Psychologie im Umweltschutz/Aufmerksamkeit: Bewegt klimagerechte Sprache Menschen dazu, aktiv zu werden, ohne in erlernte Hilflosigkeit zu fallen?

Aus ZUM Projektwiki


1. Einleitung

Wenn man an den Mineralöl- und Erdgas-Giganten Shell denkt, dann schwebt einem wahrscheinlich das Bild einer gelb-roten Tankstelle mit großem Shell-Logo vor Augen sowie die Tatsache, dass Shell Unmengen von Mineralöl und Erdgas überall auf dem Erdball fördert. Überraschend ist es deshalb zu hören, dass Shell nach eigenen Forschungen bereits im Jahre 1986 um die Folgen des steigenden CO2-Ausstoßes wusste, einen öffentlichen Diskurs zu dem Thema anstoßen wollte und dabei den Begriff „Klimawandel“ etablierte (Dönges, 2020). Dieser Diskurs findet nun seit Jahren endlich statt, doch heute haben Shell und vergleichbare Unternehmen kein großes Interesse mehr an einem Stopp der Erdgas- und Mineralölförderung und versuchen stattdessen medial, den Klimawandel herunterzuspielen.

In Zeiten, in denen es in der öffentlichen Diskussion vor allem bei populistischer Rhetorik um die Wortgewandtheit des Einzelnen geht und nicht mehr hauptsächlich um Fakten (Uhlmann, 2021), muss ein Weg gefunden werden, wichtige Themen wie dieses, wortgewandt und zielführend in das Bewusstsein der Menschen zu holen. Ein Instrument dafür könnte die Einführung einer Terminologie sein, die den aktuellen Zustand des Klimas akkurat darstellt. Zusätzlich sollten Expert*innen, Politiker*innen und Medien einen Wortschatz verwenden, der hilft, diesem globalen Problem aktiv entgegenzutreten. Nach dem britischen The Guardian hat nun auch die deutsche taz einen Begriff für diesen Wortschatz eingeführt: Er nennt sich „klimagerechte Sprache“ (The Guardian, 2019; taz Talk, 2020).

Das Ziel klimagerechter Sprache ist, Menschen aus ihrer dem Klimawandel gegenüber erlernten Hilflosigkeit  herauszuholen, also ihrer “Ein-anderer-wird"s-schon-machen”- oder ihrer “Ich-kann-eh-nichts-ändern-Mentalität”. Stattdessen soll die klimagerechte Sprache das Aktiv-werden unterstützen. Der Planet geht nach und nach zugrunde, wenn jeder nur in der erlernten Hilflosigkeit stecken bleibt, anstatt dem Problem aktiv entgegenzuwirken. Es  ist wichtig zu wissen, welche Wörter Menschen dazu bewegen, proaktiv zu handeln und welche entgegengesetzt auf Menschen wirken. Dies untersucht die folgende Studie, indem sie unterschiedliche Begrifflichkeiten der Thematik Umwelt und Klima auf ihre Wirkung testet.

2. Theoretischer Hintergrund

Im Folgenden wird auf den theoretischen, sowie den definitorischen Hintergrund der Studie eingegangen, sowie auf ähnliche und verwandte Forschungen. Ebenso werden die Fragestellungen und Hypothesen erläutert und begründet.

2.1 Thematische Einordnung und Definitionen

2.1.1 Umweltkommunikation, Framing und Klimagerechte Sprache

Da sich diese Studie mit der Verwendung von klimagerechter Sprache beschäftigt, wird diese zunächst im Themenbereich Umweltkommunikation eingeordnet und die damit verbundenen Begrifflichkeiten definiert.

