Gymnasium Marktbreit/Wissenschaftswoche 2025/11cDeutsch

Aus ZUM Projektwiki

Sind Frauen in der Literaturanfertigung vernachlässigt?

Autogrammstunde einer Schriftstellerin in England

Hauptberuflich Schüler, dass sind wir am Gymnasium Marktbreit. Jedoch wird an jenem Ort nicht immer nur der Unterricht von dem Lehrer geführt, sondern müssen sich die Schüler der elften Klassen eine Woche lang selbst über gewisse Themenbereiche informieren, um am Ende der Woche eine Präsentation über besagtes Thema halten zu können.

So sieht es auch mit diesem Blog aus, welcher aus dem Deutschkurs von Frau Werner entstanden ist. Die Aufgabe des Kurses ist es, die Figur der Frau in der Literatur zu deuten, erklären und darüber zu informieren.

Im folgenden sehen sie einen Wissenschaftlich fundierten Blog über die Rolle der Frau in der Literatur.

Die Forschungsfrage des Themas lautet:

Wie beeinflussen gesellschaftliche Rahmenbedingungen das Schreiben von Autorinnen im historischen Vergleich, in wie fern unterscheiden sich weibliche Schreibweißen und wie wird weibliche Literatur von der Literaturkritik aufgenommen?

Frauenliteratur

Frauenliteratur bezeichnet literarische Werke, die entweder von Frauen verfasst wurden oder sich vorrangig mit weiblichen Lebensrealitäten, Erfahrungen und Perspektiven beschäftigen. Der Begriff ist historisch und gesellschaftlich geprägt und wurde teils zur Abwertung, teils zur Sichtbarmachung weiblichen Schreibens verwendet.

Begriffsgeschichte

Der Begriff entstand im 19. und 20. Jahrhundert im Kontext gesellschaftlicher Geschlechterrollen und feministischer Bewegungen. Ursprünglich diente er häufig dazu, Werke von Autorinnen von der „allgemeinen“ – meist männlich dominierten – Literatur abzugrenzen. Dies geschah oft mit wertender Konnotation: Frauenliteratur galt als gefühlsbetont, häuslich, unpolitisch und nicht „Kanon fähig“. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021)

Merkmale

Typische Themen der Frauenliteratur sind:

  • weibliche Sozialisation, Bildung und Erziehung,
  • Rollenbilder, Ehe und Mutterschaft,
  • weibliche Selbstbestimmung und Identitätsfindung,
  • Kritik an patriarchalen Strukturen.

Die literarische Form war häufig durch äußere Beschränkungen beeinflusst. Viele Autorinnen begannen mit Briefen oder Briefromanen, da andere literarische Gattungen als unangemessen für Frauen galten. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021)

Historische Entwicklung

Bereits im 18. Jahrhundert schrieben Frauen, allerdings meist anonym oder unter männlicher Schirmherrschaft. Ein frühes Beispiel ist:

  • Sophie von La Roche, die 1771 mit Geschichte des Fräuleins von Sternheim den ersten in Deutschland veröffentlichten Roman einer Frau schrieb. Ihr Werk erschien mit einem Vorwort ihres Cousins Christoph Martin Wieland, der das Buch als „nützliche Unterhaltung“ für Frauen, aber nicht als „Kunst“ einordnete. Der Roman thematisiert weibliche Bildung und Lebensentwürfe und inspirierte u. a. Goethes Die Leiden des jungen Werther.
  • Bettina von Arnim (1785–1859) verband in ihren Werken Politik, Religion, gesellschaftliche Fragen und weibliches Denken. Ihr berühmter Briefroman Goethes Briefwechsel mit einem Kinde (1835) zeigt, wie Frauen Literatur schufen, die sich nicht nur an andere Frauen richtete, sondern auch intellektuelle Diskurse prägte.

Im 20. Jahrhundert begannen feministische Bewegungen, weibliches Schreiben systematisch zu erforschen. Die Literaturwissenschaft richtete verstärkt den Blick auf Autorinnen, die lange ignoriert oder als zweitrangig bewertet worden waren. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021)

Rezeption

Frauenliteratur wurde lange von der Literaturkritik abgewertet. Häufig galt sie als emotional, trivial oder nicht universell genug. Solche Vorurteile wirken teilweise bis heute nach. Trotz gesellschaftlicher Fortschritte ist „Frauenliteratur“ weiterhin eine Kategorie, die nicht selten mit Vorbehalten behandelt wird.

