Generationenkonflikt und Klimakrise/Aufmerksamkeit I: Der Kampf um unsere wichtigste Ressource
Inwieweit beeinflusst die mediale Darstellung die Aufmerksamkeit der Rezipienten am Beispiel der Klimadebatte?
Einleitung
In folgender Forschungsarbeit soll es darum gehen unsere wichtigste Ressource - unsere Aufmerksamkeit - näher zu betrachten. Im Fokus steht dabei die Manipulation, sowohl im positiven als auch im negativen Sinn, unserer Aufmerksamkeit durch die negative Berichterstattung. Denn obwohl negative Nachrichten und Schlagzeilen bewiesenermaßen einen stärkeren Verarbeitungsprozess in unserm Gehirn auslösen, fördern sie nicht zwingender Maßen unseren Aktivismus. Zusammengefasst haben wir diese Vermutung in den folgenden beiden Hypothese, die im Zentrum unserer Forschung stehen sollen. Gestützt werden diese durch eine grundlegende Recherche zu dem Thema Aufmerksamkeit- wie verarbeiten wir (negative) Informationen - aber auch Forschungen zu konstruktivem Journalismus werden herangezogen um besonders unsere zweite These zu unterstützen.
Des Weiteren wird unsere Forschung in Bezug zu dem aktuellen Thema "Klimaschutz" ausgeführt. Wie auch später unter dem Asket "Forschungsmethode" erläutert werden wird, haben wir diese Thematik als Anlass genommen die Auswirkungen von negativer und positiver Berichterstattung zu untersuchen.
Welche Auswirkung hat also tatsächlich die veränderte Formulierung von Schlagzeilen, die jeden Tag in Massen auf uns einprasseln, auf unser Verhalten und unsere Einstellung ? Wäre eine Welt ohne negative Berichterstattung vielleicht produktiver ? Auf diese Fragen soll abschließend in der Diskussion Bezug genommen werden.
Hypothesen
Folgende Hypothesen wurden aufgestellt:
- Negatives erregt mehr Aufmerksamkeit als Positives.
- Positives führt hingegen zu lösungsorientiertem Denken und aktivem Handeln.
Theoretische Fundierung
Als theoretische Grundlage der Forschung wurden verschiedene Aspekte und grundlegende Definitionen anhand aktueller Studien, Literatur erläutert.
Um die erste Hypothese „Negatives erregt mehr Aufmerksamkeit als Positives“ zu unterstützen wurde eine aktuelle Studie der englischen Zeitschrift Psychologia herangezogen. In der Studie unter dem Titel „May I have your attention, please: Electocortical responses to positive and negative stimuli” geht es um die unterschiedliche Verarbeitung von positiven und negativen Stimuli. Bereits bestehende Untersuchungen ergaben, dass negative Informationen einen größeren Einfluss auf die Informationsverarbeitung haben als positive. Verantwortlich sind dafür die Systeme zur Verarbeitung von negativen Stimuli, die deutlich stärker reagieren als die Systeme, die positive Informationen verarbeiten. In McInyres Forschungen wurden zwei Studien durchgeführt, bei denen das P1 als Messvariable der Aufmerksamkeit bei unterschiedlichen Stimuli verwendet wurde. In beiden Untersuchungen wurde diese Variable gemessen, während Teilnehmer positive und negative bewerten sollten. Das Ergebnis beider Studien zeigten, dass die Amplitude der P1 Messvariable bei negativen Stimuli größer war als bei negativen Stimuli. Dies zeigt also, dass sehr schnell zwischen positiven und negativen Informationen unterscheiden wird und ein negativer Bias in der Zuteilung der Aufmerksamkeit besteht.
