Wendepunkte des 20. Jahrhunderts/Friedliche Revolution in der DDR

Aus ZUM Projektwiki


Friedliche Revolution in der DDR – Vom Machtzerfall zur Maueröffnung

Autorin: ChR


Eine friedliche Revolution ist ein Aufstand ohne Gewalt. Mit dem Begriff friedliche Revolution wird der Umbruchprozess von 1989/90 in der DDR bezeichnet. Dieser Prozess beschreibt den gesellschaftspolitischen Wandel, der in der DDR zum Ende des diktatorischen Regimes der Einheitspartei (SED) führte und die Wiedervereinigung Deutschlands möglich gemacht hat. In der Bevölkerung hat sich für diese politischen Umwälzungen die Bezeichnung "Wende" durchgesetzt.

Die Berliner Mauer ist am 9. November 1989 gefallen. Dieses Datum ist Weltgeschichte. Vorausgegangen sind der friedlichen Revolution eine Reihe von Ereignissen: Friedensgebete, Montagsdemonstrationen, Massenflucht der DDR Bürger über Ungarn und die Tschechoslowakei in die Bundesrepublik Deutschland und das Zerbrechen der Machtstrukturen in SED und DDR.




Bundesarchiv Bild 183-1989-1107-034, Wismar, Demonstration.jpg

Friedliche Revolution in der DDR 1989, Fotograf: Sindermann, Jürgen

Lizenz: CC BY SA 3.0, via Wikimedia Commons

Hintergrund
Politische Lage in der DDR 1989

Deutschland war bis in das Jahr 1990 in zwei Länder geteilt: die Bundesrepublik Deutschland (BRD) im Westen und die Deutsche Demokratische Republik (DDR) im Osten.

Die DDR wurde von der Sozialistischen Einheitspartei (SED) regiert, eine Opposition gab es praktisch nicht. Die DDR war ein diktatorisches Regime, das von der sowjetischen Besatzungsmacht in Leben gerufen worden war und über Jahrzehnte von ihr abhängig war.


Der Alltag der Bürger der DDR war geprägt von Versorgungsängsten, von Überwachung und Repression und der Unterdrückung von Andersdenkenden. Die Menschenrechte, vor allem die Meinungsfreiheit und die Reisefreiheit waren stark beschränkt. Auseinandersetzungen mit den Schikanen der Staatssicherheit (Stasi) gehörte zum Alltag.


Außenpolitische Faktoren

Gorbatschows Reformpolitik brachte die von der Sowjetunion abhängige, aber auch geschützte DDR in eine neue Lage. Es kam zum Ende des Kalten Krieges, zum Ende des Wettrüstens und in der Folge zu „internationalem Tauwetter“. Die kommunistischen Satellitenstaaten sollten ihren eigenen Weg finden. Es war das Ende der Bestandsgarantie der DDR.

Es kam zu einer Demokratischen Revolution in Polen, die Gewerkschaft „Solidarność“ erzwang durch Streiks freie Wahlen.

Ein Reformprozess in Ungarn löste den kommunistischen Generalsekretär Kadar ab. Die ungarische Grenze zu Österreich wurde geöffnet. Diese Öffnung des „Eisernen Vorhangs“ führte zu einer weiteren Isolation der DDR, die – trotz des KSZE Prozesses - an ihrem Weltverständnis festhielt.



Anlass
Innerer Zusammenbruch der DDR

Die DDR stand vor einem Staatsbankrott. Honeckers „Einheit von Sozial- und Wirtschaftspolitik“ war nicht finanzierbar, der Staat litt unter chronischem Devisenmangel. Die DDR hatte bereits Milliardenkredite der BRD in Anspruch genommen. Nach einer Analyse der DDR Führung waren allein die Zinsen für das Jahr 1989 nur durch eine radikale Absenkung des Lebensstandards bezahlbar.


Die wirtschaftliche Schwäche der DDR trat voll zutage: Mangelnde Produktivität, technologische Rückständigkeit und Probleme der Planwirtschaft wurden sichtbar und daneben zeigte sich, dass DDR Produkte keinen internationalen Markt hatten.


Die Städte zerfielen, weil kein Geld für die Sanierung vorhanden war und es gab eine massive Umweltverschmutzung.


Dies führte zu einem wachsenden Unmut der Bevölkerung. Es kam zu einem rasanten Anstieg der Ausreiseanträge, obwohl damit immer Repressalien einhergingen. Die Bürger trauten sich nach und nach immer mehr zu, Opposition zum Staat öffentlich zu zeigen.



Verlauf
Friedliche Revolution

Im Januar und März 1989 gehen zum ersten Mal viele Menschen auf die Straße und protestieren gegen Behördenwillkür und für Reisefreiheit.


Es kam zu offenem Protest als im Mai 1989 Wahlfälschungen der Regierung bei den Kommunalwahlen bekannt wurden.


Im August und September kam es zur Massenflucht über die mittlerweile geöffnete ungarische Grenze. Rund 50.000 DDR-Bürger, die hier im Urlaub waren, flüchteten in den Westen.

Im Sommer 1989 besetzten DDR-Bürger die Ständige Vertretung der Bundesrepublik in Ost-Berlin und die Botschaften der Bundesrepublik in Prag, Warschau und Budapest (Botschaftsbesetzungen).  Die Zuspitzung der Flüchtlingsproblematik endete damit, dass die DDR-Regierung nach Verhandlungen die Ausreise gestattete.


