Nelly-Sachs-Gymnasium Neuss/Wie interpretiere ich ein Gedicht?/Sprachliche Merkmale interpretieren

Aus ZUM Projektwiki

Die Verwendung von einzelnen Wörtern und Wortarten ist bei Gedichten ganz genau geplant und häufig werden viele unterschiedliche sprachliche Bilder und rhetorische Figuren gebraucht. Beobachtungen zur Sprache werden natürlich nicht um ihrer selbst willen gemacht, sondern sind - genau wie alle anderen Analyseaspekte - immer im Hinblick auf die Aussage, die Wirkung bzw. die Absicht des Gedichts zu interpretieren.

Bei der Gedichterschließung helfen oft folgende Aspekte:

1. Wortfelder: Lassen sich die Wörter im Gedicht bestimmten Wortfeldern

    zuordnen (z. B. Stadt, Natur usw.)?

2. Schlüsselwörter und ihre Bedeutung 3. Verben: Beachte bei der Analyse u.a.: Tempus, Tempuswechsel Aktiv, Passiv, Zustandspassiv Form (Infinitiv, Imperativ, Partizip I und Partizip II) und die jeweiligen Funktionen; - Infinitiv als Grundform des Verbs ggf. mit zu, Infinitivsätze (um zu, ohne zu)

                                    - Imperativ, um jemanden, oft den Leser oder eine bestimmte Lesergruppe  

zu etwas aufzufordern - Partizipien werden oft auch adjektivisch genutzt (z. B. Das gesungene

                          Lied (Part. II)  Das Kind lief lachend zu ihm. (Part. I);
    Modus (Indikativ, Konjunktiv) 
     Wahl der Verben, Verben der Bewegung (springen, laufen), der Ruhe (sitzen,   
                   liegen) und ihre unterschiedliche Wirkung (dynamisch, statisch usw.) 

3. Nomen: Handelt es sich um Abstrakta (Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit)

     Wie werden sie gebraucht, ggf. personifiziert bzw. mit Adjektiven und    
     Attributen genauer gekennzeichnet oder umschreiben?

4. Adjektive: Grundform = Positiv (alt), Komparativ (älter), Superlativ (am ältesten) - Welche Stimmung vermitteln die Adjektive, die adjektivisch gebrauchten Partizipien? - Welche Wertungen werden vorgenommen?

Aufgabenstellungen:

Stefan George : Komm in den todgesagten park (1897, Gedicht des Symbolismus)

Komm in den park und schau: Der schimmer ferner gestade. Der wolken blau Erhellt die weiher und die pfade.

Dort nimm das gelb, das blau Von birken und vom buchs. Der wind ist . Die rosen welken noch nicht ganz Erlese küsse sie und pflicht den kranz.

Vergiss auch diese letzten astern nicht. Den Purpur um die ranken reben. Und auch was übrig blieb von leben Verwinde leicht im gesicht. ¬¬¬¬


Komm in den totgesagten park und schau:

Der schimmer ferner lächelnder gestade. Der reinen wolken unverhofftes blau Erhellt die Weiher und die bunten Pfade.

Dort nimm das tiefe gelb, das weiche blau Von birken und vom buchs. Der wind ist lau. lau: hier als Prädikativum Die späten rosen welken noch nicht ganz Erlese küsse sie und pflicht den kranz.

Vergiss auch diese letzten astern nicht. Den Purpur um die ranken wilden reben. Und auch was übrig blieb von grünem leben Verwinde leicht im herbstlichen gesicht.


1. Vergleiche die erste Fassung des Gedichtes mit der Originalfassung des Gedichtes. Erkläre schriftlich, worin der Unterschied in der Wirkung besteht! 2. Ersetzte beim Lesen die Imperative (Komm, schau usw. ) durch die Personalform (Er kommt , schaut usw.) und achte auf die jeweilige Wirkung! 3. Erkläre abschließend schriftlich, wieso der Dichter bewusst so häufig Imperative verwendet und welche Wirkung die Adjektive und die adjektivisch gebrauchen Partizipien haben! 4. Verwendet der Dichter bildliche Sprache (Vergleiche, Metaphern, Symbol,

    Chiffre)?

5. Welche weiteren rhetorischen Figuren werden verwendet und warum?