Zwei Studien der Forscherin McIntyres stützen eher die zweite aufgestellte Hypothese dieser Arbeit. So beschäftigt sich die Arbeit McIntyres "Positive Psychology as a theoretical Foundation for Constructive Journalism", die sie zusammen mit der Forscherin C. Gyldnsted durchgeführt hat, mit dem Thema des konstruktiven Journalismus. Dieser zielt laut McIntyre und Gyldensted darauf ab Techniken der positiven Psychologie anzuwenden um produktiv, motivierend zu berichten. Journalismus sollte nicht nur informieren, sondern die Bürger auch zum Handeln motivieren und eine öffentliche Debatte erzeugen. Es sollte eine ausgeglichene Berichterstattung geben, die die Realität nicht beschönigt aber auch mögliche Lösungsansätze aufzeigt. Zu vergessen ist dabei nicht, dass dennoch objektiver Journalismus nicht möglich ist, da jeder Journalist seine Berichterstattung durch Auswahl seiner Quellen und Themen beeinflusst. Die beiden Forscherinnen führen sechs möglichen Methoden der positiven Psychologie an um den Journalismus konstruktiver zu gestalten. Es soll lösungsorientiert berichtet werden, damit der Leser die Möglichkeit hat die Emotion einer aktiven Handlung nachempfinden zu können, die er dann wiederum nutzen kann um sich selber zu motivieren. Es soll zukunftsorienteiert geschrieben werden und der übliche Fragenkatalog eines Journalismus um die Frage „Was jetzt?“ erweitert werden. Dadurch soll den Rezipienten eine produktive Perspektive über die Zukunft geboten werden. Konstruktiver Journalismus soll gegen Polarisierungen arbeiten und Dynamiken entstehen lassen. Die Interviews sollen konstruktiv geführt werden mit Fragen nach möglichen Ressourcen, Kollaborationen, Gemeinsamkeiten und Lösungen. Aber auch fundierte Berichterstattung mit realistischen Daten, die sowohl positive als auch negative Entwicklungen aufzeigen können, ist von Bedeutung. Schlussendlich soll der Rezipient mit einbezogen werden und motiviert werden zu Handeln.
Die zweite hier angeführte Studie McIntyres wurde unter dem Titel "Tell me Something Good: Testing the Longitudinal Effects of Constructive News [...]" veröffentlicht. Hierbei wurde gezielt untersucht, wie Rezipienten der Stichprobe ihr Verhalten beziehungsweise ihre Einstellung ändern, wenn sie über einen bestimmen Zeitraum regelmäßig konstruktive Berichterstattung konsumierten. Über einen Google Assistent der mit einem Feature "Something Good" ausgestattet war, wurde den Teilnehmern des Experimentes mindestens einmal am Tag eine konstruktiv verfasste Nachricht aus den aktuellen Ereignissen vorgelesen oder auf einem Mobilgerät angezeigt. Hierbei wurde ein Pre- und Posttest, sowie ein Vergleichsgruppe zur Überprüfung eingesetzt. Die Hauptergebnisse der Studie zeigen, dass die Nutzer des Features signifikant positiver eingestellt waren, als die Vergleichsgruppe. Es konnte festgestellt werden, dass sich die Nachrichtenkonsumenten durch die konstruktivere Berichterstattung positiver fühlten und diese Einstellung auch als Ressource bei der Verarbeitung von anderen negativen Schlagzeilen nutzen konnten. Allerdings zeigten die Ergebnisse auch, dass sich durch dieses Experiment zwar die Einstellungen und Gefühle der Teilnehmer veränderten, allerdings nicht ihre Handlungen. Zwischen Pre- und Posttest haben die Teilnehmer die herkömmlichen Nachrichten als negativer beschrieben und im Durchschnitt wurde auch das Feature gut angenommen von den Teilnehmern.
Als Zusammenfassung und essentielle Punkte dieser drei oben beschriebenen Studien für die hier durchgeführte Forschung kann festgehalten werden, dass unser Aufmerksamkeit tatsächlich schneller durch negative Informationen angeregt wird und wir negative Stimuli stärker verarbeiten als positive. Außerdem ist es möglich den Journalismus konstruktiv zu gestalten, nach Ansätzen der positiven Psychologie, ohne dass die Realität in einer Weise beschönigt wird. Ein großer Unterschied besteht allerdings zwischen dem Verändern des Verhaltens und des tatsächlichen Handelns, weshalb auch innerhalb unserer Forschungsarbeit immer nur von Handlungsmotivation und nie von Handlung die Rede sein wird.
