(Post-)Kolonialismus/Kolonialismus und Schule
Die ersten Gedanken beim Thema Afrika.
Afrika - der Kontinent voller Armut, Kriege , Dürre, Krankheit und Leiden - an so etwas denken die meisten Jugendlichen bei der Erwähnung von Afrika. Doch warum ? Warum hat man so ein Bild im Kopf, wenn Afrika doch eigentlich ein Kontinent voller Vielfalt ist? Er ist die Heimat von einzigartigen Tierarten, Kulturen und Ökosystemen, dennoch denken die meisten zuerst über Gefahren und Leiden. Aber warum ist das so? Und hat es etwas mit unserer Bildung zu tun?
Was ist Kolonialismus?
Kolonialismus - laut Definition vom Text "Imperialismus - Kolonialismus - Rassismus", ,,[D]ie Ausbeutung und Eroberung eines Landes durch ein anderes.“ [1]
Aber was hat das mit Afrika zu tun?
Afrika wurde im 10. Jahrhundert -20. Jahrhundert von mehreren europäischen Ländern kolonisiert. Teilweise weil der Kontinent viele Ressourcen hatte, andererseits, weil man alles, was man den Menschen in Afrika angetan hat, gerechtfertigt hatte, indem man behauptete, dass sie „unzivilisiert“ seien.
Vom 15. November 1884 - 26. Februar 1885 fand die Kongokonferenz statt. In dieser Konferenz verhandelten mehrere europäische Mächte über die Verteilung Afrikas. Es gab keinen Repräsentanten von Afrika, was bedeutet, dass die Menschen Afrikas keine einzige Entscheidung über ihr eigenes Land treffen konnten. Das Ziel war, Afrika aufzuteilen und es damit in die Kontrolle von Europäern zu bringen. Dadurch entstanden europäische Kolonien in ganz Afrika - die einzigen Länder, über die Europa keine Macht hatte, waren Liberia und Äthiopien.
Der Völkermord an Herero und Nama.
Der Völkermord an den Herero und Nama fand in der ehemaligen deutschen Kolonie Südwestafrikas, dem heutigen Namibia zwischen 1904 und 1908 statt.
Im Oktober 1904 befahl Generalleutnant Lothar von Trotha die vollständige Vernichtung von Herero und Nama, nachdem sie sich gegen die deutsche Kolonialherrschaft erhoben. Daraufhin schlugen die deutschen Truppen brutal zurück. Rund 100.000 Menschen wurden getötet oder in die Omaheke-Wüste gebracht, wo sie dann verdursteten. Die Deutschen nannten das heutige Namibia auch „Deutsch- Südwestafrika".
Der Völkermord an den Herero und Nama gilt als einer der ersten Völkermorde des 20. Jahrhunderts. Erst 2004 entschuldigte sich die damalige Entwicklungshelferin Heidemarie Wieczorek- Zeul an einer Gedenkveranstaltung der Niederschlagung des Hereroaufstands.
Wie viel lernt man über Kolonialismus in der Schule?
Laut Andrea Lueg, im Text „Kolonialgeschichte im Schulunterricht – Zu weiße Perspektive?“ , „ [H]at die Bundesregierung im Juli 2016 erstmals das Massaker an Herero und Nama im heutigen Namibia als Völkermord anerkannt“ (Z. 19 ff)[2], was über 100 Jahre nach dem Geschehen war.
Dennoch steht im Bildungsplan, beim Fach Geschichte, noch nichts von Kolonialismus. Die meisten Lehrer*innen behandeln ihn nur sehr kurz und im Bezug von Imperialismus. Doch selbst wenn die Lehrer*innen das Thema Kolonialismus ausführlicher behandeln wollen, treten einige Probleme auf. Der Mangel an Unterrichtsmaterial ist da nämlich nicht nur das einzige Problem: im Material gibt es zu wenig Perspektiven. Denn was man über Kolonialismus lernt, lernt man aus der weißen Perspektive, aus der Perspektive von denjenigen, die die Taten begangen haben. Es gibt kaum Material, das zeigt, wie der Genozid aus der Sicht von kolonisierten Menschen aussah, das aber auch daran liegt, dass es fast keine Zeitzeugenberichte gibt.
Jedoch kann man aber behandeln, wie Deutschlands Vergangenheit mit dem Kolonialismus „People of Colour“ noch heute beeinflusst. „Neue Perspektiven werden oft von den Jugendlichen selbst in den Unterricht eingebracht, vor allem wenn sie einen Migrationshintergrund mitbringen.“[3], erklärt Andrea Lueg. Denn die Folgen vom Völkermord, wie zum Beispiel rassistische Stereotypen, betreffen selbst noch die Jugendlichen von heute.
Aber selbst dann wird Kolonialismus leider nur wenig behandelt, da die meisten Lehrer*innen nicht genügend Zeit haben, um das Thema ausführlich zu behandeln. Aus diesem Grund lassen viele Lehrer*innen das Thema weg und erwähnen Kolonialismus, ganz zu schweigen vom Genozid, kaum.
Dadurch sind viele Deutsche über Kolonialismus ungebildet. Die meisten haben noch nie über den Völkermord an Herero und Nama gehört, und wissen schon gar nicht, dass es Deutschland war, der diesen begonnen hat.
Sollte der Bildungsplan geändert werden?
„[Es ist wichtig], Geschichte in Lehrbüchern nicht als abgeschlossene Zeiteinheit ohne Gegenwartsbezug darzustellen“, sagt Steffen Vogel.
Die Black-Lives-Matter Bewegung hat einiges in Gange gesetzt. Zum Beispiel werden Denkmäler von Kolonialverbrechen gestürzt, aber auch wollen die Menschen, dass mehr über Kolonialismus in den Schulen unterrichtet wird.