Das Forschungsfeld Umweltkommunikation stellt sich der Herausforderung, die globale Thematik der Umwelt und der Natur für den einzelnen Menschen bedeutsamer zu machen. Da die Gedanken und Informationen zur Umweltproblematik über Massenmedien, private Gespräche, Bücher und private Institutionen vermittelt werden, gibt es laut Michelsen (2001) für den Begriff keine eindeutige Definition. Michelsen (2001) nutzt zur Definition die drei Handlungsfelder Umweltbildung, Umweltberatung und Umweltöffentlichkeitsarbeit bzw. Umweltjournalismus. Insbesondere die Aufgaben und damit verbundenen Maßnahmen des Umweltjournalismus sind für das Verständnis der klimagerechten Sprache ausschlaggebend. Das Ziel des Umweltjournalismus ist es, Informationen fachlich und verständlich aufzubereiten sowie Vertrauen und Zustimmung aufzubauen, um ein bestimmtes Verhalten zu erzielen (Michelsen, 2001).

Zur zielführenden Umsetzung der Umweltkommunikation muss zunächst die Wirkung von Medien auf die Einstellungen und das “public engagement” des Rezipienten zur Kenntnis genommen werden. Im Fokus der Wirkungsforschung in der Wissenschaftskommunikation steht die Wahrnehmung von Wissenschaft und die damit verbundene individuelle Einstellungsbildung. Hierbei geht es um die Verhaltensänderung des Einzelnen. Ein bedeutender Effekt auf der Mikroebene der Kommunikationsforschung ist der Framing-Effekt (Metag, 2017). Scheufele (2004) definiert „Frame“ als ein Interpretationsmuster, welches eine sinnvolle Einordnung von Informationen und die damit verbundene Verarbeitung ermöglicht, wobei Framing bestimmte Aspekte einer Realität in den Vordergrund stellt. Die Definition und Bewertung von Problemen und deren Ursachen, bringen Handlungsempfehlungen mit sich und werden von Entmann (1993) als Elemente des Framings bezeichnet. Medien-Frames, also Frames im Kontext von Medien, entstehen zum einen durch Journalist*innen, die einen Sachverhalt in einem bestimmten Rahmen („Frame“) darstellen, und zum Anderen bringen Rezipient*innen beim Interpretieren der entsprechenden Wörter der Informationen eigene Frames mit ein (Matthes & Kohring, 2008). Die Grundidee von Kühne (2013) beschreibt die Beeinflussung von Einstellungen der Rezipienten durch Emotionen, welche aus der kognitiven Verarbeitung von Medien-Frames resultieren. Emotionen entstehen durch emotionsspezifische Einschätzungsmuster wie zum Beispiel die individuelle Einordnung des zentralen Aspekts eines Problems, die Schuldzuweisung oder die persönliche Bewertung und Zuschreibung der Lösungskompetenz.

Um die “richtigen” (oder gewünschten) Emotionen mittels Medien-Framing auszulösen, hat  die taz die klimagerechte Sprache eingeführt (Schäfer, 2020). Prof. Dr. Thorsten Schäfer, ein Journalist der taz, der als der Erfinder der klimagerechten Sprache in Deutschland zählt, empfiehlt hierbei der Redaktion, bestimmte Begriffe bei der Klimaberichterstattung (taz, 2020). Ob und welche Effekte durch diese und ähnliche Begrifflichkeiten entstehen, soll in dieser Studie untersucht werden.


2.1.2 Umweltbewusstsein und Umweltverhalten

Zum Verständnis der Studie müssen die Konstrukte “Umweltbewusstsein” und “Umweltverhalten” definiert werden.

De Haan und Kuckartz (1996) unterteilen "Umweltbewusstsein" in ihrem Modell in die drei Komponenten Umweltwissen, Umwelteinstellung und Umweltverhalten. Der Begriff Umweltbewusstsein ist aus der Überzeugung entstanden, dass eine effektive Umweltpolitik und eine umfangreiche öffentliche Unterstützung notwendig sind, um die problematische Umweltsituation zu verbessern (Fietkau, 1991). Somit wird laut Fietkau (1991) die Sorge um die natürliche Umwelt  als Umweltbewusstsein definiert.