Grundlegende Paradigmen
- Cherrys (1953) Theorie des dichtomonen Hörens (dichotic listening)
- Broadbents (1954) Split Span Paradigma
- Welfords (1952) Paradigma zur psychologischen Refraktärperiode (psychological refractory period; PRP)
Theorie des dichotomen Hörens
Bei dieser Theorie wurde den Versuchspersonen zwei unterschiedliche Nachrichten auf das rechte und das linke Ohr gleichzeitig abgespielt. Sie sollten nur eine Nachricht beachten und diese nachsprechen. Dies war den Probanden kaum bis gar nicht möglich, sowie auch das Wiedergeben des Inhalts der nicht beachteten Nachricht. Der Grund dafür: Die Stimulierung desselben Sinnesorgans mit zwei unterschiedlichen Nachrichten macht es unmöglich nur eine Nachricht anzuhören und diese zusätzlich noch nachzusprechen.
Das Split Span Paradigma
Eine Abfolge von gleichzeitig Ziffernpaaren wurden den Probanden vorspielt. Die erste Ziffer auf das linke Ohr, die zweite Ziffer auf das rechte Ohr. Die Ziffernpaare sollten wiedergegeben werden. Die Probanden gaben aber nicht die Ziffernpaare an sich wieder, sondern gaben die Ziffern nach rechten und linkem Ohr wieder.
Die Erkenntnisse die Boradbents daraus schloss waren folgende:
- "das aufgabenirrelevante Nachrichten vor ihrer vollen Verarbeitung abgeblockt werden
- dass physikalische Merkmale der Eingangsinformation effektive Hinweisreize (>>cues<<) sind, um die unterschiedlichen Nachrichten auseinanderzuhalten,
- dass nur physikalische Merkmale der nichtbeachteten Nachricht entdeckt werden können und
- dass folglich die Nachrichtenselektion auf der Basis physikalischer Reizmerkmale (z.B. Reizort, Ohr, Frequenz etc. erfolgt"
Das Paradigma zur psychologischen Refraktärperiode
In diesem experimentellen Aufbau wurde Versuchspersonen zwei Reize in schneller Aufeinanderfolge dargeboten. Aufgabe des Probanden war es, so schnell wie möglich auf den Reiz zu reagieren. Dabei stellte sich heraus, dass die Reaktionszeit der Versuchspersonen davon abhing, in welchem Abstand der zweite Reiz auf den ersten folgte (Stimulus onset asynchrony; SOA) Bei einer kurzen Stimulus onset asynchrony wurde die Reaktionszeit länger, da der erste Reiz noch nicht vollständig verarbeitet wurde. Die Verarbeitung des ersten Reizes muss erst abgeschlossen sein, damit ein neuer Reiz danach wahrgenommen und im Anschluss zusätzlich verarbeitet werden kann.
Diese Erkenntnis führte zu weiteren ersten experimentellen Untersuchungen. Aus der Erkenntnis des Paradigmas zur psychologischen Refraktärperiode entwickelte sich die Informationsverarbeitungstheorie von Broadbent, seine Filtertheorie (1958). Seine Theorie war, dass nur eine Nachricht zu einer Zeit verarbeiten werden kann. Durch einen Filter auf einer frühen Verarbeitungsstufe wird die entsprechende Nachricht ausgewählt, andere werden herausgefiltert, bzw. nicht verarbeitet.
Die Filtertheorie von Broadbents wurde dann Grundlage für weitere theoretische Überlegungen.
