Wendepunkte des 20. Jahrhunderts/Fritz Bauer

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Generalstaatsanwalt Fritz Bauer

Generalstaatsanwalt Fritz Bauer, Unbekannter Fotograf, Lizenz: gemeinfrei , via Wikimedia Commons.


Fritz Bauer

Autorin: LF

Der deutsche Jurist Fritz Bauer (16. Juli 1903 bis 01. Juli 1968) arbeitet nach Kriegsende als hessischer Generalstaatsanwalt in Frankfurt am Main und setzt sich für Kriegsverbrechen der Nationalsozialisten ein. Er leitet die Auschwitz-Prozesse (1963-65) ein und ist an der Ergreifung des Holocaust-Organisators Adolf Eichmann (1960) beteiligt.


Biografie – Das Leben von Fritz Bauer

Fritz Bauer wurde am 16. Juli 1903 in Stuttgart als Sohn von liberal-jüdischen Eltern geboren. Im Jahr 1920 wurde er Mitglied in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und von 1921 bis 1928 studierte er in Heidelberg, München und Tübingen Rechts- und Wirtschaftswissenschaften. 1927 erlangte er seinen Doktortitel und im Februar 1928 legte er die Staatsprüfung ab. Anschließend wurde er im Amtsgericht von Stuttgart Gerichtsassessor. Im Jahr 1930 wurde er mit 26 Jahren der jüngste Amtsrichter Deutschlands und war Mitgründer des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“, das von der SPD, der Deutschen Zentrumspartei und der Deutschen Demokratischen Partei gegründet wurde.


1933 wurde Bauer von den Nationalsozialisten aus dem Staatsdienst entlassen und in das Konzentrationslager Heuberg gebracht. Nach acht Monaten wurde Bauer noch im selben Jahr aus der Haft entlassen. Drei Jahre später floh er aus Deutschland wegen politischer und religiöser Gründe und emigrierte nach Dänemark. Von der dänischen Polizei wurde er wegen des Verdachts auf homosexuelle Kontakte observiert und verhört. Nach der Besetzung Dänemarks 1940 wurde Bauer zweimal wieder inhaftiert, aber nach kurzer Zeit wieder freigelassen. Anschließend lebte er zwei Jahre in der Illegalität, da er untergetaucht war. Am 4. Juni 1943 heiratete er die dänische Kindergärtnerin Anna Maria Petersen in Kopenhagen.


Er floh mit seinen Angehörigen am 13. Oktober nach Schweden, damit diese und er nicht deportiert wurden. Dort war er als Mitglied in mehreren politischen Gruppen wie dem „Internationalen Wirtschaftspolitischen Arbeitskreis“, dem „Arbeitsausschuss deutscher antinazistischer Organisationen“ sowie dem „Freien Deutschen Kulturbund“ aktiv. Seine finanzielle Existenz wurde durch ein Stipendium des Stockholmer Sozialwissenschaftlichen Instituts gesichert.

In Stockholm gründeten Willy Brandt und Bauer die Zeitschrift „Sozialistische Tribüne“, die als Organ der sozialdemokratischen Partei im Exil angesehen wurde.


Bauer ging nach Kriegsende zurück nach Dänemark und lebte dafür weitere vier Jahre, da er von der amerikanischen Besatzungsmacht für einen Posten im Staatsdienst abgelehnt wurde. In den vier Jahren war er in der Preis- und Monopolabteilung des Handelsministeriums tätig. Danach arbeitete er mit an der Entnazifizierung deutscher Flüchtlinge und bei der deutschsprachigen Zeitschrift „Deutsche Nachrichten“, die ihren Sitz in Kopenhagen hatte.


1949 wurde Bauer von dem damaligen SPD-Vorsitzenden Kurt Schumacher nach Deutschland berufen und trat in Braunschweig eine Stelle als Landgerichtsdirektor an. Seine Ehefrau blieb in Dänemark. Im dortigen Oberlandesgericht wurde Bauer 1950 Generalstaatsanwalt und befasste sich mit Verfahren, die den Unrechtsstaat der Nationalsozialisten und die Folgen behandelten. Für Bauer stand die Bestrafung der Angeklagten, aber vor allem die Schaffung eines demokratischen Rechtsbewusstseins im Vordergrund.


Im Jahr 1952 fand der erste richtungsweisende Prozess statt und zwar der Remer-Prozess. Dieser Prozess erregte internationales Aufsehen und führte zu positiven Berichten der Medien gegenüber des NS-Widerstandes. Bauer hatte sich für ein neues Demokratieverständnis eingesetzt und war Mitherausgeber der Zeitschrift „Die neue Gesellschaft“. Zusätzlich unterstützte er die Zeitschrift „Die kritische Justiz“, die von jungen Juristen veröffentlicht wurde.