Literaturwissenschaftlerinnen wie Nicole Seifert machen deutlich, dass die Abwertung weiblicher Literatur nicht auf literarischer Qualität beruht, sondern auf jahrhundertelanger kultureller Marginalisierung. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021)

Feministische Perspektive

Aus feministischer Sicht ist Frauenliteratur nicht nur eine literarische Kategorie, sondern ein politischer Ausdruck von Selbstermächtigung. Sie dient dazu, weibliche Stimmen sichtbar zu machen und die männlich dominierten Kanon Strukturen zu hinterfragen. Ein zentrales Anliegen ist es, vergessene oder verdrängte Autorinnen wieder in den literarischen Diskurs einzugliedern. Der Begriff „Frauenliteratur“ wird von Feministen oft als problematisch dargestellt, da er häufig im Kontext „nur für Frauen“ verwendet wird. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021)

Literatur

  • Nicole Seifert: Frauen Literatur – Abgewertet, vergessen, wiederentdeckt. Kiepenheuer & Witsch, Köln 2021.
  • Gisela Brinker-Gabler: Frauenliteratur – Begriff und Geschichte. Metzler, Stuttgart 1988.
  • Elizabeth Boa: Women and the Bildungsroman. In: *The Cambridge Companion to the German Novel*, Cambridge University Press, 2004. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021)

Gesellschaftliche Rahmenbedingungen und historische Beschränkungen

Im deutschsprachigen Raum war weibliches Schreiben über Jahrhunderte hinweg durch philosophische, rechtliche und soziale Strukturen eingeschränkt. Die sogenannte Geschlechtscharaktertheorie des 18. Jahrhunderts – vertreten durch Philosophen wie Immanuel Kant, Johann Gottlieb Fichte und Wilhelm von Humboldt – konstruierte eine binäre und hierarchische Geschlechterordnung:

  • Männer: rational, aktiv, öffentlich
  • Frauen: emotional, passiv, häuslich

Diese Theorien stützten eine gesellschaftliche Ordnung, in der Frauen der Zugang zu Bildung, Öffentlichkeit und kultureller Teilhabe verwehrt blieb. Ihre Rolle wurde auf Haus, Familie und Moralwahrung reduziert – begründet durch Biologie, Religion und gesellschaftliche Konvention.

Einzelne Stimmen wie Friedrich Schlegel, Friedrich Schleiermacher oder Theodor Gottlieb Hippel kritisierten diese Strukturen früh. Hippel bezeichnete die gesellschaftliche Unterdrückung von Frauen als kulturell verursacht und forderte ihre Bildung und berufliche Gleichstellung. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021)

Weibliche Schreibweisen im historischen Kontext

Da Frauen oft von klassischer Bildung ausgeschlossen waren, konnten sie zunächst vor allem im privaten Raum schreiben. Briefe galten als akzeptierte Form weiblicher Kommunikation und boten einen literarischen Einstieg. Die Autorin Virginia Woolf bezeichnete den Brief deshalb als „Schule der schreibenden Frauen“.

Ein typisches Genre weiblicher Autorschaft im 18. Jahrhundert war der Briefroman. Ein frühes Beispiel ist:

  • Sophie von La Roche, deren Werk Geschichte des Fräuleins von Sternheim (1771) als erster veröffentlichter Roman einer Frau in Deutschland gilt. Der Roman thematisiert weibliche Lebenswege, Erziehung und Moral. La Roche nutzte persönliche, emotionale und soziale Perspektiven – Merkmale, die später als „typisch weiblich“ bewertet wurden.

Weibliches Schreiben war lange auf häusliche, zwischenmenschliche und emotionale Themen beschränkt. Der Zugang zu gesellschaftlichen, politischen oder intellektuellen Diskursen war durch strukturelle Barrieren limitiert. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021)

Rezeption von Frauenliteratur durch die Literaturkritik

Die Literatur von Autorinnen wurde über Jahrhunderte hinweg systematisch abgewertet. Bereits Sophie von La Roches Roman erschien nur dank ihres Cousins Christoph Martin Wieland, der das Werk mit einem Vorwort versah, in dem er betonte, es richte sich nicht an Männer und sei keine „Kunst im männlichen Sinne“, sondern „nützliche Unterhaltung“ für Frauen.