Forschungsmethode
Zur Erforschung der Fragestellung wurde ein Fragebogen mit der Plattform SosciSurvey eigens erstellt. Dabei sollten Gegenüberstellungen von positiv und negativ formulierten Schlagzeilen auf ihre Wirkung beim Leser untersucht werden. Bezüglich der oben genannten Hypothesen, war das Ziel festzustellen, ob negative Schlagzeilen zwar eher die Aufmerksamkeit der Teilnehmer erregen, positive allerdings eher zu einer Handlung motivieren. Dazu wurden wurden fünf bestehende thematisch aufeinander abgestimmte Schlagzeilen ausgewählt. Jeweils drei Items pro Gegenüberstellung wurden entworfen um die unterschiedliche Auswirkung der positiv und negativ formulierten Schlagzeilen zu messen. Zusätzliche wurde zu Beginn eine generelle Abfrage gestellt, welche die Aufmerksamkeit der Leser bezüglich der unterschiedlichen Überschriften abfragen sollte. Ebenso wurde abschließend ein finales Item angeschlossen, mit welchem überprüft werden sollte welche Überschrift bzw. welche Schlagworte den Teilnehmern in Erinnerung geblieben ist.
Stichprobe
Die Teilnehmer der Studie sind zwischen 18 und 53 Jahre alt. 74,4% der Stichprobe gaben an weiblich zu sein, 20,9% männlich und 4,7% divers. Zusammengestellt wurde die Stichprobe aus unserem eigenen Bekanntenkreis. Sie besteht aus 43 Teilnehmer, die den Fragebogen vollständig durchgeführt haben. Diese Stichprobengröße ist daher wenig repräsentativ ist. Auffällig ist allerdings, dass es insgesamt aber 164 Teilnehmer gab, die bis zum Ende des Befragungszeitraums den Fragebogen entweder nur angeklickt haben oder nicht bis zum Ende durchgeführt haben. Diese Auffälligkeit soll auch unter dem Aspekt "Einschränkungen und Bewertung" thematisiert werde.
Auswahl und Gestaltung der Items
Das erste vorangestellte Item besteht aus einer "Auswahl- Abfolge mit Reaktionszeit", wobei diese nicht ausgewertet wird. Dargestellt wird jeweils eine der fünf Schlagzeilen, bei welcher der Teilnehmer entscheiden soll ob er oder sie diese lesen würde oder nicht. In der Auswertung wird betrachtet ob ein Unterschied der Lesebereitschaft zwischen den positiv und negativ konnotierten Überschriften besteht.
Darauf folgend werden in fünf Gegenüberstellungen die ausgewählten Überschriften mit jeweils drei Items untersucht. Dabei ist die erste Abfrage immer ein semantisches Differential (Polaritätenprofil) mit vier Ausprägungen. Es wurden vier Ausprägungen der Skala gewählt um eine Anordnung in der Mitte zu vermeiden. Hierbei geht es nicht darum, wie sehr die persönliche Präferenz zu der jeweiligen Überschrift ausgeprägt ist, sondern zu welcher Schlagzeile generell sich der Teilnehmer eher hingezogen fühlt. Auch aus diesem Grund haben wir uns für vier und nicht mehr Auswahlmöglichkeiten entschieden. Die Teilnehmer können sich dadurch für die persönlich präferierte Schlagzeile eher stark oder weniger stark entscheiden. Um zu vermeiden, dass die Versuchspersonen sich nicht zu 100 Prozent auf eine der beiden Schlagzeilen festlegen müssen und dadurch unter Druck geraten, wurden nicht nur zwei Ausprägungen der Skala angelegt.
Das zweite Item in jeder Gegenüberstellung fragt spontane Assoziationen der Teilnehmer zu den Überschriften ab. Als Frage wurde hier der Typ "offene Nennung" verwendet. Hierbei ist für die Auswertung interessant, was die Versuchspersonen aus den Schlagzeilen verstehen beziehungsweise was für Gefühle, Emotionen, Gedanken sie mit diesen verbinden. Mindestens ein Begriff soll genannt werden und maximal drei Antwortfelder stehen zur Verfügung. Aus technischen Gründen konnte nicht vermieden werden, dass Teilnehmer diese Mindestangabe nicht befolgen, da die Option zu einer verbindlichen Antwort zu technischen Problemen geführt hat.
