Politikunterricht digital gestalten/(Real-)politisches Handeln im digitalen Raum?!

Aus ZUM Projektwiki

Mit dem Thema „(Real-)politisches Handeln im digitalen Raum?!“, wird eine neue Ebene betreten. Man betrachtet die Thematik damit nochmal aus einem neuen Blickwinkel, indem uns digitale Medien/Plattformen/ Tools dabei helfen, in den politischen Raum einzudringen und das sogar viel besser, als das bisher möglich war.

Im folgenden werden zwei digitale Plattformen vorgestellt, zur möglichen Nutzung im Unterricht und wie man diese nutzen könnte, um in Kommunikation mit anderen zu treten. Der Fokus liegt hierbei auf der Echtzeitkommunikation und nicht etwa auf simulative Rollenspiele.

Zuallererst muss der Begriff der "Handlungsorientierung" definiert werden, wenn man über (Real-)politisches Handeln sprechen möchte. Es gibt viele Definition dieses Begriffs. Zwei davon haben es in die engere Auswahl geschafft:

„Handlungsorientierter Unterricht ist ein Konzept von Unterricht und keine Unterrichtsmethode. Innerhalb dieses Konzepts sind alle Lehr- und Lernmethoden anwendbar. Der Schwerpunkt liegt jedoch bei schülerzentrierten Unterrichtsformen, in denen die Schüleraktivitäten im Mittelpunkt stehen.“ [1]

„Handlungsorientierter Unterricht ist ein ganzheitlicher und schüleraktiver Unterricht, in dem die zwischen dem Lehrer und den Schülern vereinbarten Handlungsprodukte die Organisation des Unterrichtsprozesses leiten, so daß Kopf- und Handarbeit der Schüler in ein ausgewogenes Verhältnis zueinander gebracht werden können.“[2]

Es kann also festgehalten werden, dass handlungsorientierter Unterricht zwei Ziele verfolgt:

  1. durch bestimmte Methoden – wie zum Beispiel die Projektarbeit- soll selbstständiges Lernen gefördert werden
  2. Lernende sollen sich für die politische Auseinandersetzung und die politische Meinungsbildung ein individuelles Handlungsrepertoire – wie zum Beispiel Debattieren – aneignen.[3]

Aber bei all den Definitionen die es gibt, führt der Handlungsorientierungsbegriff ein Problem mit sich, nämlich die Ungenauigkeit des Handlungsbegriffs, denn jede Form des menschlichen Daseins kann als Handlung verstanden werden und das kann zu Missverständnis des Konzeptes führen. Sibylle Reinhardt schreibt dazu in ihrem Aufsatz "Handlungsorientierung" wie folgt über das Handeln: „Der Begriff „Handlungsorientierung“ ist im sozialwissenschaftlichen Verständnis problematisch. „Handeln“ bedeutet nach Max Weber ein menschliches Verhalten, mit dem der/die Handelnde einen subjektiven Sinn verbindet; […]. „Handeln“ ist also nach der soziologischen Definition vieles: Es kann monologisches Schweigen sein und es kann auch- didaktisch gesehen- unsinniges Handeln sein. Kontexte, Ziele und soziale Formen sind im Begriff nicht mitgedacht, so dass der Begriff als didaktischer Begriff zu offen und weit ist.“[4] Sie würde den Begriff präzisieren, indem man von demokratischem Handeln in Interaktion spricht. Und das ist eben die Schwierigkeit bei dem Begriff der Handlungsorientierung. Wenn ich mich im Unterricht nicht beteiligen und schweigend auf meinem Stuhl sitze, dann ist es eben auch eine Handlung, ganz gegensätzlich zu dem was Meyer und Bauer definieren.

Die erste digitale Plattform, die im folgenden als mögliches Anwendungsbeispiel im Unterricht vorgestellt wird, ist Instagram. Wie jetzt? Instagram im Unterricht? Das geht doch gar nicht oder doch?

Folgende Fakten sprechen für eine Social Media Plattform wie Instagram:

•Fördert Medienkompetenz

•Hohe Schüler*innenaktivierung/ Adressatenorientierung

•Aktualität/ Anschaulichkeit

•Förderung der Diskussions- und Debattierkultur

•Öffnung nach außen

•Lebensweltbezug/ Lebensraum der Schüler*innen


Über folgende Vorüberlegungen muss sich die Lehrperson Gedanken machen:

•      Wie viele Schüler*innen verwenden in der Klasse Instagram? Macht es Sinn, Instagram als Plattform zu benutzen oder       eher nicht, weil zu wenige dort angemeldet sind?

•      Ein Gemeinschaftskonto anlegen oder soll jeder Schüler*innen selbst mit seinem eigenen Account agieren?

•      Soll das Konto privat oder öffentlich zugänglich sein?