Das ist nur einer der Gründe, warum es wichtig ist, über Kolonialismus zu lernen. Welche gibt es noch?
Die Kolonialzeit zeigt heute noch ihre Spuren, in zum Beispiel Straßennamen und Museen. Die Kolonialzeit und wie darüber unterrichtet wird hat auch einen Einfluss auf Rassismus heute. Sich mit der Kolonialgeschichte Deutschlands auseinanderzusetzen gibt außerdem eine bessere „[...] Vorstellung davon, wie unser Land und unsere Kultur in den letzten Jahrhunderten geprägt wurde[].“, so heißt es auf dekolonialestadtfuerung.de.
Die Kolonialzeit sollte also nicht aus dem Lehrplan ausgeschlossen werden.
Aber was steht jetzt eigentlich im Lehrplan und in den Schulbüchern? Was wird den Schülern*innen beigebracht?
Also Kolonialismus steht zwar im Lehrplan, in BW werden vier Unterrichtsstunden dafür vorgesehen, wird aber nicht unbedingt ausführlich und „[..] meist […] unter der Überschrift Imperialismus behandelt“ so swr oder laut Bernd-Stefan Grewe „[…] als Vorgeschichte zum Ersten Weltkrieg“.
Aber auch was für und wie viel Unterrichtsmaterial in Schulbüchern steht, ist nicht das, was viele sich erhoffen.
Stuttgarter-nachrichten.de: „Aids, Armut, Dürre: Was Jugendliche mit Afrika assoziieren, hängt auch mit Lehrplänen zusammen - und insbesondere damit, wie Schulen das Thema Kolonialismus behandeln.“
“Liste auf, welche positiven Auswirkungen die deutsche Kolonisierung auf den afrikanischen Kontinent hatte.“, so lautet eine Aufgabe aus einem Schulbuch für die 9. und 10. Klasse. „Ich frage mich generell, wie es sein kann, dass Schulbücher koloniale Denkweisen reproduzieren, anstatt diese zu dekonstruieren[…]“ sagt Karim Fereidooni.
Die Infotexte und Aufgaben in Schulbüchern sind meistens aus europäischer Sicht geschrieben. Doch aus der Perspektive der Opfer und dem Widerstand gibt es eher wenig, bis keine Quellen. Schlussendlich legt aber natürlich das Kultusministerium fest, welche Schulbücher im Unterricht benutzt werden.
Deswegen stellt sich die Frage „Soll der Lehrplan geändert werden?“
Viele sagen ja, die Initiative „Black History in Baden-Württemberg“, die eine „Anti-Rassistische Überarbeitung des Lehrplans“ fordert, hat über 100.000 Unterschriften für ihre Petition gesammelt. Diese leiteten sie auch an die ehemalige baden-württembergische Kultusministerin Susanne Eisenmann weiter, welche dann auch mit „Eine vertiefende inhaltliche Auseinandersetzung mit Rassismus, Migration und der Kolonialgeschichte ist in den einzelnen Fachplänen aller Schularten fest verankert“ antwortete. Das ist der Initiative aber nicht genug, sie wollen bis zur Festlegung des neuen Bildungsplanes etwas ändern.
Eine andere Petition, die die Überarbeitung der Lehrbücher und Lehrpläne fordert, die Abigail Fugah aus Köln gestartet hat, hat fast 95.000 Unterschriften. In einem Gespräch mit der DW sagt Fugah „Es reicht nicht aus, was aktuell in den Schulen gelehrt wird“ und „Wenn schwarze Kinder alt genug sind, Rassismus zu erfahren, dann sind weiße Kinder auch alt genug, um etwas darüber zu lernen.“ Die meiste Kritik, diese kommt von Lehrer*innen ist, „[dass sie uns vorwerfen], zu übersehen, dass die Kolonialgeschichte in den Lehrplänen jetzt schon vorkommt.“ Dennoch merkt man aber, wie der Kolonialismus hinter andere Themen, wie dem zweiten Weltkrieg, gestellt wird. Den Bildungsplan zu ändern ist aber schwierig, da, bevor er festgelegt wird, viele Gremien durchlaufen werden „[…], darunter solche von Eltern, Kirchen oder Parteien. Gremien, in denen vor allem weiße Menschen ihre Gewichtung einbringen.“ sagt Bernd-Stefan Grewe.
Kolonialismus und Schule - Fazit
Obwohl Deutschland 2016 den Völkerrmord an Herero und Nama anerkannt hat, wurden bis heute Reparaturen noch nicht bezahlt und Funde, die man in Namibia fand, nicht zurückgegeben. Im Geschichtsunterricht wird Kolonialismus immer noch kaum behandelt, was dazu führt, dass die meisten Deutschen nicht wissen, dass Deutschland am Anfang des 20. Jahrhundert einen Völkermord an Herero und Nama begangen hatte und damit Millionende von Menschen ermordete.
Kolonialismus zeigt heute noch Spuren, wie Rassismus in der Gesellschaft, deswegen ist es wichtig, diese Zeit nicht aus dem Lehrplan auszuschließen. Lehrer*innen behandeln Kolonialismus, aber nur kurz oder gar nicht und es gibt kaum gute Quellen, die verschiedene Perspektiven zeigen, weswegen viele ungebildet über das Thema sind. Es gibt aber Initiativen und Petitionen die eine Veränderung des Bildungsplans fordern.
Quellen
https://www.dw.com/de/kolonialgeschichte-kein-platz-im-unterricht/a-55200764
https://www.dw.com/en/when-colonial-germany-committed-genocide-in-namibia/a-67623302