Als letzte Abfrage in jeder der Gegenüberstellungen, werden die Teilnehmer nach ihrer Bereitschaft zu Handeln gefragt. Dabei ist von Bedeutung welche der beiden Schlagzeilen sie motivieren würde sich eher mit dem Thema auseinander zu setzen. Als Nebeneffekt soll diese Frage die Versuchspersonen dazu anregen die eigenen Gedanken zu reflektieren und Gewohnheiten zu verändern. Als Fragetyp wurde hier die "Auswahl-Abfolge mit Reaktionszeit" gewählt, wobei auch hier die Reaktionszeit nicht von Bedeutung ist.
Um die Befragung abzuschließen und einen finalen Überblick dafür zu bekommen wird zum Schluss von den Teilnehmern verlangt, die Überschrift auszuwählen die ihnen am meisten in Erinnerung geblieben sind. Hierzu wurde das Item als "offene Nennungen" gestalten, bei denen die Teilnehmer einzelne Begriffe oder auch eine komplette Überschrift nennen sollte.
Einschränkungen und Bewertung
Aufgrund der aktuellen Belastung aller durch die Corona Krise war es zunächst schwieriger, Teilnehmer für unseren Fragebogen zu erreichen. Ein deutliches Problem war dabei die Distanz zu den Versuchspersonen, da der Fragebogen lediglich online durchgeführt werden konnte. Die Erschwernis hierbei war, dass ältere Generationen den Umgang mit den digitalen Medien nicht beherrschen. Somit wurden schlussendlich nur Teilnehmer aus den näheren Bekannten- und Familienkreisen befragt, was bewirkte, dass die Stichprobe zu keinem repräsentativen Ergebnis führte. Jedoch ist die unzureichende Stichprobengröße von 43 gültigen Fällen nicht nur der mangelnden Erreichbarkeit der einzelnen Personen zuzuschreiben, sondern ebenfalls der technischen Probleme und der Eintönigkeit des Fragebogens. Besonders bei einer digitalen Erhebungsmethode sind Probleme mit der Technik fatal. Aufgrund der Tatsache, dass die Einstellungen so vorgenommen wurden dass die Teilnehmer jedes Befragungsfeld der Items ausfüllen mussten, kam es zu erheblichen Störungen des Programms „SoSci Survey“. Dadurch sahen sich einige Teilnehmer dazu gezwungen, die Befragung abzubrechen. Die Einstellungen der Pflichtfelder wurden daraufhin geändert, jedoch zu einem Zeitpunkt, der sich als zu spät erwiesen hat. Außerdem gaben uns die Versuchspersonen die Rückmeldung, dass der Fragebogen zu eintönig sei. Es wäre ihnen schwergefallen alle Items zu beantworten, da die Abfragen und Items sich zu sehr ähneln würden. Eine weitere Einschränkung ist also das Entwicklungspotential. Der Fragebogen könnte durchaus interessanter gestaltet werden und auf den jetzigen Items aufbauen um in Zukunft eine bessere Untersuchung und Abfrage zu schaffen.
Mit Blick auf die Ergebnisse lässt sich sagen, dass auch hier Einschränkungen vorliegen. Die Auswertung dieser erwies sich ebenso als schwierig. Grund dafür sind eventuelle Fehler, die bei der Untersuchung und der Evaluation der Daten in SPSS aufgetreten sind. Unter anderem sind die erhobenen Daten nicht normal verteilt. Eine Ursache dafür ist die Unsicherheit unsererseits im Umgang mit dem Analyse Programm SPSS.
Rückblickend lässt sich somit sagen, dass der Personenkreis für eine repräsentative Stichprobe erweitert werden muss. Es müssen mehr Personen erreicht werden und vor allem muss der Fragebogen abwechslungsreicher formuliert werden. Gleichzeitig hätte man die Gedanken weiter entwickeln können, um mehr aussagekräftige Ergebnisse zu erzielen. Man könnte also nach dieser Untersuchung einen weiteren Fragebogen entwickeln, der auf dem aktuellen basiert um die Analyse der Thematik zu vertiefen.