+Vorteil eines privaten Accounts: man kann selbst entscheiden, welche Anfrage man von wem annehmen möchte

-Nachteil eines privaten Accounts: ohne Anfrage kann man die Beiträge des Accounts nicht einsehen, Hashtags sind sinnlos, keine Tragweite

+Vorteil eines öffentlichen Accounts: benutzte Hashtags haben eine gewisse Tragweite à Leute (vielleicht ja auch Politiker*innen?!) werden dadurch aufmerksam und kommentieren die Beiträge

-Nachteil eines öffentlichen Accounts: jeder kann auf das Profil gehen und sich die Beiträge anschauen und kommentieren

•      Eigenen Klassen Instagram Account oder nur für das Fach erstellen, indem die Plattform zur Anwendung kommt? Oder einen Account für die Schule erstellen und dann darauf aktiv werden?

•      Sollen die Schüler*innen ihre eigenen Smartphones/ Tablets benutzen oder stellt die Schule die digitalen Endgeräte?

•      Austausch mit Politiker*innen à DM

•      Kommentieren von Beiträgen à fördert die Handlungsfähigkeit der Schüler*innen

•      Eigene Beiträge,

>Storys: ihr postet Fotos oder Videos, die maximal 24 Stunden lang für eure Follower und ggf. alle anderen Nutzer sichtbar sind und dann verschwinden

>IGTV- Video: Ähnlich wie bei YouTube ist IGTV ein Videoportal, auf dem sich Nutzer eigene Kanäle anlegen können, wenn sie selbst Videos verbreiten wollen.

>Reel: Mit Reels kannst du kurze und unterhaltsame Videos auf Instagram erstellen und entdecken

>Guide: dass sind eigene Unterseiten in eurem Profil die mehrere Beiträge zusammenfassen und um Informationen ergänzt werden können. Ihr könnt es euch vorstellen wie ein Blogbeitrag aus mehreren Instagram Posts

•      Tag der offenen Tür über Instagram veranstalten, Schule vorstellen

•      Schulaccount auch um in Kontakt mit anderen Schüler*innen zu treten und eben diese an Diskussionen in unserer Klasse teilhaben zu lassen

•      Instagram als Suchplattform nutzen für aktuelle politische Beiträge oder Diskussionen à lernen wie und was man in die Suchleiste eingeben muss, damit die gewünschten Beiträge angezeigt werden

Hier noch einige mögliche Beispiele, wie man Instagram im Unterricht anwenden kann:

Einstieg Erarbeitung Sicherung
•Zu Beginn jeder Unterrichtsstunde stellt/ ließt ein SuS einen für sich aktuellen interessanten politischen Beitrag oder Kommentar von Instagram, (inklusive von ihm entwickelten Diskussionsfrage), vor (unabhängig vom aktuellen Unterrichtsthema). Anschließend wird in der Klasse darüber diskutiert. (Vorbereitung zu Hause)

ODER

•Zu Beginn der Stunde haben die SuS 10 min. Zeit sich über die aktuellen politischen Geschehnisse in der Welt per Instagram zu informieren.

Bsp.: Klasse 7 Oberschule Lernbereich : Begegnung mit Recht – Einblick gewinnen in die Kinder- und Menschenrechte: Thema: Möglichkeiten zum Schutz von Kinderrechten durch verschiedene Akteure

•Die SuS sammeln Informationen über das Thema mithilfe von Instagram, Schreiben (wenn sie möchten und sich das zutrauen) Politiker*innen bzw. Organisationen (UNICEF) an, um im Anschluss darüber einen Beitrag oder einen Guide über Kinderrecht zu verfassen.

Eine Gruppe (wechselt wöchentlich) von SuS (2-3 SuS) verfasst zum aktuellen Unterrichtsthema einen Beitrag, inklusive Diskussionsfrage auf Instagram (als Hausaufgabe beispielsweise)à jede Woche ein neuer Beitrag auf dem Account

+Lerntagebuch für die SuS à SuS können sich die Beiträgen immer wieder durchlesen, aktiver Austausch mit Anderen, Förderung der Handlungsfähigkeit.

Und was muss eine Lehrperson beachten, wenn sie Instagram im Unterricht nutzen möchte?

•Urheberrechte

•Datenschutz

•Altersvorgabe

•Basis der Freiwilligkeit

•Beteiligte informieren

•Einverständnis einholen

•Rahmenbedingungen gemeinsam definieren

•Verantwortungsvolle Nutzung beibringen

  1. (Bauer, Hinrich: Handlungsorientiert unterrichten - aber wie? Ein Leitfaden zur Einführung des handlungsorientierten Unterrichts. Köln: Bildungsverlag EINS 1996, S. 9)
  2. (Meyer, Hilbert: Unterrichts- Methoden I. Theorieband. Frankfurt am Main: Cornelsen Scriptor 1994, S. 214)
  3. http://politischebildung.ch/fuer-lehrpersonen/politische-bildung-der-praxis/didaktische-prinzipien-politischer-bildung/bedeutung
  4. (Reinhardt, Sibylle: Handlungsorientierung. In: Handbuch politische Bildung. Hg. von Wolfgang Sander. Frankfurt am Main: Wochenschau Verlag 2014, S.275-283)