1956 wurde Bauer zum hessischen Generalstaatsanwalt in Frankfurt am Main ernannt und setzte sich für die juristische Aufarbeitung von NS-Verbrechen ein. Im Jahr 1960 wurde Adolf Eichmann durch einen Hinweis und Bauers Recherche in Argentinien aufgespürt und in Israel zum Tode verurteilt. Der Eichmann-Prozess, der 1961 in Jerusalem stattfand, weckte bei vielen Deutschen das Bedürfnis nach Aufklärung über die deutsche Vergangenheit. Bauers Beteiligung an Eichmanns Festnahme wurde erst zehn Jahre nach seinem Tod bekannt. Am 28. August 1961 gründete Bauer mit Alexander Mitscherlich, ein deutscher Arzt und Psychoanalytiker, die Bürgerrechtsbewegung „Humanistische Union“.


Während Eichmanns Festnahme bekam Bauer eine Liste mit den Namen von SS-Männern, die maßgeblich an der Erschießung in Auschwitz beteiligt waren. Vom Dezember 1963 bis zum August 1965 wurde eine Hauptverhandlung im Auschwitz-Prozess abgehalten, die der Höhepunkt der Verfolgung von NS-Verbrechen durch die deutsche Justiz war. Nach dem Auschwitz-Prozess untersuchte Bauer einen weiteren Prozess gegen NS-Juristen. Dieser fand jedoch nicht mehr statt, da Fritz Bauer am ersten Juli 1968 tot in seiner Badewanne aufgefunden wurde. Er hatte am Abend zuvor Schlaftabletten und Alkohol zu sich genommen und dies hätte zu einem Herzversagen geführt. Jedoch wurde die Ursache des Todes nie bestätigt.


Am 6.sechsten Juli fand anschließend die Trauerfeier statt. Im Jahr 1995 wurde das „Fritz Bauer Institut“ von Hessen, Frankfurt und dem Förderverein „Fritz Bauer Institut e. V.“ gegründet. Das „Fritz Bauer Institut“ behandelt die Geschichte und Wirkung des Holocaust.


Remer-Prozess (1952)

Der rechtsextreme Generalmajor a. D. Otto Ernst Remer (1912-1997) wurde am 7. März 1952 von Generalstaatsanwalt Fritz Bauer wegen übler Nachrede angeklagt. Remer sprach drei Tage vor der Landtagswahl in Niedersachsen, die am 03. Mai 1951 stattfand, in einer Wahlkampfrede für die sozialistische Partei über den Putschversuch der Widerstandskämpfer vom 20. Juli 1944. Er beschimpfte Claus Schenk Graf von Stauffenberg und die Widerstandskämpfer als „Landes- und Hochverräter“. Fritz Bauer argumentierte, dass der Widerstand keinen solidarischen Eid gebrochen hätte, da die NS-Diktatur ein Unrechtsstaat gewesen sei und somit „nicht hochverratsfähig“. Daraufhin verurteilte das Gericht Remer zu einer Haftstrafe von drei Monaten. Er floh jedoch vor Haftantritt ins Ausland.


Eichmann-Prozess (1961)

Der SS-Führer Adolf Eichmann (1906-62) lebte nach 1950 mit seiner Familie unter dem Namen Ricardo Klement in Buenos Aires, Argentinien. Im Jahr 1957 gab Lothar Hermann, der in Argentinien lebte, Fritz Bauer den Hinweis, dass sich Adolf Eichmann in Argentinien aufhielt. Bauer nahm Kontakt zum damaligen Mossad-Chef Harel auf. Doch Harel stellte die Ermittlungen 1958 aufgrund einer fehlenden zweiten Quelle ein. Fritz Bauer wollte nicht aufgeben und fand schließlich eine zweite Quelle. Danach reiste Bauer wieder nach Israel und führte weitere Besprechungen mit Regierungsvertretern und Geheimdienstlern des Mossad. Eichmann wurde am 11. Mai 1960 vom israelischen Geheimdienst festgenommen und nach Israel gebracht. Der Prozess fand vom April bis Dezember 1961 statt und Adolf Eichmann wurde zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde in der Nacht zum 1. Juni 1962 vollstreckt.