Ergebnisse
Die Auswertung der Ergebnisse zeigt, dass sich unsere erste Hypothese nicht bestätigt unsere Zweite Hypothese hingegen schon.
Aus der Abfrage vorab, mit welcher die Lesebereitschaft der Teilnehmer für die negativen bzw. positiven Überschriften überprüft wurde, geht hervor, dass diese mit Mittel eher bei den positiv formulierten Schlagzeilen liegt. Der Wert 1 ( „würde ich lesen“ ) beschreibt hierbei eine höhere Lesebereitschaft, während der Wert 2 ( „würde ich nicht lesen“ ) eine geringere Lesebereitschaft darstellt. Aus den zehn Variablen in dieser Abfrage wurden zwei neue erstellt, um die die Lesebereitschaft bei positiven und negativen Überschriften getrennt betrachten zu können.
Die neue Variable AllgN beschreibt also das Antwortverhalten bezüglich der negativen Schlagzeilen, entsprechend beschriebt die neue Variable AllgP dieses bei den positiven Überschriften. Im Mittel lagen die Antwort der Teilnehmer bezüglich der negativen Überschriften bei x̅= 1.52, was erkennen lässt, dass diese nicht wie vermutet häufiger gelesen werden würden. Der Mittelwert bezüglich der Variable AllgP hingegen liegt bei x̅ = 1.39. Die positiven Überschriften wurden als mit Mittel eher als lesenswert bewertet. Dieses Ergebnis ist zudem signifikant, denn t(40) = 2.88, p = .006 (s. Abb.1). Daher lehnen wir unsere Hypothese "Negatives erreget mehr Aufmerksamkeit als Positives" eher ab. Inhaltlich sind diese Ergebnisse von großer Bedeutung ist, denn es könnt daher durchaus sinnvoller und profitabler Schlagzeilen konstruktiver zu formulieren, da sie scheinbar sogar häufiger als lesenswert empfunden werden als negativ formulierte.
Bestätigt wird diese Vermutung durch die Auswertungen des semantischen Differenzials. Auch zu dieser Abfrage wurden zwei neue Variablen erstellt, um das Antwortverhalten analysieren zu können. Die Werte 1 und 2 beschreiben eine persönliche Sympathie für die negativen Überschrift und wurden daher zu der neuen Variable SemN zusammengefasst. Entsprechend beschreiben die Werte 3 und 4 eine Vorliebe für die positiven Schlagzeilen, weshalb sie zu der neuen Variable SemP zusammengefasst wurden.
Außerdem wurde eine weitere Variable Sem erstellt, die alle fünf semantischen Differenzial zusammenfasst. Der hier ermittelte Mittelwert liegt bei x̅ = 3.22 und zeigt daher eine Tendenz zu den positiven Überschriften an (s. Abb.2) Um zu überprüfen, ob dieses Ergebnis tatsächlich signifikant ist wurde ein T-Test bei einer gepaarten Stichprobe mit den beiden Variablen SemN und SemP durchgeführt. Die Ergebnisse daraus zeigen, dass dies der Fall ist, denn t(43) = -6.759, p = .000 (s. Abb.3). Inhaltlich sind auch diese Erkenntnisse von relevant und bestätigen die oben schon beschriebene Annahme, dass es möglicherweise förderlich und sogar effizienter wäre, die Berichterstattung konstruktiver und positiver zu gestalten.
Auch die abgefragten Assoziationen in den fünf Gegenüberstellungen zu jeweils der positiven und negativen Überschrift, unterstützen die statistisch ausgewerteten Ergebnisse. In Abbildung 4 und 5 ist deutlich erkennbar, dass sich die Gestaltung der Überschrift in den Assoziationen der Teilnehmer widerspiegelt. So wurden zu den negativen Schlagzeilen auch hauptsächlich negative Begriffe genannt, die auch auf eine negative Einstellung und wenig Bereitschaft zu Handeln schließen lassen. Dementsprechend wurden die positiven Überschriften mit deutlich positivere, hoffnungsvolleren und motivierteren Begriffen beschrieben. Zu beachten bei der Betrachtung der beiden Abbildungen ist, dass diese die Assoziationen aus nur zwei Gegenüberstellungen darstellen.
