Nelly-Sachs-Gymnasium Neuss/Lyrik im thematischen Längsschnitt/Mascha Kaléko: Der kleine Unterschied

Aus ZUM Projektwiki

Der kleine Unterschied (ca. 1940)

Es sprach zum Mister Goodwill

ein deutscher Emigrant:

"Gewiß, es bleibt dasselbe.

sag ich nun land statt Land,

sag ich für Heimat homeland

und poem für Gedicht.

Gewiß, ich bin sehr happy:

Doch glücklich bin ich nicht."

(aus: Mascha Kaléko: In meinen Träumen läutet es Sturm; Gedichte und Epigramme aus dem Nachlass)

Inhalt

Das Gedicht „Der kleine Unterschied“ von Mascha Kaléko handelt von einem Gespräch zwischen einem Mr. Goodwill und einem deutschen Emigranten über die Bedeutung bestimmter Wörter im Englischen und im Deutschen. Der Emigrant bestätigt Mr. Goodwill zunächst zwar darin, dass englische und deutsche Begriffe "gewiss dasselbe" seien, um im Folgenden aber genau das zu widerlegen. Der Einwanderer zählt die Wörter Land, Heimat und Gedicht auf und schließt damit, dass er selber zwar "happy", aber jedoch nicht glücklich sei.

Dieses Gedicht thematisiert das Problem deutscher Exilliteraten während der NS-Zeit, dass sie im Exil zwar physisch und politisch in Sicherheit seien und darüber "happy", aber aufgrund der Sprachbarriere in ihrer künstlerischen Existenz beschränkt, und deshalb nicht glücklich.

Das Gedicht ist in zwei inhaltliche Absetze geteilt. Die ersten beiden Verse scheinen aus einer anderen Perspektive, von oben geschrieben zu sein ( Es sprach zum Mister Goodwill ein deutscher Emigrant: ; V.1-2 ). Er spricht anscheinend zu "Mister Goodwill" , was übersetzt "Guter Wille" bedeutet. Zum einen könnte damit Gott gemeint sein, was seinen glauben widerspiegeln würde und zum anderen könnte damit aber auch ein Symbol für eine ausgedachte Figur sein. Somit würde er im folgendem Abschnitt ( V. 3-8) zu Gott oder einer ausgedachten Figur sprechen, welche für ihn die nächste Bezugsperson darstellen würde. [LoGNSG]

Die ersten beiden Verse würde ich so deuten, dass ein Deutscher auf englischsprachiges Gebiet emigriert ist, also geflohen (V.1/2). "Mister Goodwill" (V.1), bedeutet übersetzt "guter Wille", ich würde diesen als Gott deuten. Der Deutsche spricht zu Gott. Er ist sich bewusst, dass deutsche Wörter nur ins englische übersetzt, vordergründig dieselbe Bedeutung haben (V.3). Offensichtlich, oberflächlich bleibt die Bedeutung gleich, doch es macht trotzdem einen kleinen Unterschied. Seine Muttersprache ist eine andere, als die englische. Er spricht in England Deutsch und obwohl die Wörter von derselben Bedeutung sind, fühlt er selbst einen Unterschied, welcher ihn unglücklich macht (V.8). Meine Deutung wäre, dass er merkt, nicht komplett dazu zugehören. Durch seine Sprache grenzt er sich aus der Allgemeinheit aus und wird eventuell deswegen nicht als Engländer, der er ja so oder so nicht ist, wahrgenommen. Er stellt seine Gefühle dar (V.8). Er bemüht sich, sich zu integrieren, doch die Sprache macht es ihm schwer. Integration im allgemeinen wird aufgrund unterschiedlicher Muttersprachen als sehr schwierig dargestellt. [VaENSG]


Sprache

In dem ersten Vers des Gedichts erkenne ich ein Symbol wieder. Eine Person, die für jemand anderes steht. „Mister Goodwill“ (V.1), übersetzt Guter Wille, Gott wird beschrieben. Gott, als Person, der nur das Gute sieht, der nur gute Absichten hat und immer an das Gute glaubt.

Metaphern enthält dieses Gedicht nicht. Es besteht vor allem aus Nomen, sowohl englische als auch deutsche.

Eine Wiederholung des Wortes "Gewiss" ist in den Versen 3 und 7 wiederzufinden. Diese Wiederholungen am Anfang und Ende der wörtlichen Rede, des Gebets des Emigranten, runden das Gedicht ab und formen es. Es wirkt dadurch allerdings auch trauriger, verzweifelter. Für andere Menschen scheint er glücklich, für andere ist es dasselbe, er nimmt zweimal Bezug auf die Gesellschaft, auf das "Normale", doch unterscheidet er, dass es für ihn nicht so ist.

In den Versen 4 und 5 ist eine Anapher, eine Wiederholung von "Sag ich". Etwas wird aufgereiht. Der Emigrant zählt auf, was alles unterschiedlich ist, es wirkt dadurch bedrückender, da es nicht nur eine Sache ist, sondern direkt mehrere sind. Eine Aufreihung verschlimmert eine Sache, es verdoppelt das Problem.

In denselben Versen wurden auch die Sätze umgestellt. Statt "ich sage", wird "sag ich" geschrieben, es liegen Inversionen vor. Diese lassen den Vers nicht alleine stehen, sondern verknüpfen ihn mit den nächsten Versen. Sie bauen auf etwas auf, eine Antwort, die man erlangen möchte. Die Antwort im letzten Vers ist das Unglücklichsein. Sie wirken wie eine Bedingung. Wenn er die Wörter austauscht (V.4 "land" statt "Land"...), dann ist er happy aber unglücklich (V.7/8). [VaENSG]

Form