Die erste Komponente - Umweltwissen - wird als die Kenntnis einer Person über alle Aspekte, welche die Umwelt betreffen, bezeichnet (De Haan & Kuckartz, 1996). De Haan und Kuckartz (1996) bezeichnen Umwelteinstellung zum einen als die emotionalen Beziehungen wie Angst, Empörung und Zorn, und zum anderen als die Werthaltung bezüglich der gegenwärtigen Umweltzustände. Zusätzlich beinhaltet diese eine Handlungsbereitschaft zur Verbesserung der Umweltverhältnisse.

Umweltverhalten, die dritte Komponente, definieren De Haan und Kuckartz (1996) als die tatsächliche Umsetzung von umweltfreundlichem Verhalten im Alltag. Fietkau und Kessel (1979, zitiert nach Neugebauer, 2004) konkretisieren Umweltverhalten als freiwillige Handlungen, also ohne Druck und ohne Kontrolle von außen. Zudem werden Vielschichtigkeit und Heterogenität von umweltbewusstem Verhalten betont (Neugebauer, 2004). Die Unterscheidung beim Umweltverhalten zwischen individuellen Handlungen, wie die Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel, und den politischen Aktivitäten, beispielsweise der Bürgerbeteiligung bei städtebaulichen Planungen, stellen Fietkau und Kessel (1979, zitiert nach Neugebauer, 2004) heraus. Umweltverhalten wird als Resultat von “rational choice” in der ökonomischen Verhaltenstheorie beschrieben, wohingegen die Soziologie dieses Verhaltensmuster als Teilbereich eines bestimmten Lebensstils bezeichnet (Kuckartz, 2013).

Verhaltensveränderungen im Umweltverhalten sind laut Kuckartz (2013) beispielsweise in bestimmten Bereichen des Konsumverhaltens oder im Abfallverhalten zu erkennen. Es gibt jedoch keinen Zusammenhang zur Umwelteinstellung und zum Umweltwissen einer Person. Demnach gibt es keine empirisch nachgewiesene Wirkungskette von Wissen, Einstellung und Verhalten im Kontext Umwelt (Kuckartz, 2013). Weitere Forschungen zum Umweltverhalten werden in Kapitel 2.2. aufgezeigt.

2.1.3 Proaktives Handeln und erlernte Hilflosigkeit

Das Verhalten, welches aus der Umweltkommunikation resultiert, wurde in dieser Studie mit den zwei Endszenarien “proaktives Handeln” und “Erlernte Hilflosigkeit” untersucht.

Hüttges und Fay (2017) definieren proaktives Verhalten im beruflichen Kontext als die positive Beeinflussung des beruflichen Umfelds durch selbststartende, veränderungs- und zukunftsorientierte Handlungen. Demnach verändert man sich selbst oder das Verhalten in der Umwelt, um eine bestimmte zukünftige Situation zu erreichen. Eine Studie im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA) zeigt, dass bei der Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlage kaum ein Drang zum proaktiven Handeln besteht, sondern vielmehr die Angst, die natürlichen Ressourcen zu verknappen (Institut für ökologische Wirtschaftsforschung et al., 2016).

Seligman (1975, zitiert nach Stiensmeier-Pelster, 2013) hat für ein Phänomen des menschlichen Verhaltens eine Theorie zur erlernten Hilflosigkeit formuliert, in welcher er Hilflosigkeit zunächst als einen erlernten psychologischen Zustand beschreibt. Dieses Verhalten resultiert laut Seligman (1975, zitiert nach Stiensmeier-Pelster, 2013) aus der wiederholten Erfahrung, eine gewisse Situation nicht kontrollieren zu können. Das bedeutet, dass eine Person gelernt hat, einer unkontrollierbaren Situation trotz Bemühungen, nicht entfliehen zu können (Brandenburg, 2014). Eine weitere Studie zur erlernten Hilflosigkeit von Pittman & Pittman (1979, zitiert nach Stiensmeier-Pelster, 2013) zeigt, dass ein hohes Ausmaß der Unkontrollierbarkeit sich negativ auf die Stimmung der Versuchspersonen auswirkt. Brandenburg (2014) beschreibt eine entstehende Erwartungshaltung gegenüber der unkontrollierbaren Situation, auf welche man mit Hilflosigkeit und depressiven Verstimmungen reagiert. Warum Menschen manchmal das Gefühl haben, keinen Einfluss auf das Umweltgeschehen zu haben und somit in die erlernte Hilflosigkeit verfallen, wird in Kapitel 2.2 beschrieben.


