Wendepunkte des 20. Jahrhunderts/Italien

Aus ZUM Projektwiki
1968 international: Italien

Autor: ZZ

1968 war der Höhepunkt einer Bewegung, die internationalen Charakter annahm. Die Bewegung richtete sich gegen die ideologischen Systeme im Westen und Osten. Die Proteste im Westen, hatten ihren Ursprung aufgrund des Vietnamkrieges, des Wettrüsten im Kalten Krieg, die Folgen der Wirtschaft auf die Gesellschaft, die Konsumgesellschaft und die mit ihr verbundene Umweltverschmutzung sowie die Benachteiligung der Frauen in der Gesellschaft. Obwohl die Bewegung der 68er als international gekennzeichnet wird, hat jede Nation die Bewegung unterschiedlich gehandhabt, auch so Italien.

Poltische Hintergründe

Seit 1948 regierte die ’’Democrazia Christiana’’ in Rom. Die PCI (’’Partido Comunista Italiano’’) war die stärkste kommunistische Partei eines westeuropäischen Landes. Aufgrund der damaligen Außenpolitischen Lage (Kalter Krieg) wurde die Partei systematisch von der Macht ferngehalten. Deshalb gab es in dieser Zeit nur Verschiebungen der Macht innerhalb der ’’Democrazia Christiana’’. Dies führte zu einem Gefühl der politischen Ausgeschlossenheit in Teilen des Volkes. 1962/63 gab es eine Machtbeteiligung an die Sozialisten, um die Kommunisten zu isolieren. Durch die leichte Öffnung der ’’Democrazia Christiana’’ nach links wurden die Kommunisten eingedämmt.


Wirtschaftliche- und Soziale Hintergründe

Italien schaffte es in den zwei Jahrzenten nach dem zweiten Weltkrieg sich von einem Agrar-zu einem Industrieland zu entwickeln. Dadurch gab es eine kulturelle Entwurzelung großer Bevölkerungsteile durch Arbeitsimmigration vom Süden in den Norden. Es entwickelte sich ein Unbehagen in der Bevölkerung, in Folge des Ausschlusses dieses wirtschaftlichen Aufschwunges. Es gab einen starken Anstieg an Arbeitern und auch an Schülern, der die Schulen und Universitäten nicht kommen gesehen haben. Das damalige Bildungssystem war immer noch faschistisch geprägt. Es gab eine Verdopplung von Mitgliedern im kommunistischen Studentenverband. Durch den Sprung der Anzahl an Studenten und Arbeitern gab es einen großen Anteil der Bevölkerung, die von der Elite nicht ganz akzeptiert wurde, aber sich selbst auch nicht zum Proletariat zuordnen wollte. Für diese Menschen gab es in der Gesellschaft noch keine soziale Rolle. Diese Bevölkerungsschicht kann mit dem heutigen Mittelstand verglichen werden.


Proteste

1960 gab es Demonstrationen in Genua von Hafenarbeitern, früheren Widerstandskämpfern, Studenten und Jugendlichen gegen einen Kongress des neofaschistischen ’’Movimento Sociale Italiano’’. Die Polizei griff hart ein, was zu einer landesweiten Welle an Protesten führte. Zu dieser Zeit entstand eine neue Gesellschaftstheorie, der Operaismus. In dieser Gesellschaftstheorie befinden sich Bürger in einer Gesellschaft ohne Parteien und ohne hierarchische Strukturen. Die Protestanten fanden Gefallen an dieser Theorie und sie wurde zu einer Inspiration und zum Gegenstand der Proteste. Durch das Beteiligen der Sozialisten 1962/63 und die damit verbundenen Reformen des Schul-und Universitätswesen wurden starke Hoffnungen der Bevölkerung empfunden, dies beschleunigte die Bewegung im Jahr 1968.


Auswirkungen der Proteste

Die Proteste der 68er haben zum ’’Statuto dei Lavoratori’’ vom Mai 1970 beigetragen. Diese Erlassungen  erschwerten die Entlassungen und regelte dadurch Mitbestimmung und Streikrecht. Die Proteste haben auch zu einem Stärken der Gewerkschaften, häufigen Streikwellen und periodisch wiederkehrenden Studentenprotesten geführt. Einige Menschen behaupten auch die seit damals hohe Staatsverschuldung Italiens sei eine Folge der Proteste. Aber auch gesellschaftlich haben die Proteste Auswirkungen. Die Ehescheidung und das Abtreibungsrecht wurden seit damals in Italien etabliert. Es wurde seit damals auch viele neue Themen zur politischen Agenda, wie zum Beispiel Pazifismus, Umwelt oder Feminismus.


Quellen

DAS LANGE 68 von Stefan v. Kempis


Die Arbeiter und "1968" in West- und Südeuropa von Gerd-Rainer Horn


Tiefer Graben


[https://www.fr.de/politik/feudalistische-zeiten-11586605.html Feudalistische Zeiten

Aureliana Sorrento]