Gymnasium Marktbreit/Wissenschaftswoche 2025/11cDeutsch

Aus ZUM Projektwiki

Sind Frauen in der Literaturanfertigung diskriminiert?

Autogrammstunde einer Schriftstellerin in England

Einleitung

Autorinnen wurden über Jahrhunderte hinweg in der Literaturproduktion und -rezeption strukturell benachteiligt. Gesellschaftliche Normen, philosophische Theorien und institutionelle Schranken führten dazu, dass Frauen vom Zugang zu Bildung, Verlagen und literarischer Anerkennung oft ausgeschlossen waren. Werke von Frauen galten als emotional, trivial oder nicht „kanonfähig“ und wurden von der Literaturkritik entsprechend abgewertet.

Diese Seite beleuchtet die historischen und gesellschaftlichen Ursachen dieser Diskriminierung, typische Merkmale weiblicher Schreibweisen sowie die Rezeption sogenannter Frauenliteratur. Grundlage dafür sind u. a. Erkenntnisse der feministischen Literaturwissenschaft sowie das Buch Frauen Literatur von Nicole Seifert.

Der Artikel wurde im Rahmen einer Wissenschaftswoche von zwei Schülern des Gymnasiums Marktbreit verfasst und dient der Sichtbarmachung weiblicher Perspektiven in der Literaturgeschichte


Die Forschungsfrage des Themas lautet:

Wie beeinflussen gesellschaftliche Rahmenbedingungen das Schreiben von Autorinnen im historischen Vergleich. In wie fern unterscheiden sich weibliche Schreibweißen und wie wird weibliche Literatur von der Literaturkritik aufgenommen?

Frauenliteratur

Frauenliteratur bezeichnet literarische Werke, die entweder von Frauen verfasst wurden oder sich vorrangig mit weiblichen Lebensrealitäten, Erfahrungen und Perspektiven beschäftigen. Der Begriff ist historisch und gesellschaftlich geprägt und wurde teils zur Abwertung, teils zur Sichtbarmachung weiblichen Schreibens verwendet.

Begriffsgeschichte

Der Begriff entstand im 19. und 20. Jahrhundert im Kontext gesellschaftlicher Geschlechterrollen und feministischer Bewegungen. Ursprünglich diente er häufig dazu, Werke von Autorinnen von der „allgemeinen“ – meist männlich dominierten – Literatur abzugrenzen. Dies geschah oft mit wertender Konnotation: Frauenliteratur galt als gefühlsbetont, häuslich, unpolitisch und nicht „Kanon fähig“. [1] Der Begriff „Frauenliteratur“ wird außerdem von Feministen oft als problematisch dargestellt, da er häufig im Kontext „nur für Frauen“ verwendet wird. [2]

Merkmale

Typische Themen der Frauenliteratur sind:

  • weibliche Sozialisation, Bildung und Erziehung,
  • Rollenbilder, Ehe und Mutterschaft,
  • weibliche Selbstbestimmung und Identitätsfindung,
  • Kritik an patriarchalen Strukturen,

Die literarische Form war häufig durch äußere Beschränkungen beeinflusst. Viele Autorinnen begannen mit Briefen oder Briefromanen, da andere literarische Gattungen als unangemessen für Frauen galten. [3]

Historischer Vergleich

Bereits im 18. Jahrhundert schrieben Frauen, allerdings meist anonym oder unter männlicher Schirmherrschaft. Ein frühes Beispiel ist:

  • Sophie von La Roche, die 1771 mit Geschichte des Fräuleins von Sternheim den ersten in Deutschland veröffentlichten Roman einer Frau schrieb. Ihr Werk erschien mit einem Vorwort ihres Cousins Christoph Martin Wieland, der das Buch als „nützliche Unterhaltung“ für Frauen, aber nicht als „Kunst“ einordnete. Der Roman thematisiert weibliche Bildung und Lebensentwürfe und inspirierte u. a. Goethes Die Leiden des jungen Werther.
  • Bettina von Arnim (1785–1859) verband in ihren Werken Politik, Religion, gesellschaftliche Fragen und weibliches Denken. Ihr berühmter Briefroman Goethes Briefwechsel mit einem Kinde (1835) zeigt, wie Frauen Literatur schufen, die sich nicht nur an andere Frauen richtete, sondern auch intellektuelle Diskurse prägte.[3]

