Lernpfad Musik und Gedächtnis/Autobiografische Erinnerungen II

Aus ZUM Projektwiki

Musikinduzierte autobiographische Erinnerungen

Ziele und Voraussetzungen

1. Zielgruppe: Klasse 9/10

2. Lernvoraussetzungen: Keine speziellen Voraussetzungen nötig. Biologische Grundkenntnisse können von Vorteil sein.

3. Lernziele: Lernziel 1: Die Schüler:innen können wichtige Inhalte aus einem Text herauslesen und diese der Klasse präsentieren. Lernziel 2: Die Schüler:innen können selbständig und in der Gruppe verantwortungsvoll arbeiten.

Lernziel 3: Die Schüler:innen können sich fachübergreifend weiterbilden und können Zusammenhänge zwischen den neuen Lerninhalten und ihrem Leben herstellen.


Stundenverlaufsplan (inklusive Begleitmaterial)


Begleitmaterial zum Stundenverlauf
Stundenverlaufsplan
Dauer Phase Durchführung Sozialform,

Material

Lernziele Didaktische Hinweise
3min Einstieg:

Video alte Frau tanzt Schwanensee

Was haltet ihr davon?

Was beobachtet ihr?

Arbeitsauftrag: Notiere Eindrücke.

Alle

Video

Affektiv

Kognitiv

Den SuS Freiraum lassen. Nicht zu viel vorgeben.
7min Videoinput: Einführung in die Thematik Video zu Alzheimer schauen Alle

Video

Kognitiv Theorieinput ohne konkrete Aufgabenstellung.
20min Hauptphase: Erarbeitung als Gruppenpuzzle Infotexte lesen und Arbeitsblätter bearbeiten. Einzelarbeit +

Gruppenarbeit


Arbeitsblätter

Kognitiv

Sozial

Nur intervenieren oder helfen, wenn nötig. SuS sollen selbständig arbeiten.
8min Präsentation Gruppen präsentieren ihre Themen. Gruppenarbeit


PowerPoint

Sozial Ggf. nachhaken, wenn Fragen ungeklärt bleiben.
7min Abschluss:

Eigene Erfahrungen teilen

Jeder Schüler präsentiert ein persönliches Erlebnis, das z.B. durch Musik getriggert wird. Einzelarbeit

Bluetoothbox

Affektiv

Sozial

Sensibilität für persönliche Erfahrungen. Grenzen anerkennen und darauf hinweisen.


Einstieg

Video 1 (Schwanensee): https://www.youtube.com/watch?v=IT_tW3EVDK8

1. Was beobachtet ihr? 2. Welche Assoziationen habt ihr, wenn ihr das Video seht?

3. Was löst das Verhalten der Frau bei euch aus?


Video 2 (Alzheimer): https://www.youtube.com/watch?v=paquj8hSdpc

Beachte: Beim Verfolgen des Videos geht es in erster Linie darum, einen groben Einblick in die Alzheimer-Erkrankung zu bekommen. Es ist nicht nötig sämtliche biologische Prozesse bis ins Detail nachvollziehen können.

1. Was zeichnet das Krankheitsbild von Alzheimer aus?

2. Was sind die neuesten Erkenntnisse in der Alzheimer-Forschung?


Erarbeitung

Gruppenarbeitsphase (20min)

Lest die Infotexte und tauscht euch danach mit euren Gruppenmitgliedern darüber aus. Bearbeitet gemeinsam die Arbeitsaufträge.
Gruppe 1 Arbeitsblatt

Gruppe 1

Was ist autobiographische Erinnerung?

Autobiographische Erinnerungen beziehen sich auf persönliche Erfahrungen und Fakten über einen selbst. Sie sorgen dafür, dass wir uns definieren können und uns eine bedeutungsvolle Lebensgeschichte konstruieren können. Damit helfen sie uns, uns und unserer Identität einen Sinn zu verleihen.