Diese Argumentationslinie – dass Frauenliteratur lediglich für Frauen sei und damit weniger bedeutend – prägte die Literaturkritik bis ins 20. und 21. Jahrhundert. Werke von Autorinnen wurden häufig als:

  • trivial,
  • emotional oder
  • nicht „universell“ genug

bezeichnet. Diese Zuschreibungen wirkten sich negativ auf die Aufnahme in literarische Kanons aus. Erst feministische Bewegungen und Autorinnen wie Virginia Woolf, Elfriede Jelinek oder Nicole Seifert forderten eine systematische Neubewertung weiblicher Literatur und die Korrektur jahrhundertelanger Kanon Ausschlüsse. (Quelle: Nicole Seifert, Frauen Literatur, 2021)


Welche Bedingungen müssen Schriftstellerinnen einhalten um nicht in eine Schublade gesteckt zu werden?


Es wird von der Gesellschaft erwartet, dass weibliche Schriftstellerinnen sich, trotz Unabhängigkeit und großem Erfolg, an Gesellschaftliche Normen halten.

So wurde beispielsweise die Französische Autorin Francoise Sagan im Jahre 1954 Opfer jener Normen. Sie erlaubte sich durch ihren Erfolg ein aufgewecktes Leben, für Männer zu dieser Zeit nichts untypisches, jedoch für Frauen. Ihre Art zu Leben empörte Frankreich und verschlechterte zudem ihren Ruf als Schriftstellerin extrem. Zumal wurden ihre Werke als auch welche Themen sie anspricht bzw. mit welcher Art sie diese Behandelt aufs schärfste kritisiert. (Quelle: Frauen Literatur von Nicole Seifert S.131 ff.)

Das ideale Bild der Frau in der Gesellschaft existiert jedoch schon viel Länger. So wurde eine Geschlechtscharaktertheorie bereits im 18. Jahrhundert von Philosophen wie Immanuel Kant oder Wilhelm von Humboldt entwickelt. Laut dieser seien Männer und Frauen zwei komplette Gegensätze und nicht miteinander vereinbar. Darauf basierten weiterführend Biologie und Medizin. Hierdurch wurde die Frau systematisch aus der Öffentlichkeit verbannt und ans Haus bzw. ihren Gatten gefesselt. (Quelle: Frauen Literatur von Nicole Seifert S.68 ff.)

#frauenzählen ist ein Forschungsprojekt zur Sichtbarkeit von Frauen im deutschsprachigen Literaturbetrieb, initiiert von der AG DIVERSITÄT im Literaturbereich. Die 2018 veröffentlichte Pilotstudie „Sichtbarkeit von Frauen in Medien und im Literaturbetrieb“, durchgeführt mit dem Institut für Medienforschung der Universität Rostock, analysierte 2.036 Literaturkritiken aus 69 deutschen Medien.

Die Ergebnisse zeigen eine deutliche Unterrepräsentation von Autorinnen: Zwei Drittel der besprochenen Bücher stammen von Männern, männliche Kritiker schreiben überwiegend über männliche Autoren, und Werke von Männern erhalten im Schnitt mehr Aufmerksamkeit. Nur im Kinder- und Jugendbuchbereich herrscht Geschlechterparität.

Das Projekt strebt an, strukturelle Ungleichheiten im Literaturbetrieb sichtbar zu machen und langfristig für mehr Geschlechtergerechtigkeit zu sorgen.(Quellen: http://www.xn--frauenzhlen-r8a.de/)

Im deutschsprachigen Raum war die Rolle der Frau lange Zeit durch philosophische und wissenschaftliche Theorien normiert. Philosophen wie Immanuel Kant, Johann Gottlieb Fichte und Wilhelm von Humboldt entwickelten im 18. Jahrhundert die sogenannte Geschlechtscharaktertheorie. Diese Theorie stellte Frauen und Männer als naturgegebene Gegensätze dar – z. B. Gefühl vs. Verstand, Passivität vs. Aktivität, Haus vs. Öffentlichkeit. Frauen wurden durch ihre „körperliche Konstitution“ und „Gebärfähigkeit“ auf das Private, Häusliche reduziert und von Bildung, Öffentlichkeit und kultureller Teilhabe ausgeschlossen. Nur vereinzelt traten Denker wie Friedrich Schlegel, Friedrich Schleiermacher und Theodor Gottlieb Hippel für die Bildung und gesellschaftliche Gleichstellung der Frau ein. Hippel erkannte die kulturelle – nicht biologische – Ursache weiblicher Unterdrückung und forderte eine Öffnung aller Berufsfelder für Frauen.