Auschwitz-Prozess (1963-65)

Generalstaatsanwalt Fritz Bauer erhielt im Herbst 1958 eine Liste des Journalisten Thomas Gnielka mit den Namen des SS-Personals, das an der Erschießung in Auschwitz beteiligt warenwar. Im Jahr 1959 veranlasste Bauer, dass die Zuständigkeit für alle begangenen Strafen in Auschwitz auf das Landesgericht in Frankfurt übertragen werden. Die Staatsanwaltschaft recherchierte die Straftaten zwei Jahre lang vor Ort. Durch polnische Akten wurden Informationen gesammelt. Im Juli 1961 fand schließlich die erste gerichtliche Voruntersuchung statt. Die Hauptverhandlung begann am 20. Dezember 1963 und endete am 19. August 1965. Insgesamt gab es 22 Angeklagte und 360 Zeugen, davon 211 Auschwitz-Überlebende und 54 vormalige Angehörige der SS in Auschwitz.

Die meisten Angeklagten erhielten ein mildes Urteil wegen „Beihilfe zum Mord“, aber sechs Angeklagte wurden zu lebenslangen Zuchthausstrafen wegen Mordes verurteilt. Der Angeklagte Stark, damals noch 19 Jahre alt, erhielt eine zehnjährige Jugendstrafe. Der Prozess löste in der Gesellschaft den Drang nach weiterer Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit aus, denn nie zuvor wurde in einem deutschen Verfahren ausführlicher über Auschwitz berichtet.



„Aber man muss sich hierbei bewusst machen, dass ja diese Prozesse nicht der Rache und Vergeltung dienen. Für uns ist hier der Gedanke entscheidend, im Prozess die Vergangenheit durchsichtig zu machen und einen Beitrag zur deutschen Geschichte zu leisten. Hierin liegt für mich der tiefe Sinn all dieser Prozesse.“

(Fritz Bauer: "Warum Auschwitz-Prozesse?", in: Neutralität. Kritische Zeitschrift für Kultur und Politik, Jg. 2 (1964/65), H. 6–7 S. 9).



Welche Relevanz hat Fritz Bauer für die Gegenwart?

Autor: KD

Fritz Bauers Handlungen Erfolge haben alle vor vielen Jahren stattgefunden, man denkt sich in dem Moment natürlich, dass er keine Relevanz für die Gegenwart spielen würde, jedoch ist dies falsch. Fritz Bauer half nämlich unteranderem bei der Entnazifizierung deutscher Flüchtlinge und im Jahre wurde Bauer zum Generalstaatsanwalt erklärt und konzentrierte sich auf das Verfahren, das den Unrechtstaat der Nationalsozialisten und dessen Folgen bearbeitete. Sein großes Verlangen war sowohl die Bestrafung der Angeklagten als auch die Schaffung eines demokratischen Rechtsbewusstseins.

Im Jahr 1960 wurde der deutsche SS-Obersturmbannführer Otto Adolf Eichmann durch einen Hinweis und durch die Recherche Fritz Bauers in Argentinien ausfindig gemacht und zum Tode verurteilt. Fritz Bauer war es möglich an eine Liste mit Namen der Personen, die maßgeblich an der Erschießung in Auschwitz beteiligt waren, gelangen und man konnte somit die restlichen „Verbrecher“ aufsuchen und verurteilen.

Die Relevanz von diesen Handlungen ist, dass er enorm dazu beigetragen, dass die Verbrecher der NS-Zeit ergriffen und verurteilt wurden, wobei es ohne Ihn wohlmöglich einen anderen Weg eingeschlagen hätte.

Was ich damit ausdrücken möchte ist, dass er für die Gegenwart einen großen Baustein gelegt hat, indem er sich für das Bestrafen der „NS-Verbrecher“ engagierte, das dann wiederrum zu einer Ablehnung der damaligen NS-Ideologie geführt hat, die man bis heute noch spüren kann.


Quellenverzeichnis


Google-Suche: "Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold Gründer", gelesen: 26.03.2020


Geschichte des 1. Frankfurter Auschwitz-Prozesses (1963–1965), http://www.auschwitz-prozess-frankfurt.de/index.php?id=146, gelesen: 26.03.2020


Eimermacher, Stefanie, Biografie Fritz Bauer, Lebendiges Museum Online (LeMO), gelesen: 19.03.2020


Remer-Prozess 1952, Fritz-Bauer-Archiv, gelesen: 26.03.2020


Fröhlich, Claudia, Remer, Otto Ernst, Lexikon der politischen Strafprozesse, 2016, gelesen: 26.03.2020


Schmit, Franz-Josef, Späte Anerkennung für die Enttarnung Adolf Eichmanns. Zur Geschichte des deutschen Juden Lothar Herrmann aus Quirnbach, Alemannia-Judaica gelesen: 26.03.2020


Eckelmann, Susanne, Rüdiger, Mark, Biografie Adolf Eichmann,Lebendiges Museum Online (LeMO), gelesen: 26.03.2020


Maier-Bode, Sine, Fritz Bauer, Planet-Wissen, 2019, gelesen: 26.03.2020