Weibliches Schreiben war lange auf häusliche, zwischenmenschliche und emotionale Themen beschränkt. Der Zugang zu gesellschaftlichen, politischen oder intellektuellen Diskursen war durch strukturelle Barrieren limitiert. [4] Heutzutage sind die Chancen für Frauen in der Literatur deutlich größer. So meinte die Kinder- und Jugendbuchautorin Barbara Rose, dass Verlage sich immer häufiger mit "Geschlechter verbindlichen Themen" zum Beispiel Geschichten über Fußball, Ritter oder gar Actiongeschichten zu den weiblichen Autorinnen wenden. "Ich schrieb eine Geschichte mit Drachen und Rittern [...]. Ich finde es schön, da hauptsächlich Männer bei solchen Themen gefragt werden", so Rose. [5]

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen

Im deutschsprachigen Raum war weibliches Schreiben über Jahrhunderte hinweg durch rechtliche und soziale Strukturen eingeschränkt. Die sogenannte Geschlechtscharaktertheorie des 18. Jahrhunderts – vertreten durch Philosophen wie Immanuel Kant, Johann Gottlieb Fichte und Wilhelm von Humboldt – konstruierte eine binäre und hierarchische Geschlechterordnung:

  • Männer: rational, aktiv, öffentlich
  • Frauen: emotional, passiv, häuslich

Diese Theorien stützten eine gesellschaftliche Ordnung, in der Frauen der Zugang zu Bildung, Öffentlichkeit und kultureller Teilhabe verwehrt blieb. Ihre Rolle wurde auf Haus, Familie und Moralwahrung reduziert – begründet durch Biologie, Religion und gesellschaftliche Konvention.

Einzelne Stimmen wie Friedrich Schlegel, Friedrich Schleiermacher oder Theodor Gottlieb Hippel kritisierten diese Strukturen früh. Hippel bezeichnete die gesellschaftliche Unterdrückung von Frauen als kulturell verursacht und forderte ihre Bildung und berufliche Gleichstellung. [6]

Rahmenbedingungen für Autorinnen treten jedoch immer noch in einem großen Spektrum auf. Hierzu gab die Kinderbuchautorin Fr. Rose in einem Interview Stellung. Sie sprach über die Verwendung von Pseudonymen, unter welchen Sie selbst schrieb um besser bei bestimmten Verlagen und Lesern anzukommen. Außerdem bemängelte sie die schlechte Vernetzung in den Anfangszeiten ihrer Kariere. "Werke kamen besser an, weil er ein Mann war". Mit diesen Worten beantwortete sich die Frage, warum sie unter einem Pseudonym schrieb. [7]

Rezeption von Frauenliteratur durch die Literaturkritik

Die Literatur von Autorinnen wurde über Jahrhunderte hinweg systematisch abgewertet. Bereits Sophie von La Roches Roman erschien nur dank ihres Cousins Christoph Martin Wieland, der das Werk mit einem Vorwort versah, in dem er betonte, dass es sich nicht an Männer richtet und es keine „Kunst im männlichen Sinne“ sei, sondern „nützliche Unterhaltung“ für Frauen. [8]

Diese Argumentationslinie – dass Frauenliteratur lediglich für Frauen sei und damit weniger bedeutend – prägte die Literaturkritik bis ins 20. und 21. Jahrhundert. Werke von Autorinnen wurden häufig als:

  • trivial,
  • emotional oder
  • nicht „universell“ genug

bezeichnet. Diese Zuschreibungen wirkten sich negativ auf die Aufnahme in literarische Kanons aus. Erst feministische Bewegungen und Autorinnen forderten eine systematische Neubewertung weiblicher Literatur und die Korrektur jahrhundertelanger Kanon Ausschlüsse. Literaturwissenschaftlerinnen wie Nicole Seifert machen deutlich, dass die Abwertung weiblicher Literatur nicht auf literarischer Qualität beruht, sondern auf jahrhundertelanger kultureller Marginalisierung. [9] Im Interview mit Barbara Rose äußerte sie, dass Rezensionen heutzutage stark von sozialen Median, wie beispielsweise "BookTok" oder Buchbloggern geprägt werden. [10]

Es wird von der Gesellschaft erwartet, dass weibliche Schriftstellerinnen sich, trotz Unabhängigkeit und großem Erfolg, an Gesellschaftliche Normen halten.