Unterstützt durch die bisher ausgewerteten Daten und dargestellten Ergebnissen, lassen folgende Auswertungen eine Annahme der zweiten aufgestellte Hypothese, "Positives führt hingegen zu lösungsorientiertem Denken und aktivem Handeln.", zu. Die Ergebnisse zeigen signifikant an, dass die Befragten durch die positiven Überschriften eher darüber nachgedacht haben zu Handeln als durch die negativen Schlagzeilen. Der Wert 1 beschriebt hierbei eine verstärkte Motivation zu Handeln beim Lesen der negativen Überschriften, der Wert 2 dementsprechend die höhere Handlungsmotivation beim Lesen der positiven Schlagzeilen. Für die Auswertung wurden, wie auch schon bei den oben beschriebenen Abfragen, eine Variable erstellt, die alles fünf Gegenüberstellungen zusammenfasst. Auch wurden erneut zwei weitere neue Variablen erzeugt, die den Wert 1 als HanN und den Wert 2 als HanP zusammenfassen.
Der Mittelwert aller Abfragen liegt bei x̅ = 8.88, bei einem Minimum von 6 (negative Schlagzeilen) und einem Maximum von 10 (positive Schlagzeilen) zeigt dieser deutlich, dass die Teilnehmer sich im Mittel eher für die positiven Überschriften entschieden haben. Die genannten Grenzwerte sind durch die Zusammenfassung aller Gegenüberstellungen entstanden, da jeder Proband dadurch bei jeder Frage minimal sechs und maximal zehnPunkte* erreicht hat. Die Signifikanz dieses Ergebnisses wurde anschließend in einem weiteren gepaarten T-Test mit den Variablen HanN und HanP überprüft (s. Abb. 6). Die statistischen Werte t(42) = -7.33, p = .000, zeigen dass auch diese Erkenntnis signifikant ist. Die Teilnehmer haben die positiveren Überschriften also signifikanter als handlungsmotivierender wahrgenommen als die Negativen. Zusammen mit den bereits oben dargestellten Ergebnissen, wird also immer wahrscheinlicher, dass konstruktiver Journalismus tatsächlich eine sinnvolle Methode sein kann, um das Handeln der Nachrichtenkonsumenten positiv primen zu können. Primen und nicht verändern, deshalb, weil wir im Rahmen dieser Forschung nicht eine tatsächliche Verhaltensänderung abbilden können, sondern nur den theoretischen Gedanken zum Handeln abfragen konnten.
Abschließend werden alle Erkenntnisse aus den Items der Gegenüberstellungen, durch die finale Abfrage abgerundet. In dieser wurden die Begriffe abgefragt, die den Teilnehmern am Ende der Umfrage noch in Erinnerung geblieben sind. Wie in Abbildung 7 erkennbar ist, wurde sich überwiegend an positive Begriffe erinnert. Da hier keine statistische Prüfung auf Signifikanz möglich ist, könnte dieses Ergebnis natürlich auch an der Stichprobengröße liegen. Allerdings sollte es trotzdem an dieser Stelle aufgeführt werden, da es im Zusammenhang mit den oben schon erläuterten Auswertungen doch von Bedeutung ist.
Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass unsere Ergebnisse die Existenz des konstruktiven Journalismus und seine positiven Konsequenzen, die wir aus den vorgestellten Studien herausgearbeitet haben, belegen. Alle Einschränkungen unser Forschung aber auch Entwicklungsmöglichkeiten werden in den folgenden zwei Kapiteln thematisiert werden.
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*Die Punkte werden durch das Antwortverhalten der Teilnehmer bestimmt. Hat sich eine Person beispielsweise in allen fünf Gegenüberstellungen für die positiven Überschriften als den Wert 2 entschieden, hat er zehn Punkte.