2.2 Forschungen zu Umwelteinstellungen

Um die Zusammenhänge und die Unterschiede von Umwelteinstellung und Umweltverhalten zu verstehen, ist es nötig, diese vorab voneinander abzugrenzen. De Haan & Kuckartz (1996) definieren Umweltwissen als die gesamten Informationen einer Person über Umwelt und Natur. Darunter fallen auch Trends, Entwicklungen und Denkmuster im Kontext von Umwelt. Des Weiteren fassen sie unter Umwelteinstellungen Emotionen und Werthaltungen, die sich unter der potenziellen Handlungsbereitschaft subsumieren lassen. Wie diese Konstrukte zusammenhängen, insbesondere Umwelteinstellung und Umweltverhalten, ist sehr umstritten. Ergebnisse vieler Studien sind oft eher ernüchternd: „In zahlreichen umweltpsychologischen Untersuchungen ist festgestellt und bestätigt worden, dass umweltgerechtes Verhalten fast nie mit der Umwelteinstellung zusammenhängt.“ (Gutscher et al. 2000; de Haan & Kuckartz, 1998, S. 22; Pongratz, 1992, S. 115; Diekmann & Preisendörfer, 2001, S. 114 zitiert nach Wendt & Görgen, 2017, S.68). Ein Grund dafür könnten kognitive Dissonanzen sein, wie etwa der Anspruch umweltbewusst zu handeln und der Wunsch zu Reisen.

Neugebauer (2004) versucht jedoch, die Diskrepanz zwischen Umweltbewusstsein und Umweltverhalten aufzulösen. Sie führt Argumente an, wie die fehlende Wahrnehmung des Widerspruchs von Bewusstsein und Verhalten, die Normalisierung von Wohlstand und luxuriösen Lebensweisen und die eingeschränkten Möglichkeiten von Handlungsspielräumen im Alltag. So mag beispielsweise eine Person gewillt sein, mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Arbeit zu fahren, aber der Arbeitsplatz ist nicht an das öffentliche Verkehrsnetz angeschlossen (Neugebauer, 2004, S. 33). Ein interessantes Ergebnis von De Haan und Kuckartz (1996) ist, dass Wissen und Verhalten mit 0,61 und Einstellung und Verhalten mit 0,59 bei Mitgliedern in Umweltorganisationen korrelierten, was deutlich höher ist als bei der Durchschnittsbevölkerung (De Haan und Kuckartz, 1996 zitiert nach Wendt & Görgen, 2017 S. 69). Demnach führt ein erhöhtes Umweltbewusstsein automatisch zu einem umweltfreundlichen Verhalten.

2.2.1 Einflussfaktoren

Das Umweltbundesamt (UBA) hat die Einstellungen von Menschen zur Umwelt (1971- 2019) analysiert und versucht, die Schwankungen zu erklären. Trends zeigen, dass die Wahrnehmung der Problematik des Umweltschutzes von 1986 bis 2016 deutlich abgenommen hat (Schipperges, 2020). Umweltschutz wurde von knapp 30% der Befragten im Jahre 1986 als eines der wichtigsten Probleme Deutschlands genannt. In 2016 lag der Wert schon unter 4% (Forschungsgruppe Wahlen FGW nach Schipperges, 2020). Laut UBA lässt sich der deutlich höhere Wert in der Mitte der achtziger Jahre durch die Reaktorkatastrophe im Jahr 1986 in Tschernobyl erklären (Schipperges, 2020).  Eine andere Studie (1984-2017), die sich mit der Problemwahrnehmung in Deutschland beschäftigt, fand heraus, dass sich noch über 50% der Teilnehmer große Sorgen um den Umweltschutz machten (SOEP nach Schipperges, 2020). Mit der Ausnahme von historisch bedingten Ereignissen (wie zum Beispiel Tschernobyl 1986, Wiedervereinigung 1989, der Film „Eine unbequeme Wahrheit” 2007 – welcher in Deutschland zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Thema Klimawandel führte), pendelte sich die Zahl der Menschen, die sich große Sorgen um den Umweltschutz machten, zwischen 2008 und 2017 auf rund 30% ein (Schipperges, 2020). Auch hier ist eine deutliche Abnahme für das Bewusstsein der Problematik zu erkennen, auch wenn der tatsächliche Verlauf des Problems „Umweltschutz und Klimawandel“ doch diametral dazu verläuft (Beobachteter Klimawandel, 2013).

