Nelly-Sachs-Gymnasium Neuss/Lyrik im thematischen Längsschnitt/ Reiner Kunze: Die Antenne

Aus ZUM Projektwiki

I

Sie abzusägen, drohte

die straße

Die antenne flüchtete

unter den first, hier

zeigte sie auf sie

das haus

Die antenne flüchtete

ins zimmer, hier

zeigten auf sie

die Wände

Die antenne flüchtete

in den kopf, er

bot sicherheit

II

vorerst.

aus: Reiner Kunze: Quelle fehlt.

Deutungsansatz:

Die "Antenne" könnte als Metapher für einen Menschen stehen, welcher seine Gedanken oder seinen Lebensstil nicht frei ausleben kann, da dieses von einer Regierung oder auch einer Diktatur abgelehnt wird und dieser Mensch somit in seinem Denken und Handeln eingeschränkt wird.

Inhaltliche Analyse:
In dem Gedicht wird die Flucht einer Antenne beschrieben, welche flieht, da die Straße droht sie abzusägen (V.1-2). Woraufhin sie weiter unter den First flüchtet, wo jedoch das Haus auf sie zeigt (V.3-6). Daraufhin flüchtet sie weiter ins Zimmer, wo jedoch die Wände auf sie zeigen (V. 7- 10).Somit flüchtet sie weiter in den Kopf , in welchem sie Sicherheit erfährt. (V.11-13) Aber nur vorerst.
Sprachanalyse:

Das Gedicht handelt von einer Antenne. Die Antenne (V.1) ist eine Metapher und könnte für einen Menschen in einer Gesellschaft stehen. Da sich das Bild der Antenne auch wortwörtlich deuten lässt, könnte diese präzisiert für einen sehr stark wahrnehmenden und empfänglichen Menschen stehen, da es die Aufgabe einer Antenne ist, zu empfangen. Zudem befindet sich in Vers 1 befindet sich die Inversion: „Sie abzusägen, drohte die Straße.“ Diese Inversion stellt das Verb „absägen“ in den Vordergrund, wodurch die Drohung, dass die Straße die Antenne absägen will, verstärkt wird. Die Straße (V.1), bei welcher es sich auch um eine Metapher handelt, stellt eine Regierung dar, welche mit den Handlungen der Antenne nicht übereinstimmt. Auch ist in den Versen 4–5 und 8-9 die Anapher „hier zeigte“ vorhanden, was die ständige Beobachtung und auch die Unsicherheit und Angst der Antenne vor Verrat oder Einschränkung verdeutlicht. Noch dazu sind die Verse 4-6 und auch 8-10 Inversionen, welche die Wirkung des „hier zeigte“ im Sinne einer Verfolgung oder ständigen Beobachtung konkretisiert. Auch wird häufig das Verb „flüchten“ (V.3,7,11) verwendet. Diese Wiederholung verdeutlicht auch noch einmal die Not der Antenne zu flüchten und auch sich immer weiter von der Aussenwelt abzuschotten, da der Raum in den die Antenne flüchtet immer kleiner und enger wird. Noch dazu wird die Antenne das ganze Gedicht über personifiziert (V. 3,7), was den Inhalt realistischer und nachvollziehbarer gestaltet. Auch werden alle anderen Elemente, wie das Haus, die Wände oder die Straße personifiziert (V. 1,5,8). Diese Elemente könnten eine Diktatur einer Regierung und dessen Gesellschaft darstellen, in welcher die Antenne, also ein stark wahrnehmender Mensch, welcher mit einer Einschränkung nicht zurecht kommt, nicht erwünscht ist und sich zudem nicht wohlfühlt. Abschließend flüchtet die Antenne in den Kopf (V.11-13), dieser Kopf steht als Metapher für einen sicheren Ort, aber auch für die völlige Abschottung der Antenne, da sie nirgendwo sonst Sicherheit und Freiheit erfährt.

Formanalyse:

Das Gedicht besitzt 14 Verse und eine Strophe. Das Gedicht besitzt nur eine Strophe, da eine relativ kurze Flucht beschrieben wird. Diese verläuft nicht in mehreren Stufen, weshalb die eine vorhande Strophe mit dem Inhalt übereinstimmt. Ein Reimschema ist nicht vorhanden, was auf die Ungleichmäßigkeit der, wenn auch kurzen, Flucht der Antenne hindeutet. Zudem befindet sich in dem Gedicht ein wechselnder Jambus und Trochäus und auch stetig wechselnde Kadenzen. Auch dies deutet auf eine ungleich verlaufende Flucht hin. Mal verläuft diese dynamisch, z.B. aufgrund einer Drohung (V.1), was der Jambus verdeutlicht, teilweise verläuft die Flucht aber auch stockend, da sich das Lyrische Ich (Die Antenne) versteckt (V.3-5).