Mögliche Handlungsempfehlungen für Rezipienten
Als go-to Message sollten die Teilnehmer mitnehmen, dass reißerische Überschriften nicht gleich wahr und vor allem nicht gleich sinnvoll für unsere Aufmerksamkeit sind. Durch eine reißerische Überschrift wird die Aufmerksamkeit des Rezipienten in Anspruch genommen, im Internet also ein Klick mehr für diesen Artikel. Für das Gehirn des Rezipienten bedeutet das, dass die Ressource Aufmerksamkeit ein Stück aufgebraucht wurde. Da die Ressource endlich ist, sollten Rezipienten von Medien hinterfragen, ob dieser Artikel mit der reißerischen Überschrift einen Mehrwert für uns liefert, uns weiterbringt. Denn alles was wir konsumieren, verändert unweigerlich unser Gehirn. Da dieses aber gerne abgelenkt wird, ist es ein täglicher Kampf mit uns selbst, etwa einen seichten Artikel mit wenig bis garkeinem Mehrwert zu lesen, also einer low-load task, im Gegensatz zu einem Artikel der anspruchsvoll ist und uns zum nachdenken anregt und zum Beispiel eine neue Erkenntnis liefert, die mit einer neuen Sichtweise einhergeht. Dieser wäre von der kognitiven Ressource Aufmerksamkeit eher anstrengend zu lesen, würde also dementsprechend auch mehr von ihr in Anspruch nehmen. Diese Tatsache fußt auf der Annahme, dass der Artikel eine anspruchsvolle Sprache, verschachtelte Sätze und eben die volle Aufmerksamtkeit des Rezipienten fordert, damit dieser den Artikel versteht. Eine solche kognitiv anstrengende Aufgabe die die volle Aufmerksamkeit braucht, wäre eine high-load task. Durch ständige low-load tasks, wie zum Beispiel Scrollen durch Instagram, nebenbei läuft eine Netflix Serie oder ähnliche Verhaltensweisen wird die Ressource Aufmerksamkeit ständig zu einem kleinen Teil gebraucht und der Rezipient hat keine Kapazitäten mehr eine high-load task zu erfüllen. Die Kapazität Aufmerksamkeit ist aufgebraucht, obwohl keine kognitiv anstrengenden Tätigkeiten erledigt wurden.
Um auf die Ergebnisse der Befragung zurückzukommen ist ein klarer Hinweis für Rezipienten: Positives führt zu Positivem. In diesem Fall: positive, konstruktive journalistische Berichterstattung führt zu Handlungsmotivation und im allerbesten Fall sogar zu Handlungsveränderung. Konstruktiver Journalismus ist hier die Möglichkeit um aus dem Negativitätskreis herauszubrechen. Voraussetzung hierfür ist aber, dass der Rezipient sich darüber bewusst ist, beziehungsweise die Gründe für eine pessimistische Einstellung erkennt. Die Vorangestellte Beschäftigung mit der eigenen Mediennutzung ist hierfür wichtig. Welche Medien werden wann und wie viel genutzt? Wie fühle ich mich vor und nach der Nutzung? Nur durch die Erkenntnis beziehungsweise Ergründung des Problems kann eine Änderung von einem Verhalten und so eine Besserung stattfinden.
Quellen
McIntyre, K. (2020). "Tell Me Something Good": Testing Longitudinal Effects of constructive News Using the Google Assistant. Verfügbar unter:https://journals.sagepub.com/doi/abs/10.1177/1931243120910446?journalCode=enxa&[03.07.2020]
McIntyre, K., Gyldensted, C. (2018) Positive Psychology As a Theoretical Foundation for Constructive Journalism. Verfügbar unter: https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/17512786.2018.1472527 [03.07.2020]
Smith, K., Cacioppo, J., Larsen, J., Chartrand, T. (2003) May I have your attention, please: Electrocortical responses to positive and negative stimuli [Electronic Version]. Neuropsychologia, 41, 171-183.
Soroka, S., Fournier, P., Nir, L. (2019) Cross-national evidence of a negativity bias in psychophysological reactions to news. Verfügbar unter: https://www.pnas.org/content/116/38/18888 [03.07.2020]