Wendepunkte des 20. Jahrhunderts/"Volksgemeinschaft"

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Volksgemeinschaft während der NS-Zeit

Volksgemeinschaft während der NS-Zeit

Volksgemeinschaft ist ein zentral NS-Ideologischer Term, der das Volk als Rassengemeinschaft beschreibt. Diese steht hinter dem „Führer“ und teilt dessen Ideologien und Anschauungen. Jeder außerhalb dieser Rassengemeinschaft wird konsequent ausgeschlossen und missachtet.


Geschichte der Volksgemeinschaft:

Die Volksgemeinschaft spielte schon seit dem 19. Jahrhundert eine große Rolle in verschiedensten politischen Richtungen, denn die Menschen wünschten sich zu der politischen Einigung Deutschlands auch eine soziale.

Zur Definition unterschied der Soziologe Ferdinand Tönnies die Gemeinschaft von der Gesellschaft. Dabei beschrieb er die Gesellschaft als einen wirtschaftlichen und politischen Bindungstypen, der von Nutzungsüberlegungen geprägt ist, wohingegen die Gemeinschaft eine Verbindung durch Strukturen und Zugehörigkeitsgefühl ist, wie man sie z.B. in Familien, Nachbarschaften und dem Volk als solches findet.

Auch die Zerrissenheit nach dem Ersten Weltkrieg und die Schuldenfestlegung durch den Versailler Vertrag ließen wieder den Wunsch nach Zusammenhalt, Stabilität und Klarheit wachsen. Die Weimarer Republik griff immer wieder „den Geist von 1914“, also das Gemeinschaftsgefühl und Volkseuphorie zu Beginn des Zweiten Weltkrieges, auf und genau diesem Wunsch nach Gemeinschaft kam Hitler nach und gab ihm eine hohe Priorität, die er schon früh in Kampfreden anklingen ließ.


Wie erreichte Hitler das Gefühl von Volksgemeinschaft?

Der erste Schritt in Richtung Volksgemeinschaft war die Gleichheit, also die Aufhebung von Klassen- und Standesunterschieden. Dazu senkte er durch mehr Arbeitsaufträge, z.B. im Straßenbau, die Arbeitslosenrate, was zu Zufriedenheit führte. Auch gab sich Hitler selbst als volksnah, als „einer von ihnen“, und vermittelte den Menschen trotz des herrschenden Führerprinzips das Gefühl von Augenhöhe. Dies galt aber nicht für alle, denn bestimmte Volksgruppen wie vor allem Juden, aber auch Homosexuelle, physisch und geistig Behinderte und andere ethnische Minderheiten, wurden systematisch und mit juristischer Festschreibung (Nürnberger Rassengesetze von 1935) ausgegrenzt und als „Schädlinge“ bezeichnet. Hitler definierte das Volk als eine „blutsmäßig bedingte Erscheinung“. Begründet wurde das mit dem Sozialdarwinismus. Dieser gemeinsame Hass der „Arier“, der selbsternannten „reinrassigen Deutschen“, stärkte ironischerweise wiederum das Gruppengefühl. Zusätzlich gaben die Nationalsozialisten die Schuld vor allem den Juden und machten sie verantwortlich für die Niederlage im Ersten Weltkrieg und die Konsequenzen durch den Versailler Vertrag. Damit waren sie selbst entschuldigt und das Gefühl der Überlegenheit der eigenen „Rasse“ und der Vaterlandsliebe wurde noch stärker.

Dieses Gefühl steigerte sich so sehr, dass bald das neue Motto „Du bist nichts, dein Volk ist alles“ galt, denn während das einzelne Individuum „vergänglich“ sei, wäre das Volk „bleibend“, so Hitler.

Auf genau darauf hatte er hingearbeitet und stärkte das Gemeinschaftsgefühl weiterhin mit Massenritualen, wie dem monatlichen „Eintopfsonntag“ zu Gunsten des Winterhilfswerks, Sport- und Volksfesten, sowie Feiertagen wie z.B. dem Tag der Arbeit am 1. Mai, zu denen Hitler oft persönlich erschien. Dabei bildeten die Reichsparteitage in Nürnberg, die durch geometrische Massenparaden, Uniformen, Fahnen und einer propagandistischen Ausrichtung auf den Führer zelebriert wurden, den Höhepunkt. Auch Propaganda in den Medien war ein sehr präsentes Element, nicht zu vergessen der Hitlergruß, der am besten die „sich dem Führer unterordnende“ und dessen Weltanschauung teilende große Masse veranschaulicht. Selbst der Begriff „Bürger“ wurde in „Volksgenosse“ umgewandelt.


Grafik Eintopfgericht.jpg

Winterhilfswerk, Plakat: Wir essen Eintopfgericht..., 1935, Unbekannter Autor, Lizenz: [CC BY-SA 4.0], via [Wikimedia Commons]


Grafik Hitler Lustgarten.jpg

Hitler auf dem Weg zur Kundgebung im Lustgarten am Morgen des 1. Mai 1933, Unbekannter Fotograf, das Bild wurde Wikimedia zur Verfügung gestellt vom Deutschen Bundesarchiv [[1]], Lizenz: [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons.


Welchen Zweck verfolgte Hitler?

Jenes ausgeprägte Wachstum des Patriotismus und die Hochhaltung von „Reinheit“ der eigenen „Rasse“ stärkte das Gemeinschaftsgefühl, was der Volksgemeinschaft äußerst dienlich war. Joseph Goebbels sprach von dem metaphorischen Ziel, das Volk zu einem „Stahlblock“ zusammenzuschweißen, der als Militärmaschine funktionieren sollte, um das große „Dritte Reich“ zu erschaffen.


Auswirkungen:

Mit dem Prinzip der Volksgemeinschaft erzielte Hitler extreme Loyalität, Gehorsamkeit und Angepasstheit seines Volkes, das ihm scheinbar blind vertraute und hinter ihm stand.

Außerdem hatte er mit der Erfüllung des ersehnten Wunsches nach Gemeinschaft wortwörtlich den „Geist von 1914“ wieder zurückgebracht, den er 1939 für seine Zwecke nutzte.


Fazit:

Hitler erkannte schnell, womit er die Menschen in seinen Bann ziehen konnte. Er verband geschickt die, für die Gesellschaft wichtigen Aspekte mit den Werten einer starken Gemeinschaft. Daraus resultierte eine starke Einheit. Hitler förderte diese Einheit mit geschickter Rassenpolitik, die durch den Ausschluss Andersdenkender definiert war, Massenrituale und durch Propaganda vermittelte gemeinsame Weltanschauung. Das Ergebnis waren weniger einzelne Menschen, dafür mehr ein Volk, dessen höchste Priorität es war, ihm, dem Führer, zu dienen.


Quellen:

Dr. Kleinhans, Bernd, „Volksgemeinschaft“, 05.10.2004,

[[2]] (aufgerufen am 21.03.20).


Schwabe, Fabio, „Volksgemeinschaft“,

[[3]] (aufgerufen am 22.03.20).


2.2.3 „Volksgemeinschaft": Ideologie und inszenierte Lebenswirklichkeit im NS-Staat, Buchners Kolleg Geschichte 11, Ausgabe Bayern 2013

[[4]] (aufgerufen am 22.03.20).


Wildt, Michael, „Volksgemeinschaft“, 24.05.2012

[[5]] (aufgerufen am 22.03.20).


„Eintopfsonntag“

[[6]] (aufgerufen am 22.03.20)