Wendepunkte des 20. Jahrhunderts/Nürnberger Prozesse

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Bundesarchiv Bild 183-V01057-3, Nürnberger Prozess, Angeklagte.jpg

Strafprozeß vor dem Internationalen Militärgerichtshof in Nürnberg vom 20.11.1945 bis 1.10.1946 gegen führende Personen (Hauptkriegsverbrecher) des faschistischen Deutschlands wegen Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den Frieden und gegen die Menschlichkeit.[…] (Original Bildunterschrift)

Bundesarchiv, Bild 183-V01057-3 , CC-BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons.


Nürnberger Prozesse

Autorin: LC

Vorgeschichte

Bereits vor der Kapitulation des Deutschen Reiches, bei der Moskauer Deklaration vom 19. Oktober bis 01. November 1943, beschlossen die USA, die Sowjetunion und Großbritannien, die führenden Nationalsozialisten zur Verantwortung ziehen zu wollen. Auf Grundlage des Londoner Abkommens vom 08. August 1945 schufen sie unter Einbeziehung Frankreichs ein internationales Militär Tribunal (IMT). Im Londoner Abkommen stand, es solle ein internationaler Militärgerichtshof gebildet werden, welcher zur Aburteilung der Kriegsverbrecher dienen soll. Dieser befand sich im Justizpalast in Nürnberg. Damit hatte zum ersten Mal in der Geschichte ein internationales Gericht die Vollmacht, führende Vertreter eines Staates für Verletzungen des Völkerrechts persönlich  zur Rechenschaft zu ziehen. Diese führenden Vertreter sollten wegen der Verbrechen, die in den von Deutschland besetzten Ländern während des Zweiten Weltkrieges begangen wurden, vor Gericht verurteilt werden.


Der Prozess

Bundesarchiv Bild 146-1990-032-29A, Nürnberger Prozess, Zeitungsleser

Interessierte Zeitungsleser nach der Urteilsverkündung der Nürnberger Prozesse, 1. Oktober 1945 (Original Bildunterschrift)

Bundesarchiv, Bild 146-1990-032-29A, Autor unbekannt, CC-BY-SA 3.0

via Wikimedia Commons


Am 20. November 1945 beginnt der erste Nürnberger Prozess gegen 24 Hauptkriegsverbrecher und sechs verbrecherische Organisationen des „Dritten Reichs“. Die Prozesse wurden gegen Delikte der Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Verbrechen gegen den Frieden durchgeführt. Darunter waren Delikte wie: Tötung oder Misshandlung von Kriegsgefangenen, Hinrichtung von Geiseln, Verschleppung zur Zwangsarbeit, die Verfolgung und Vernichtung der Juden, Tötungsdelikte sowie  Angriffskriege. Große Nationalsozialisten wie Hitler, Himmler und Goebbels konnten damals nicht mehr vor Gericht treten, da sich diese bereits zuvor das Leben genommen hatten. Trotzdem gab es noch viele übergebliebenen Nationalsozialisten, wie z.B. Rudolf Hess, Albert Speer, Julius Streicher, Hermann Göring und Generäle aus der Wehrmachtsführung. Nach fast einem Jahr Verhandlungsdauer werden am 30. September und am 01. Oktober 1946 die Urteile gegen 22 Angeklagte verkündet: Zwölf Angeklagte wurden zum Tode verurteilt, sieben erhielten langjährige oder lebenslange Haftstrafen und drei wurden freigesprochen. Von den zwölf Todesurteilen wurden zehn am 16. Oktober vollstreckt.


Das Ziel der Prozesse

Das Ziel war nicht Rache zu üben, sondern nach zivilisierten Regeln zu bestrafen. Den Alliierten ging es bei den Gerichtsprozessen vor allem darum, nicht nur die Nationalsozialisten umzuerziehen, sondern auch das Volk. Durch die Prozesse wurden viele geheime Verbrechen aufgedeckt, wie z.B. Menschenversuche, das Ermorden von Menschen mit Behinderung, Zwangsarbeit und Geisel-Erschießung, welche dem Volk durch breites Veröffentlichen in Zeitungen berichtet wurde. Viele Deutsche erfuhren erst jetzt von dem gesamten Ausmaß der Verbrechen.


Die Nachprozesse

Bis 1949 wurden in der amerikanischen Besatzungszone und vor amerikanisch-en Militärgerichten zwölf weitere große Prozesse gegen NS-Kriegsverbrecher geführt. Brigadegeneral Telford Taylor wurde nach Robert H. Jackson,  der nach der Urteilsverkündung im Verfahren vor dem Internationalen Militärgerichtshof am 17. Oktober 1946 sein Amt niedergelegt hatte, nun zum Hauptankläger für diese Nachfolge-Prozesse ernannt. Insgesamt wurden 185 Personen angeklagt: 56 Mitglieder der SS und Polizei, 42 Industrielle und Manager, 39 Ärzte und Juristen, 26 militärische Führer und 22 Minister und hohe Regierungsvertreter. 35 Angeklagte wurden freigesprochen, 24 wurden zum Tode verurteilt, 20 zu lebenslanger Haft verurteilt und 98 zu Freiheitsstrafen zwischen 18 Monaten und 25 Jahren verurteilt. Neben den Nürnberger Prozessen fanden in allen vier Besatzungszonen weitere Verhandlungen gegen Kriegsverbrecher statt.


Meinungen zum Prozess

Aus heutiger Sicht sprechen viele Fakten dafür, den Nürnberger Prozess kritisch zu beurteilen. Manche vertreten eine revisionistische Auffassung und bewerten das internationale Militär Tribunal als Instrument alliierter Willkür über die Besiegten, während andere die Prozesse als positiv ansehen. Für sie stellt der Prozess den Grundstein eines universellen Völkerrechts dar und sie stufen Kritik am Tribunal als eher zweitrangig ein.

Durch die Prozesse konnte erstmals die individuelle Schuld der Angeklagten untersucht werden und Politiker persönlich bestraft werden, was im Allgemeinen heute als positiv bewertet wird. Das Innehaben eines staatlichen Amtes oder Gesetze bieten seit den Nürnberger Prozessen keinen absoluten Schutz mehr vor Verfolgung durch das Völkerstrafrecht. Dadurch gab es eine wesentliche Weiterentwicklung des Völkerrechts.

Trotzdem empfanden manche diese Gerichte auch als ungerecht und nannten die Gerichtsprozesse „Siegerjustiz“, da die Kriegsverbrechen der Alliierten nicht verhandelt wurden. Besonders problematisch war die Zusammensetzung des Gerichts, da diesem nur Richter aus Ländern vorsaßen, die Deutschlands Kriegsgegner gewesen waren und dadurch keine „neutralen“ Staaten waren. Dadurch wurde das Besatzungsgericht als „unfair“ empfunden.




Quellen
  • Gruler, Sabine und Wagner, Kirsten, Nürnberger Prozesse beginnen, veröffentlicht auf zeitklicks.de, (kein Veröffentlichungsdatum angegeben), abgerufen am 22.03.20.
  • Internetredaktion der Landeszentrale für politische Bildung BW, Die Nürnberger Prozesse, veröffentlicht auf Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg, (18.11.19), abgerufen am 23.03.20.
  • Weinke, Annette, Nürnberger Prozesse, veröffentlicht in Historisches Lexikon Bayerns, (19.08.13), abgerufen am 23.03.20.