Vom August bis Oktober 1989 trafen sich DDR-Bürger wöchentlich zu den sog. Montagsdemonstrationen in Leipzig und gründeten nach und nach Oppositionsgruppen.

Am 4. September demonstrierten Tausende in Leipzig und forderten „Reisefreiheit statt Massenflucht“.  In den folgenden Wochen stieg die Anzahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an den Montagsdemonstrationen auf schätzungsweise über 300.000 an. Obwohl die Regierung am 9. Oktober 1989 alle Vorkehrungen zum militärischen Eingreifen getroffen hatte, wurden alle Truppen ohne ein Eingreifen wieder abgezogen, das war „Das Wunder von Leipzig“ und ein entscheidender Wendepunkt in der Revolution, da die Macht der SED gebrochen war.


Politisch scheiterten derweil die internen Rettungsversuche der SED. Erich Honecker wurde durch die politische Führungsriege am 18. Oktober 1989 entmachtet. Die Vertrauenskrise zwischen Partei und Bevölkerung konnte aber nicht überwunden werden, da der Nachfolger Egon Krenz für eine Kontinuität der bisherigen Politik stand.


Am 9. November 1989 übersah der Pressesprecher der Regierung Günter Schabowski die Sperrfrist für die geplante neue Ausreiseregelung und verkündete auf einer Pressekonferenz überraschend Reisefreiheit an allen DDR-Grenzstellen. Auch dies zeigt ein Versagen der Kommunikations- und Befehlsstrukturen der Regierung. Das Politbüro, das sich zu der Zeit in einer Klausurtagung befand, erfuhr davon erstmal nichts.


Tausende durchschritten daraufhin in der Nacht vom 9. auf den 10.11.1989 die Berliner Grenzanlagen. Die DDR-Grenzsoldaten hatten keine Handlungsanweisungen und ließen die Menschen passieren. Die Berliner Mauer war gewaltfrei gefallen. Auch die innerdeutsche Grenze wurde durchlässig.


Die Wandlungsprozesse in der DDR und den anderen osteuropäischen Staaten führten zu so grundlegenden Veränderungen in Europa und der Welt, dass Historiker von einem tiefgreifenden Einschnitt, sprechen. Dazu werden nicht nur das Jahr 1989 gezählt, sondern auch die Reformen unter Michael Gorbatschow, die deutsche Einheit und das Ende der Sowjetunion 1991.





Relevanz für die Gegenwart

Autor: CR

Die Relevanz für die Gegenwart dieser friedlichen Revolution wird schon deutlich durch die Wiedervereinigung Deutschlands. Die Grenze existiert nicht mehr und die Bürger der ehemaligen DDR haben Reisefreiheit wie jeder andere in Deutschland. Noch heute ist die damalige DDR wirtschaftlich nicht so stark wie der Westen, aber es wird noch heute an einer Lohnangleichung gearbeitet. Doch diese friedliche Revolution dient auch als Vorbild für Proteste und den Wiederstand gegen totalitäre Regime. Der Fall einer geteilten „Nation“ ist kein Einzelfall. Korea ist noch heute geteilt in Nord und Süd, allerdings wünschen sich auch dort viele eine Wiedervereinigung. Die friedliche Revolution könnte ein Vorbild sein und den Prozess einer Annäherung voranbringen. Diese Demonstrationen zeigen, dass das Volk unverzichtbar für den Staat ist und die Macht in den Händen hält.

Der Spruch der auf den Montagdemos in Leipzig gerufen wurde ist heute wieder aktuell geworden: „Wir sind das Volk!“. Allerdings in einem neuen Kontext. So benutz die rechtspopulistische Organisation „PEGIDA“ [1] den Spruch um gegen Migranten und die Asylpolitik Europas zu protestieren und zu hetzen. Unterstützt von der Alternative für Deutschland ist heutzutage die Problematik des Rechtspopulismus in Europa größer denn Je.

Vor allem in den neuen Bundesländern Deutschlands fühlt man sich aufgrund der noch heutigen Gehaltunterschiede benachteiligt und hofft auf eine Veränderung durch den Populismus.

  1. Diverse Autoren, Pegida, auf Wikipedia, erschienen November 2014, gelesen am 17.04.20.
Quellen

Beyer, Rolf, Das Ende der DDR und der Anfang der deutschen Einheit, Uni Leipzig, abgerufen: 25.03.2020


Brandenburgische Landeszentrale für politische Bildung, Friedliche Revolution, politische-bildung-brandenburg.de abgerufen: 25.03.2020


Chapoutot, Johann: Im Land des „real existierenden Sozialismus“ Die DDR (1949- 1990), in: Unsere Geschichte, Deutschland 1806 bis heute, 2018


Chronik 89, Das war das Jahr der Friedlichen Revolution, MDR.de, abgerufen: 25.03.2020


Diverse Autoren, Deutsche Demokratische Republik, Wikipedia, abgerufen: 25.03.2020


Görtemaker, Manfred, Deutsche Teilung – Deutsche Einheit, Zusammenbruch des SED-Regimes Bundeszentrale für politische Bildung 19.03.2009 (abgerufen: 25.03.2020)


Laschewski-Müller, Karin und Rauh, Robert (Herausgeber), Friedliche Revolution und Wiedervereinigung 1989/90, in: Kursbuch Geschichte, 2018 – Neue Ausgabe


Petschow, Annabelle, Friedliche Revolution, in: Lebendiges Museum Online, Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, abgerufen: 25.03.2020