Wendepunkte des 20. Jahrhunderts/Studentenbewegung in Deutschland

Aus ZUM Projektwiki

Ludwig Binder Haus der Geschichte Studentenrevolte 1968 2001 03 0275.0011 (16910985309)

Studentenrevolte 1968, Ludwig Binder, das Bild wurde im Haus der Geschichte veröffentlicht, Reproduktion von FlickreviewR in der Wikipedia auf Deutsch, Lizenz: CC BY-SA 2.0, via Wikipedia Commons.


Studentenbewegungen '68

Wie kam es dazu?

Die Jahre um 1968 war eine Zeit der Studentenbewegungen von aufbegehrenden linken Studenten. Diese junge Generation der Sechziger war eine besondere, denn es war die erste, die weder die Kriegszeit, noch die schwere Nachkriegszeit als Erwachsene miterlebt hatte. Es gab zwar keine Not zur Gründung einer Bewegung, da die Demokratie wieder stark war und das Wirtschaftswunder allgemeinen Wohlstand brachte, trotzdem hatte die junge Generation den Drang seine politische Meinung zu äußern.

Amerika als Besatzungsmacht

Die Afroamerikanischen Bürgerrechtsbewegungen und der generell politische Lebensstil der jungen Generation Amerikas war sicherlich ein starker Einfluss auf die späteren Studentenbewegungen in Europa. Von Kleidung und Musik bis hin zu Protestweisen waren die Deutschen beeinflusst und inspiriert von den Amerikanern. Doch das System und die Taten der amerikanischen Regierung wurden von den jungen Studenten stark abgelehnt. Der Konsum, das kapitalistische System im Allgemeinen und der von der amerikanischen Regierung geführten Vietnamkrieg waren Inhalte des Protestes.

Ehemalige Nazis in der Regierung

Ein weiterer Grund für das neuartige politische Engagement der jungen Leute war, die selbst zu gesprochene Verantwortung anders als ihre Eltern zu handeln und den Staat zu entlarven. Sie unterstellten den Kriegsgenerationen die NS-Zeit vergessen zu wollen, während sich immer noch viele Ex-NSDAP Mitglieder in hochrangigen Positionen innerhalb der Regierung befanden. Beispiele dafür sind der Arbeitgeberpräsident Martin Schleyer, welcher während des Nationalsozialismus als Partei Mitglied der NSDAP Karriere machte oder Heinrich Lübke, welcher in den Sechzigern Bundespräsident war und von 1940-44 ein Planbüro zum Bau mehrerer Konzentrationslager leitete. Dies veranlasste die jungen Leute staatskritischer und politischer zu werden, woraus sich erste Bewegungen formatierten.

Verlauf und wichtige Ereignisse der Studentenbewegungen
Sozialistischer Deutscher Studentenbund

Der Sozialistische Deutsche Studentenbund wurde 1946 von Studenten der FU Berlin gegründet. Damals noch in Verbindung mit der SPD wurde er bald wegen seiner inhaltlichen Nähe zum Regierungssystem der DDR von der Partei ausgeschlossen. Diese Organisation wurde von vielen als Motor und Antrieb der „Neuen Linken“ bezeichnet. Eine führende Rolle spielte dabei Rudi Dutschke, welcher auch später bei der Außerparlamentarischen Opposition sehr präsent war.

Mord an Benno Ohnesorg

Der Mord an Benno Ohnesorg während eines Protestes am 2. Juni 1967 wird von vielen als entscheidender Wendepunkt zur Radikalität bezeichnet.

Aufgrund des Besuches des Schahs vom Iran, dessen absolutistisches Regime von den Studenten stark abgelehnt wurde, starten diese eine Protestaktion bei welcher das erste Mal starke polizeiliche Gewalt angewandt wird. Auf die weitgehend friedlichen Demonstranten wird brutal eingeprügelt. Der Student Benno Ohnesorg wird tödlich am Hinterkopf getroffen. Der Schütze behauptet aus Notwehr gehandelt zuhaben und auch der Bürgermeister Berlins sagte daraufhin: „Ich sage ausdrücklich und mit Nachdruck, daß ich das Verhalten der Polizei billige“.