Wenn wir von unserer Vergangenheit erzählen (“Als ich jung war…”) und damit generelle Informationen über lange Lebensabschnitte geben oder wenn wir von Geschehnissen berichten, die sich wiederholt haben (“Ich bin jedes Wochenende joggen gegangen.”), dann sprechen wir von semantischen Erinnerungen. Daneben gibt es die sogenannten episodischen Erinnerungen, die bestimmte persönliche Erfahrungen beinhalten, die zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort stattgefunden haben (z.B.: “Der Tag auf dem See, an dem meine Mütze ins Wasser gefallen ist.”). Semantische autobiographische Erinnerung löst einen Zustand aus, bei dem sich das Bewusstsein für die Vergangenheit auf ein Gefühl der Vertrautheit beschränkt, während episodische Ereignisse ein “Wiedererleben” via mentaler Zeitreise triggern können.

Bei Alzheimer passiert es, dass diese damit verbundenen episodischen Informationen verloren gehen und autobiographische Erinnerungen entkontextualisiert werden. Das führt zu einem Rückgang der Selbstkenntnis. Darüber hinaus können Alzheimer-Patienten nur noch schwer vergangene Ereignisse wiedererleben, sondern erleben vielmehr nur noch ein generelles Gefühl der Vertrautheit.

Autobiographische Erinnerung hängt von zwei Kräften ab: Die sog. Kohärenz versucht, die Vergangenheit, wie sie erlebt wurde, darzustellen und die Korrespondenz rekonstruiert die Vergangenheit so, dass sie zu unseren aktuellen Überzeugungen und Zielen passt.

Beide zusammen bilden das sogenannte “working-self”: Die autobiographische Erinnerung, die unser Selbstbild und Selbstbewusstsein im wörtlichen Sinne ausmacht und bei Alzheimer geschwächt ist.


1) Lese den Text aufmerksam durch und beantworte folgende Fragen

-Wie kann man zwischen episodischen und semantischen Erinnerungen unterscheiden?

-Warum erlebt jemand, der Alzheimer hat, oft nur noch ein Gefühl der Vertrautheit, wenn er versucht, sich an Dinge zu erinnern?

-Erklärt, was Kohärenz und Korrespondenz mit dem zu tun haben, was wir unter autobiographischer Erinnerung verstehen.


2) Fasst eure Ergebnisse in der Gruppe in einer kurzen PowerPoint-Präsentation zusammen (ca. 3-5 Folien)


3) Präsentiert eure Ergebnisse der Klasse.


Quellen: El Haj, M., Antoine, P., Nandrino, J. L., Kapogiannis, D. (2015): Autobiographical memory decline in Alzheimer’s disease, a theoretical and clinical overview. doi: 10.1016/j.arr.2015.07.001.

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Gruppe 2 Arbeitsblatt


Gruppe 2

Musiktherapie

Bereits in den Anfängen der Musikgeschichte der Antike und des Mittelalters wurde Musik zur Heilung von Krankheiten eingesetzt. Musik war eng mit der Medizin verbunden, auch wenn damals noch nicht von “Musiktherapie” gesprochen wurde. Heutzutage ist der Einsatz von Musiktherapie weit verbreitet und wird bei verschiedenen Krankheitsbildern angewandt. Alzheimer ist eine häufig auftretende Krankheit, zu deren Therapiemöglichkeiten viel geforscht wird. Beim Einsatz von Musiktherapie bei der Alzheimer-Krankheit versucht man, mit der Hilfe von Musik vergessene Erinnerungen der Patient:innen wieder abrufbar zu machen und neue Erinnerungen besser zu behalten. Dabei gibt es unterschiedliche Methoden, die zur Therapie verwendet werden können.

