Algorithmische Vorurteile

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Algorithmische Voreingenommenheit: Ursachen, Folgen und Lösungsansätze Künstliche Intelligenz (KI) und maschinelles Lernen versprachen einst, menschliche Entscheidungen objektiver zu machen. Doch die Realität zeigt ein komplexeres Bild: Anstatt Vorurteile zu eliminieren, neigen algorithmische Systeme oft dazu, bestehende gesellschaftliche Ungleichheiten zu reproduzieren und zu verstärken. Dieses Phänomen, bekannt als algorithmischer Bias, ist selten das Ergebnis böswilliger Absicht. Vielmehr handelt es sich um ein emergentes Problem, das aus scheinbar harmlosen Mustern der Informationsverarbeitung entsteht, wenn eine KI von durch Menschen geschaffenen, historisch voreingenommenen Daten lernt.1

Die Wurzeln des Problems: Daten und Proxys Die Hauptursache für algorithmischen Bias liegt in den Trainingsdaten. Wenn ein KI-Modell mit Daten trainiert wird, die historische oder systemische Ungerechtigkeiten widerspiegeln, lernt es diese als Norm und wendet sie auf zukünftige Entscheidungen an.2 Ein zentrales Dilemma ist hierbei das sogenannte „Proxy-Problem“. Selbst wenn sensible Merkmale wie Ethnie oder Geschlecht explizit aus den Daten entfernt werden, finden Algorithmen oft „Proxy-Attribute“ – scheinbar neutrale Merkmale wie Postleitzahlen oder frühere Kaufentscheidungen, die stark mit den geschützten Merkmalen korrelieren. Auf diese Weise kann ein System indirekt diskriminieren, ohne das sensible Merkmal jemals direkt zu verwenden.1

Reale Konsequenzen: Fallstudien der Diskriminierung Die Auswirkungen von algorithmischem Bias sind weitreichend und in vielen kritischen Bereichen dokumentiert: Justiz: Der in den USA eingesetzte COMPAS-Algorithmus zur Vorhersage von Rückfallquoten stufte schwarze Angeklagte fast doppelt so häufig fälschlicherweise als „hochriskant“ ein wie weiße Angeklagte. Gleichzeitig wurden weiße Angeklagte, die später rückfällig wurden, deutlich öfter fälschlicherweise als risikoarm eingestuft.3 Personalwesen: Ein von Amazon entwickeltes KI-Rekrutierungstool musste eingestellt werden, nachdem sich herausstellte, dass es Bewerberinnen systematisch benachteiligte. Das System hatte aus zehn Jahren überwiegend männlicher Bewerberdaten gelernt, Lebensläufe abzuwerten, die Wörter wie „women's“ enthielten.3 Gesundheitswesen: Ein weit verbreiteter Algorithmus, der den zusätzlichen Pflegebedarf von Patienten vorhersagen sollte, bevorzugte weiße Patienten erheblich. Der Grund war die fehlerhafte Annahme, dass Gesundheitsausgaben ein direkter Indikator für den Gesundheitsbedarf seien. Da schwarze Patienten historisch bedingt im Schnitt weniger Geld für Gesundheit ausgaben, schätzte der Algorithmus ihren Bedarf fälschlicherweise als geringer ein.3

Wege zur Lösung: Technische und gesellschaftliche Ansätze

Die Bekämpfung von Bias erfordert einen mehrschichtigen Ansatz. Auf technischer Ebene gibt es drei Hauptstrategien 2: Pre-Processing: Die Trainingsdaten werden vor dem Training bereinigt, indem beispielsweise unterrepräsentierte Gruppen höher gewichtet (Reweighting) oder durch synthetische Daten ergänzt werden. In-Processing: Fairness-Kriterien werden direkt in den Lernalgorithmus integriert, sodass das Modell während des Trainings aktiv auf Fairness optimiert wird. Post-Processing: Die Ergebnisse eines bereits trainierten Modells werden nachträglich angepasst, um faire Ergebnisquoten über verschiedene Gruppen hinweg zu gewährleisten. Diese technischen Lösungen stoßen jedoch an Grenzen, da „Fairness“ selbst kein einheitliches Konzept ist. Es gibt über 20 verschiedene statistische Fairness-Metriken (z. B. demografische Parität, Chancengleichheit), die oft im Widerspruch zueinander stehen. Die Entscheidung, welche Metrik priorisiert wird, ist keine technische, sondern eine ethische und kontextabhängige Abwägung.4 Letztlich erfordert die Bewältigung von algorithmischem Bias eine Kombination aus technischen Werkzeugen, branchenweiten Standards und durchdachter Regulierung. Die Entwicklung fairer KI ist keine einmalige Aufgabe, sondern ein kontinuierlicher Prozess, der Transparenz, Rechenschaftspflicht und die Einbeziehung verschiedener gesellschaftlicher Akteure erfordert.4 Referenzen Algorithmic Bias - PhilSci-Archive, Zugriff am Juli 7, 2025, https://philsci-archive.pitt.edu/17169/1/Algorithmic%20Bias.pdf Mitigating AI Bias Strategies and Best Practices - AST Consulting, Zugriff am Juli 7, 2025, https://astconsulting.in/ai-bias/mitigating-ai-bias AI Bias: 10 Real AI Bias Examples & Mitigation Guide - Crescendo.ai, Zugriff am Juli 7, 2025, https://www.crescendo.ai/blog/ai-bias-examples-mitigation-guide Fairness in machine learning: Regulation or standards? | Brookings, Zugriff am Juli 7, 2025, https://www.brookings.edu/articles/fairness-in-machine-learning-regulation-or-standards/