2.3 Framing und Klimagerechte Sprache

Abgesehen von historischen Ereignissen, welche das Bewusstsein der Menschen periodisch wachzurütteln scheinen, ist ein weiterer wichtiger Einflussfaktor auf das menschliche Verhalten - und somit auch auf das Verhalten im Kontext Umwelt - die Sprache. In einer Studie von Tversky und Kahneman (1981) sollten sich die Probanden vorstellen, es sei eine neuartige Krankheit ausgebrochen, bei der es zwei medikamentöse Behandlungsoptionen gebe. Bei der ersten Option würden 200 Personen gerettet und 400 Personen sterben. Bei der zweiten Option hingegen würden alle Personen mit einer Wahrscheinlichkeit von 1/3 gerettet werden und mit einer Wahrscheinlichkeit von 2/3 sterben. Zusätzlich wurde randomisiert, ob der sprachliche Fokus auf der Zahl der geretteten oder auf der Zahl der versterbenden Menschen liegen sollte. Nun sollten die Probanden entscheiden, mit welcher Behandlungsmethode sie fortfahren wollten. Das Ergebnis zeigte, dass sich bei einem doch gleichen Erwartungswert beider Optionen die Entscheidung der Versuchspersonen je nach Fokus der Darstellung veränderte. Wurde der Fokus der Formulierung auf den Verlust von Menschenleben gelenkt (Verlustframing), so wählten die Probanden überwiegend die risikoreichere Strategie (Tversky & Kahneman, 1981). Wurde der Fokus hingegen auf die Zahl der geretteten Menschen gelegt, so wählten die meisten Probanden die „sichere“ Methode (Tversky & Kahneman, 1981). Dies zeigt, dass bereits die unterschiedliche Darstellung eines Sachverhalts oder Problems maßgeblich die Entscheidung des Entscheidungsträgers beeinflussen und manipulieren kann.

Des Weiteren fand Davis (1995, S.296) heraus, dass verlustbehaftete Nachrichten zu einem höheren Interesse unter den Teilnehmern führten, als gewinnorientierte Nachrichten, sowie auch zu einer höheren Bereitschaft, sich zukünftig umweltbewusster zu verhalten.

In einer Studie von Bertolotti und Catellani (2014) wurde konkret der Zusammenhang von Sprache und Umweltverhalten untersucht. Sie zeigten, dass die Teilnehmer eine höhere Zustimmungsrate zu einer politischen Nachricht über erneuerbare Energien hatten, wenn diese mit einem Fokus auf der Erreichung positiver Ergebnisse anstatt mit einem Fokus auf die Vermeidung negativer Konsequenzen formuliert wurde. Im Widerspruch dazu stellte sich jedoch heraus, dass eine Nachricht über Treibhausgasemissionen überzeugender ist, wenn der Inhalt sich auf die negativen Ergebnisse konzentriert, welche vermieden werden könnten (Bertolotti & Catellani, 2014, S. 483). Zusätzlich untersuchten Bertolotti & Catellani (2014) den Zusammenhang von Sprache und Umweltverhalten in Abhängigkeit von persönlichen Präferenzen in der Formulierung der Nachrichten. Sie stellten fest, dass solche Nachrichten am meisten Zuspruch fanden, wenn diese im von den Teilnehmern präferierten Frame formuliert waren. Die Erkenntnisse von Bertolotti & Catellani (2014) sind jedoch nicht konsistent mit denen von Davis (1995).