Beim Einsatz von Musik als Therapieform spricht man von einer sogenannten “Auditiven Stimulation”. In einer Studie (Foster et al., 2001) wurden autobiographische Erinnerung von Patient:innen getestet. Während des Tests wurden die Patient:innen unterschiedlichen Faktoren ausgesetzt. Eine Gruppe hörte Vivaldis “Vier Jahreszeiten”, die andere eine Geräuschkulisse aus eine Cafeteria und wieder eine andere Gruppe arbeitete in Stille. Die Gruppe, die Musik hörte, schnitt hierbei am besten ab und konnte autobiographische Erinnerungen besser abrufen. Ein weitere Studie zeigte, dass durch das Hören von Musik Ängste der Patient:innen verringert werden konnten (Irish et al., 2006). Des Weiteren konnte festgestellt werden, dass Musik vor allem emotionale Erlebnisse der Patient:innen anspricht und sich die Testperson besser an emotionale statt an neutrale Ereignisse erinnern konnten (Kumfor et al., 2013). Eine weitere interessante Beobachtung ist, dass sich nicht nur das Erinnerungsvermögen durch Musik verbesserte: Der Einsatz von Musik führte dazu, dass sich die Patienti:nnen, während sie von ihren Erinnerungen berichteten, komplexere Sprache und weniger Füllwörter benutzten als in Stille (El Haj et al., 2013). Auch wenn die Forschung von positiven Ergebnissen durch “Auditive Stimulation” berichtet, muss beachtet werden, dass sich die Testpersonen meist nur an vereinzelte autobiographische Ereignisse erinnern konnten. Außerdem konnte der positive Effekt nur in milden Stadien der Alzheimer-Krankheit festgestellt werden.


1) Lest den Text aufmerksam durch und beantworte folgende Fragen:

  • Wie wird Musik in der Therapie eingesetzt?
  • Kann Musiktherapie Alzheimer heilen?
  • Was sind Chancen und Grenzen der Musiktherapie bei Alzheimer?


2) Fasst eure wichtigsten Ergebnisse in der Gruppe in einer kurzen PowerPoint-Präsentation zusammen (ca. 3-5 Folien).


3) Präsentiert eure Ergebnisse der Klasse.


Quellen: El Haj, M., Antoine, P., Nandrino, J. L., Kapogiannis, D. (2015): Autobiographical memory decline in Alzheimer’s disease, a theoretical and clinical overview. doi: 10.1016/j.arr.2015.07.001.

Kümmel, W. F. (1977): Musik und Medizin. Ihre Wechselbeziehungen in Theorie und Praxis von 800 bis 1800. Karl Alber. ___________________________________________________________________________


Gruppe 3 Arbeitsblatt

Gruppe 3

Musik und Alzheimer

Die Erforschung des Krankheitsbildes Alzheimer zeigte zwei verschiedene Schädigungen des Gehirns durch fehlerhafte Eiweißablagerungen. Sogenannte Senile Plaques sind extrazelluläre Ablagerungen von Beta-Amyloid Proteinen in der grauen Hirnsubstanz. Beta-Amyloid wird durch die Spaltung des APP´s (Amyloid-Vorläuferproteins), ein in Neuronen-Zellwänden natürlich vorkommendes Protein, freigesetzt. Der gesunde Organismus baut dieses Protein im Körper ab. Bei Alzheimer-Patient:innen hingegen wird der Abbau des Beta-Amyloids nicht mehr richtig reguliert, was zu einem Ungleichgewicht, einer zu großen Dosierung des Proteins in der Zelle, führt. Die Proteinansammlungen verklumpen und bilden unlösliche Plaques, welche sich in Teilen der Hirnrinde, dem Isokortex sowie später auch im Hippocampus anlagern.