Notstandsgesetze

Am 30. Mai verabschiedet der Bundestag Gesetze für den Fall des inneren und äußeren Notstandes. Diese besagen unteranderem, dass im Falle solch eines Notstandes die Bundeswehr innerhalb des Landes eigesetzt und das Post – und Fernmeldegeheimnis eingeschränkt werden darf. Kritisiert an diesen Notstandsgesetzten wurde, dass sie durch ihren Eingriff in die Grundrechte verletzend gegenüber dem Grundgesetz seien und somit klar antidemokratisch. Besonders in Erinnerung an die NS- Zeit, in welcher genau solche Notstandsgesetzte, die es auch in der Verfassung der Weimarer Republik gegeben hatte, genutzt wurden um die Demokratie abzuschaffen. Es gab große Protestbewegungen der Bevölkerung und da es innerhalb der Regierung keinen Widerstand gab bildete sich die

Außerparlamentarische Opposition

1966 stand mit der Großen Koalition zwischen CDU und SPD nur noch die FDP in der Opposition. Der SDS und andere Studenten taten sich zusammen und es entstand die Bewegung der Außerparlamentarischen Opposition. Zusätzlich zu den Inhalten der Studentenbewegungen, richteten sich die Proteste der APO innenpolitisch auch gegen die geplanten Notstandsgesetze, „verkrustete“ Strukturen an den Hochschulen und Meinungsmonopole innerhalb der Gesellschaft, wie zum Beispiel dem Springerkonzern. Innerhalb der APO wird die Frage nach Gewalt stark diskutiert, wobei sich die Gruppierungen, die gewalttätige Aktionen als den produktiveren Weg sahen klar auf Gewalt gegen Sachen und nicht gegen Personen bezogen. Eine führende Rolle bei dieser Bewegung hatte Rudi Dutschke.

Attentat auf Dutschke

Rudi Dutschke (1976)

Rudi Dutschke, Hans Peters, Reproduktion in der Wikipedia, Lizenz: CC0, via Wikimedia Commons.

Viele sahen Dutschke als Repräsentanten der Studentenbewegungen, andere somit als Staatsfeind Nummer Eins. Umso mehr Aufregen rief das Attentat auf ihn am 11. April 1968 hervor. Ein Passant schoss auf dem Kurfürstendamm in Berlin dreimal auf Dutschke. Die Schüsse trafen ihn schwer am Hinterkopf. Er starb jedoch erst Jahre später an den Verletzungen. Der Täter Josef Bachmann sagte später zu seiner Tat: “Ich war so im Haß, ich hatte so eine Wut. Man kennt ihn von Bildern. Ich sagte, du dreckiges Kommunistenschwein. Dutschke kam auf mich zu, und ich zog den Revolver und schoss den ersten Schuss“. Dieses Zitat zeigt die Empörung einiger Bürger über die Studentenbewegungen. Bei Befürwortern Rudi Dutschkes jedoch rief dass Attentat großen Protest hervor. Diese Aktionen richteten sich vor allem gegen den Springer- Konzern, da sie der Bild Zeitung vorwarfen, die Bevölkerung gegen die Studenten aufzuhetzen.

Ende und Folgen der Bewegungen

Dies wird allgemein als Ende der Bewegungen gesehen. Gruppierungen zersplitterten sich nach dem Attentat und andere wie Beispiel die erste kommunistische Partei der BRD, die KPD, wurden gegründet. Ein großer Streitpunkt innerhalb der Gruppierungen war die Frage nach Gewalt. Viele sahen diese als einzigen Weg des aktiven Kampfes und aus diesen formierten sich später terroristische Vereinigungen wie zum Beispiel die Rote Armee Fraktion. Andere waren später an der Gründung der Grünen beteiligt und haben sich noch lange politisch engagiert. Obwohl die erhoffte Revolution ausblieb, änderten sich doch einige Gesellschaftliche Bereiche. Die Studenten bewirkten vor allem im Bereich der Kindererziehung und im Bildungssystem eine Entwicklung von einem Autoritäts- und Leistungsgeprägtem Klima hinzu einer repressionsfreien Erziehung.

Quellen

Carrasco, Inés, Studentenbewegungen, Planet Wissen, gelesen: 25. März 2020.

Schönbohm, Wulf, Die 68er: politische Verirrungen und gesellschaftliche Veränderungen, Bundeszentrale für politische Bildung, gelesen 25. März 2020.

Von Zahn, Peter, Chronik der Deutschen, Dortmund: Chronik- Verlag, 1983