2.4 Fragestellung und Hypothesen

Da es in dem Kontext Umwelt und Sprache noch nicht so viele Studien gibt und sich diese auch teilweise widersprechen, ist es umso relevanter, dass in diesem Bereich weiter geforscht wird. Insbesondere ist das Thema klimagerechte Sprache in den Medien wichtig, da diese als zentrale Informationsquelle dienen und sie durch ihre Positionierung die gesellschaftliche Wahrnehmung von Problematiken formen und beeinflussen (Bonfadelli et al., 2017, S. 323).

Aus der zuvor erörterten Studienlage ergibt sich die Fragestellung: „Bewegt klimagerechte Sprache Menschen dazu, aktiv zu werden, ohne in erlernte Hilflosigkeit zu fallen?“. In dieser Studie wird die Hypothese „Durch die Verwendung von klimagerechter Sprache in den Medien bringt man Menschen ins proaktive Handeln“ genauer untersucht und ein empirisch gestütztes Wörterbuch für klimagerechte Sprache entwickelt.


3. Methode

Im Folgenden wird der methodische Aufbau des Fragebogens (3.1), die Durchführung (3.2) und die (3.3) Stichprobe dieser Studie erläutert.


3.1 Fragebogen

Zunächst wird der Aufbau und die Zusammensetzung des Fragebogens beschrieben. Der gesamte Fragebogen kann unter dem Anhang (X) wiedergefunden werden.

Um die aufgestellte Hypothese zu untersuchen wurde ein Fragebogen mit neun Items aufgestellt. Das letzte Item (Anhang X Abbildung schlag mich tot) ist eine Filterfrage und wurde somit nicht von allen Probanden bearbeitet. Bei der Wahl der Wörter wurde sich maßgeblich an den von Schäfer (2020) diskutierten Begriffen orientiert. Er führt beispielsweise an, dass „Klimawandel“ einen natürlichen Prozess suggeriere, sowie dass „Klimanotstand“ eine zeitlich begrenzte Situation beschreibt. Zusätzlich wurden noch Begriffe hinzugefügt, welche laut Schäfer (2020) dem klimagerechten Standard nicht entsprechen. Dies ist notwendig, um später in der Auswertung ein klareres Ergebnis zu erzielen, ob das, was als klimagerechte Sprache angesehen wird, auch eine klimagerechte Wirkung erzielt, beziehungsweise ob es überhaupt einen Unterschied in der Wirkung der als klimagerecht angesehen Wörter gibt oder nicht. Die Wörter wurden zusätzlich in vier Gruppen eingeteilt, wobei darauf geachtet wurde, dass ähnliche Wörter nicht zusammen in einer Gruppe verwendet wurden, um gruppenintern eine hohe Diversität an Wörtern zu erzielen und Priming-Effekte zu vermeiden (Eid & Schmidt, 2014). Dieses Item (siehe Anhang X, Abbildung Y) beinhaltet 23 Wörter, welche auf vier Seiten des Fragebogens aufgeteilt sind. Die Probanden konnten über eine siebenstellige Likert-Skala jedes Wort individuell beurteilen, ob es sie eher sich hilflos fühlen ließ oder aber motivierend. ­Ein weiteres Item im Fragebogen war die Bereitschaft, sein Verhalten im Kontext Umwelt zukünftig zu ändern. Dies wurde in den Fragebogen integriert, um den Probanden einen leichten Einstieg in das Thema zu ermöglichen und um eine angemessene Hinführung zur Thematik zu gewährleisten. Unter anderem wurde das Item „Umweltaffekt“ aus einer Studie vom Umweltbundesamt et al. (2020) übernommen, da es sich bereits als reliabel bewährt hat und das Umweltbewusstsein in der Auswertung ebenfalls ein Kriterium darstellen sollte, um die Probanden in Gruppen zu unterteilen. Zusätzlich wurden am Ende des Fragebogens gängige Soziodemografika wie Alter, Geschlecht, Bildungs- und Beschäftigungsgrad abgefragt sowie eine Filterfrage eingefügt. Die Filterfrage bezieht sich darauf, ob der Proband eine Führungsposition in seinem Job innehat oder nicht. Der Filter ließ die Probanden die Frage nur beantworten, wenn dieser in den Soziodemografika angegeben hatte, erwerbstätig zu sein. Das Item wurde dem Fragebogen hinzugefügt, da es in der Auswertung interessant sein könnte zu sehen, ob sich Führungskräfte umweltbewusster verhalten als Angestellte.


