tempelherr königliches Blut haben und durch die Familienzusammengehörigkeit wird die Verbundenheit aller Menschen verdeutlicht.

Es handelt sich bei dieser Szene um eine groteske Utopie, da die glücklichen und problemlosen Familienbeziehungen, zwischen den Mitgliedern verschiedener Religionen, wie sie am Ende des Dramas zu finden sind nicht in der Wirklichkeit umsetzbar sind. In Lessings Drama sind die Personen, die die verschiedenen Religionen darstellen, alle miteinander verwandt. Genauso ist es auch bei den Religionen. Dies symbolisiert die Zusammengehörigkeit aller Menschen. Die dargestellte Menschheitsfamilie steht für Humanität und Toleranz. So drückt Lessing seinen Wunsch nach einem toleranten Zusammenleben aller Menschen auf der Welt aus. (AniBNSG) (DaHNSG) (AmKöNSG)




Aktualität

Was ist an dem Stück so besonders, dass es bis heute noch aufgeführt wird?[7] [Benutzer:FlMNSG]

Aktualität des Dramas: Meiner Meinung nach ist das Drama noch aktuell, da es heute immer noch Konflikte zwischen verschiedenen Religionen gibt und das Drama eine gute Lösung mit dem Beispiel der Ringparabel zu den Konflikten findet. [MuGNSG]


Ist das Drama aktuell?

Ich finde, dass die Weltreligionen damals viel mehr im Alltag eingebunden waren und viel mehr Menschen an die Religionen fest geglaubt haben und den Glauben ausgelebt haben als heute. Heutzutage wird weniger Wert auf Religionen gelegt und deswegen ein Drama mit Konflikte über Religion irrelevanter als damals geworden ist. Im realen Leben gab es viel mehr Konflikte zwischen den 3 Religionen als heutzutage. [BilMNSG]


Weblinks

Zum Autor: Wikipedia.org/wiki/Gotthold_Ephraim_Lessing

Das Werk digital: Projekt-gutenberg.org: Nathan der Weise

Zur Figurenkonstellation. Quelle: EinFachDeutsch. Unterrichtsmodell Nathan der Weise. Neubearbeitung 2019, S. 32.

Zur Frage "Was ist Aufklärung?": Quelle: wikipedia.org/wiki/Beantwortung_der_Frage:_Was_ist_Aufklärung


  1. G.E.Lessing an Eschenburg, 31.12.1777 In: G.E. Lessing: Gesammelte Werke, Bd. xc,döfdp
  2. G.E. Lessing: Nathan der Weise. EinFach Deutsch - Textausgabe mit Zusatzmaterialien. Westermann: 2019, S. 148-149.
  3. Poetik Kap. 6, 1449b24ff., Übersetzung von Manfred Fuhrmann.
  4. Lessing, Hamburgische Dramaturgie 78.
  5. G.E. Lessing: Nathan der Weise. EinFach Deutsch - Textausgabe mit Zusatzmaterialien. Westermann: 2019, S. 156 ff.
  6. Diekhans, Johannes; Schünemann, Luzia: EinFach Deutsch Unterrichtsmodell Nathan der Weise. Neubearbeitung: Westerman 2019, S. 176ff.
  7. Benutzer:FlMNSG: Themenfrage zum Einstieg in das Unterrichtsvorhaben.