So wurde beispielsweise die Französische Autorin Francoise Sagan im Jahre 1954 Opfer jener Normen. Sie erlaubte sich durch ihren Erfolg ein aufgewecktes Leben, für Männer zu dieser Zeit nichts untypisches, jedoch für Frauen. Ihre Art zu Leben empörte Frankreich und verschlechterte zudem ihren Ruf als Schriftstellerin extrem. Zumal wurden ihre Werke als auch welche Themen sie anspricht bzw. mit welcher Art sie diese Behandelt aufs schärfste kritisiert. [11]

Das ideale Bild der Frau in der Gesellschaft existiert jedoch schon viel Länger. So wurde eine Geschlechtscharaktertheorie bereits im 18. Jahrhundert von Philosophen wie Immanuel Kant oder Wilhelm von Humboldt entwickelt. Laut dieser seien Männer und Frauen zwei komplette Gegensätze und nicht miteinander vereinbar. Darauf basierten weiterführend Biologie und Medizin. Hierdurch wurde die Frau systematisch aus der Öffentlichkeit verbannt und ans Haus bzw. ihren Gatten gefesselt. [12]

#frauenzählen ist ein Forschungsprojekt zur Sichtbarkeit von Frauen im deutschsprachigen Literaturbetrieb, initiiert von der AG DIVERSITÄT im Literaturbereich. Die 2018 veröffentlichte Pilotstudie „Sichtbarkeit von Frauen in Medien und im Literaturbetrieb“, durchgeführt mit dem Institut für Medienforschung der Universität Rostock, analysierte 2.036 Literaturkritiken aus 69 deutschen Medien.

Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Unterrepräsentation von Autorinnen: Zwei Drittel der besprochenen Bücher stammen von Männern, männliche Kritiker schreiben überwiegend über männliche Autoren, und Werke von Männern erhalten im Schnitt mehr Aufmerksamkeit. Nur im Kinder- und Jugendbuchbereich herrscht Geschlechterparität.

Das Projekt strebt an, strukturelle Ungleichheiten im Literaturbetrieb sichtbar zu machen und langfristig für mehr Geschlechtergerechtigkeit zu sorgen.[13]

Literaturen gegen die Diskriminierung von Autorinnen

  • Nicole Seifert: Frauen Literatur – Köln 2021, Einige Herren sagten etwas dazu - 2024 --> Inhalt: Wie Autorinnen in der der Geschichte Diskriminiert werden. [14]
  • Marcel Reich-Ranicki: Frauen dichten anders - Bonn 1998 --> Inhalt: Die Schreibweiße von Frauen im Vergleich zu Männern. [15]
  • Teresa Reichl: Muss ich das gelesen haben? - Innsbruck-Wien 2023 --> Inhalt: Wie eine Literaturrevolte entstehen könnte. [16]

Quellen

  1. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021)
  2. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021, S.63ff.)
  3. 3,0 3,1 (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021, S.69f.)
  4. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021)
  5. (Quelle: Interview mit Barbara Rose, 9.7.25)
  6. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021, S.68f.)
  7. (Quelle: Interview mit Barbara Rose, 9.7.25)
  8. (Quelle: Frauen Literatur von Nicole Seifert, 2021, S.70f.)
  9. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021, S.63ff.)
  10. (Quelle: Interview mit Barbara Rose, 9.7.25)
  11. (Quelle: Frauen Literatur von Nicole Seifert S.131 ff.)
  12. (Quelle: Frauen Literatur von Nicole Seifert S.68 ff.)
  13. (Quellen: http://www.xn--frauenzhlen-r8a.de/)
  14. (Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Nicole_Seifert_(Autorin)# )
  15. (Quellen: Marcel Reich-Ranicki – Wikipedia)
  16. (Quellen: Muss ich das gelesen haben? - Haymon Verlag)

Fr. Barbara Rose:

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Barbara Rose -> Kinder- und Jugendbuch Autorin