3.2 Durchführung

Der erläuterte Fragebogen wurde mit soscisurvey erstellt. Es wurde ein Pretest durchgeführt, um auf Verständlichkeit und Durchführung zu prüfen. Die finale Version des Fragebogens konnte vom 01.12.2020 bis zum 10.12.2020 von Probanden bearbeitet werden. Zur Akquise von Versuchspersonen wurde der Link zum Fragebogen über WhatsApp-Gruppen und Facebook-Gruppen verbreitet.


3.3 Stichprobe

Der Fragebogen wurde insgesamt 300-mal aufgerufen, wovon 119 Probanden den Fragebogen bearbeiteten. Nach der Datenbereinigung von Probanden, welche den Fragebogen unzureichend bearbeitet hatten oder eine unrealistische Bearbeitungszeit aufwiesen, ist ein n = 97 zustande gekommen. Von den 97 gültigen Fällen ergibt sich eine Geschlechterverteilung (siehe Abbildung X) von 68% (weiblich) zu 31% (männlich). 1% der Probanden ist divers.


Abbildung 1: Geschlechterverteilung Versuchspersonen


Bei der Altersverteilung (siehe Abbildung X) ergibt sich ein Mittelwert von 28,9 Jahren. Die Spanne geht von 16 bis 78 Jahren, wobei der Modus mit n = 9 bei 19 und 22 Jahren liegt.


Abbildung 2: Altersverteilung Versuchspersonen


Von den 97 Probanden haben 41% als Beschäftigungsverhältnis (siehe Abbildung X) “Student/in” angegeben. Dann folgt mit 24% das Angestelltenverhältnis.


Abbildung 3: Beschäftigungsverhältnis Versuchspersonen


4. Ergebnisse

Der folgende Abschnitt stellt die Ergebnisse dar, wobei dieser in vier Teile untergliedert wird. Im ersten Teil erfolgt die Überprüfung der Reliabilität des im Fragebogen verwendetet Messinstruments des Umweltbundesamts. Daraufhin wird die Objektivität des Fragebogens überprüft. Im Anschluss erfolgt die Hypothesentestung. Zuletzt werden weiterführende Analysen präsentiert.

4.1 Überprüfung der Reliabilität

Im Fragebogen wurde anhand von sieben Items, die aus dem Messinstrument des Umweltbundesamts et al. (2020) zur Messung von Umweltbewusstsein stammen, die Umwelteinstellung der Probanden erhoben. Zur Prüfung der Reliabilität dieser Items wurde mit Hilfe von PSPP die interne Konsistenz von Cronbachs a = 0.72 berechnet (siehe Tabelle X, Anhang A).

4.2 Überprüfung der Objektivität

Zur Messung der Durchführungsobjektivität wurde untersucht, ob es einen Unterschied in den Antworten der IOS-Betriebssystemnutzer oder den Nutzern anderer Betriebssysteme wie beispielsweise Android oder Windows gibt. Der durchgeführte t-Test zeigt mit einem p-Wert von 0.57 keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen.