Der zweite Auslöser für Hirnschädigungen des Krankheitsbildes sind auf die sogenannten Neurofibrillenbündel zurückzuführen. Die Kommunikation zweier Nervenzellen geschieht über das Senden und Empfangen von elektrischen Signalen. Hierbei kommuniziert der Zellkörper über das verbindende Axon zur Synapse. Das Zytoskelett des Axon beinhaltet Mikrotubuli und die diese stabilisierenden Tau-Proteine. Bei einer Alzheimer Erkrankung wird dieses Tau-Protein chemisch verändert und somit fehlerhaft. Es verliert seine stabilisierende Funktion, die interzellulären Mikrotubuli fallen auseinander und das Zytoskelett der Nervenzelle zerfällt. Die losen Tau-Proteine sammeln sich in der Nervenzelle und binden sich dort zu kleinen Gebilden zusammen. Infolgedessen degenerieren die Neuronen, die Anzahl der Synapsen verringert sich zunehmend und die Zellverbindungen gehen verloren. Durch eine enorme Ansammlung der Tau-Proteine entstehen sogenannte Fibrillen. Es handelt sich in diesem Stadium um ein abgekapseltes Neuron, dass nicht mehr über Synapsen erreichbar ist und somit abstirbt. Tau-Fibrillen bilden sich zuerst im Hippocampus, breiten sich jedoch zunehmend aus und führen zu einem im gesamten Hirn nachweisbarem Neuronenverlust. Dieses Schrumpfen des Gehirns hat verschiedenste Funktionsstörungen wie: Gedächtnisprobleme, Sprachschwierigkeiten, Erkennungsprobleme und Probleme der Gestik zur Folge, die als Symptome der Alzheimer Erkrankung bekannt sind.

Bei einer Erkrankung an Alzheimer breiten sich die Proteine Beta-Amyloid und Tau unterschiedlich schnell im Gehirn aus. Das Zentrum des Hörens ist bei diesem Krankheitsbild glücklicherweise erst sehr spät betroffen. Empfängt das Gehirn das Signal eines Höreindrucks, wird dieser im Hirnstamm aufgenommen, mehrfach umgeschaltet, in den seitlichen Schleifenkörper und dann auch auf die Großhirnrinde des Schläfenlappens geleitet. Auf der Großhirnrinde des Schläfenlappens wird der musikalische Eindruck gefärbt. Zeitgleich wird die Information der wahrgenommenen Musik an die Gedächtnisstrukturen des Hippocampus weitergegeben. Dort findet die Vernetzung der Musik, die wir hören, mit Emotionen, die wir empfinden, statt. Dies ist ein sehr individueller autobiographischer Prozess. Ein Patient assoziiert eine bestimmte Erinnerung mit einer bestimmten Musik. Durch diese positiven Erinnerungen durch Musik ist es möglich, die kognitiven Defizite eines Patienten zu verbessern und zu aktivieren. So können bereits für verschlossen geglaubte Hirnareale und Informationen über den Patienten wieder aktiviert werden.  


1) Lest den Text aufmerksam durch und beantworte folgende Fragen:

  • Welche zwei verschiedenen Hirnschädigungen sind bei einer Alzheimer Erkrankung bekannt?
  • Beschreibe in eigenen Worten, wie sich das Krankheitsbild im Gehirn abzeichnet.
  • Warum ist es möglich, durch das Hören von Musik die kognitiven Fähigkeiten von Alzheimer Patient:innen zu verbessern?

2) Fasst eure wichtigsten Ergebnisse in der Gruppe in einer kurzen PowerPoint-Präsentation zusammen (ca. 3-5 Folien).


3) Präsentiert eure Ergebnisse der Klasse.



Quellen: El Haj, M., Antoine, P., Nandrino, J. L., Kapogiannis, D. (2015): Autobiographical memory decline in Alzheimer’s disease, a theoretical and clinical overview. doi: 10.1016/j.arr.2015.07.001.

Alzheimer: Eine dreidimensionale Entdeckungsreise, 2013, https://www.youtube.com/watch?v=paquj8hSdpc. (letzter Zugriff am 10.07.22)


Ergebnissicherung

Die Ergebnissicherung findet vor allem durch die Gruppen-Präsentationen statt.

Stellt eure Ergebnisse im Plenum vor.


Zum Abschluss dürfen die Schüler:innen in einer kurzen Gruppenarbeitsphase (10min) über ihre persönlichen Erfahrungen mit autobiographischen Erinnerungen berichten.

Findet euch wieder in euren Gruppen zusammen und stellt euch gegenseitig eigene autobiographische Erinnerungen vor, die ihr mit einem bestimmten Musikstück/Song/Geruch/Bild verbindet.


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