4.3 Überprüfung der Hypothese

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, ob klimagerechte Sprache Menschen dazu bewegt aktiv zu werden, ohne in die erlernte Hilflosigkeit zu fallen. In der hier zu untersuchenden Hypothese wurde angenommen, dass man Menschen durch die Verwendung von klimagerechter Sprache in den Medien zu proaktivem Handeln bewegen kann. Zur Überprüfung wurden zunächst die Mittelwerte der einzelnen abgefragten Begriffe wie Klimawandel oder Umweltverschmutzung berechnet (siehe Tabelle X, Anhang A). Um einen Überblick über die erhobenen Mittelwerte zu erlangen, wurde mit Hilfe von PSPP ein Scatterplot (siehe Anhang A, Grafik X) erstellt. Dieser legt folgende Teilung in drei Kategorien nah. In der ersten Kategorie liegen alle Mittelwerte, die kleiner als 3,00 sind. Im mittleren Bereich liegen die Werte zwischen 3,00 und 3,50 und zur letzten Kategorie zählen alle Mittelwerte, die größer als 3,50 sind (siehe Tabelle X, Anhang A). Die 11 Begriffe in der mittleren Kategorie zeigen somit weder eine Tendenz zum Adjektiv „motivierend“ noch zum Adjektiv „hilflos“ und wurden somit als neutral eingestuft.  Besonders hohe Mittelwerte stellen hierbei die „motivierenden“ Begriffe dar, wohingegen die Wörter besonders niedrige Mittelwerte darstellen, die Menschen in ihre erlernte Hilflosigkeit fallen lassen. Hierbei konnten jeweils sechs Begriffe in die beiden Kategorien „motivierend“ und „hilflos“ unterteilt werden, wie die folgende Tabelle zeigt:

Kategorie 1 Kategorie 2
"motivierend" Mittelwert "hilflos" Mittelwert
Klimawandel 3,55 Klimazusammenbruch 2,7
Umweltgefährdung 3,64 Wissenschaftsleugner 2,79
Klimaproblem 3,78 Umweltzerstörung 2,86
Umweltverschmutzung 4,04 Klimanotstand 2,9
Klimaaktivismus 4,48 Klimakatastrophe 2,91
Umweltaktivismus 4,73 Klimaskeptiker 2,95


4.4 Weiterführende Analyse

Da die Umweltkommunikation ein noch junges Forschungsfeld ist und kaum Forschungen zum Thema klimagerechter Sprache existieren, wurden weiterführende Analysen durchgeführt. Mithilfe der Frage “Inwiefern stimmst du den folgenden Aussagen zu” (siehe Anhang A) im Fragebogen, wurde die Umwelteinstellung der Probanden erfasst. Die Versuchspersonen konnten anhand der Mittelwerte in der Umwelteinstellung in drei Gruppen unterteilt werden. Um festzustellen, ob Sprache einen unterschiedlichen Effekt auf besonders umweltbewusste, beziehungsweise nicht umweltbewusste Personen hat, wurden die Versuchspersonen mit einem „neutralen“ Mittelwert von 2,50 bis 3,40 ausgegrenzt. Die Teilnehmer mit einem Mittelwert von 1,80 bis 2,50 gehören hierbei der unteren Randgruppe, also den nicht umweltbewussten Personen, an. Die Grenzen wurden so gesetzt, um zum einen den Fokus auf die Extremgruppen zu legen und zum anderen eine annähernd gleich große Gruppenverteilungen zu erzielen. Die Teilnehmer*innen mit Mittelwerten im oberen Bereich, zwischen 3,50 und 4,50, wurden als umweltbewusst bezeichnet. Zur Durchführung dieser weiterführenden Analyse wurde der  T-Test für unabhängige Stichproben gewählt. Als Voraussetzung für diesen Test gilt eine Normalverteilung der Stichprobe. Das Histogramm in Grafik X (siehe Anhang A) zeigt die näherungsweise Normalverteilung der Stichprobe und ermöglicht somit die Durchführung eines T-Tests. Dieser soll den Unterschied des Effekts der Sprache zwischen umweltbewussten und nicht umweltbewussten Personen messen. Hierbei wurden alle Begriffe untersucht. Da somit 23 T-tests durchgeführt wurden, wurde die Bonferroni-Korrektur vorgenommen, um die Wahrscheinlichkeit, einen Fehler 1. Art zu begehen, zu minimieren.


5. Diskussion Bene

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5.1 Zusammenfassung

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5.2 Limitationen Anna

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5.3 Fazit und Ausblick

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6. Literatur

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7. Anhang

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