Nelly-Sachs-Gymnasium Neuss/Erzählungen: Lebensentwürfe in der Literatur aus unterschiedlichen historischen Kontexten/Die Marquise von O: Unterschied zwischen den Versionen

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==Figurenanalyse Graf F.:==
==Figurenanalyse Graf F.:==
In der Novelle „Die Marquise von O“, welche 1808 von Heinrich von Kleist fertiggestellt wurde, ist Graf F eine der vier Hauptfiguren. Er zeigt sich als mehrdimensionaler, kontrastiv angelegter Charakter, motivisch umgesetzt in der Engels-Teufels-Metaphorik ("Er würde ihr damals nicht wie ein Teufel erschienen sein, wenn er ihr nicht, bei seiner ersten Erscheinung, wie ein Engel vorgekommen wäre" S. 47, Z.30).  
In der Novelle „Die Marquise von O“, welche 1808 von Heinrich von Kleist fertiggestellt wurde, ist Graf F eine der vier Hauptfiguren. Er zeigt sich als mehrdimensionaler Charakter, motivisch umgesetzt in der Engels-Teufels-Metaphorik ("Er würde ihr damals nicht wie ein Teufel erschienen sein, wenn er ihr nicht, bei seiner ersten Erscheinung, wie ein Engel vorgekommen wäre" S. 47, Z.30): Graf F als gefallener Engel (Teufel).  


Neben der Marquise, dem Herrn von G und der Frau von G, ist er der einzige, der nicht zu der italienischen Familie gehört. In der gesamten Erzählung wird nur die Verwandtschaft zu seinem Onkel, General K erwähnt (vgl. S. 15 Z. 19-21). Im Vergleich zu den anderen Charakteren verfügt er also über mehr Freiheiten, da er nicht so eng an die Familie gebunden ist.  
Neben der Marquise, dem Herrn von G und der Frau von G, ist er der einzige, der nicht zu der italienischen Familie gehört. In der gesamten Erzählung wird nur die Verwandtschaft zu seinem Onkel, General K erwähnt (vgl. S. 15 Z. 19-21). Im Vergleich zu den anderen Charakteren verfügt er also über mehr Freiheiten, da er nicht so eng an die Familie gebunden ist.  
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Die Marquise und Graf F kennen sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Deswegen ist es umso erstaunlicher, welche Bemühungen der Graf aufwendet, um die Marquise zu beschützen. Zwar übernimmt der Graf Verantwortung '''für sein Handeln''', indem er die Marquise rettet, reagiert aber selbst triebgesteuert und impulsiv, indem er sie vergewaltigt (vgl. S.14, Z.16f.).Zusätzlich scheint der Graf sehr rücksichtsvoll, gefühlsvoll und sentimental, da er sich stark um das Wohlbefinden der Marquise von O. sorgt (vgl. S.12 Z. 21-26). Allgemein lässt sich sagen, dass der Graf etwas für die Marquise empfindet. So schreibt er ihr wärend er in Neapel ist zwei mal und versucht so Kontakt zu ihr zu behalte (vgl. S.14, Z.18ff). Auch besucht er ihr Haus, sobald er wieder zurück war, in der Hoffnung die Marquise dort anzutreffen. Als er hört was in seiner Abwesenheit passierte, sucht er sie auf und obwohl der Türsteher ihm sagt die Marquise möchte niemanden sehen, geht er trotzen in den Garten um mit ihr zu reden (vgl. S.14-15). Dies zeigt einerseits wie wichtig es ihm ist die Marquise zu heiraten, anderer Seit deutet dies auch auf eine große Hartnäckigkeit und Rücksichtslosigkeit, welche sich auch in seiner Überlegung einfach durch das "zur Seite stehente offene Fenster ein[zu]steigen" (S.15 Z.34-35).Des Weiteren greift er nach ihren Händen und möchte diese küssen, wodurch er nochmals seine Gefühle für die Marquise zum Ausdruck bringt (vgl. S.12, Z.37f).
Die Marquise und Graf F kennen sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Deswegen ist es umso erstaunlicher, welche Bemühungen der Graf aufwendet, um die Marquise zu beschützen. Zwar übernimmt der Graf Verantwortung '''für sein Handeln''', indem er die Marquise rettet, reagiert aber selbst triebgesteuert und impulsiv, indem er sie vergewaltigt (vgl. S.14, Z.16f.).Zusätzlich scheint der Graf sehr rücksichtsvoll, gefühlsvoll und sentimental, da er sich stark um das Wohlbefinden der Marquise von O. sorgt (vgl. S.12 Z. 21-26). Allgemein lässt sich sagen, dass der Graf etwas für die Marquise empfindet. So schreibt er ihr wärend er in Neapel ist zwei mal und versucht so Kontakt zu ihr zu behalte (vgl. S.14, Z.18ff). Auch besucht er ihr Haus, sobald er wieder zurück war, in der Hoffnung die Marquise dort anzutreffen. Als er hört was in seiner Abwesenheit passierte, sucht er sie auf und obwohl der Türsteher ihm sagt die Marquise möchte niemanden sehen, geht er trotzen in den Garten um mit ihr zu reden (vgl. S.14-15). Dies zeigt einerseits wie wichtig es ihm ist die Marquise zu heiraten, anderer Seit deutet dies auch auf eine große Hartnäckigkeit und Rücksichtslosigkeit, welche sich auch in seiner Überlegung einfach durch das "zur Seite stehente offene Fenster ein[zu]steigen" (S.15 Z.34-35).Des Weiteren greift er nach ihren Händen und möchte diese küssen, wodurch er nochmals seine Gefühle für die Marquise zum Ausdruck bringt (vgl. S.12, Z.37f).


Dadurch, dass sogar der Vater der Marquise, welcher von den Truppen des Grafen angegriffen wurde, ihn als "ehrlicher Mann" bezeichnet, kann man davon ausgehen, dass der Graf nach außen ein sehr ehrhaftes Erscheinungsbild hat und mit allen Menschen maniervoll umgehen kann (vgl. S.15 Z. 7f).
Dadurch, dass sogar der Vater der Marquise, welcher von den Truppen des Grafen angegriffen wurde, ihn als "ehrlicher Mann" bezeichnet, kann man davon ausgehen, dass der Graf nach außen ein sehr ehrenhaftes Erscheinungsbild hat und mit allen Menschen manierlich umgehen kann (vgl. S.15 Z. 7f).


Nachdem er die Marquise in den sicheren Westflügel des Palastes gebracht hat, fällt diese in Ohnmacht. In diesem Moment ändert sich das Verhalten des Grafen. Er lässt sich auf das Niveau der „Hunde“ (S. 7 Z. 6) herab und wird nun selbst zum Vergewaltiger. Kurz darauf verspürt er jedoch tiefe Reue und nimmt sich vor "die einzige nichtswürdige Handlung, die er in seinem Leben begangen hätte" (S. 15 Z. 4-6) wieder gut zu machen.   In Gesprächen, in denen es um die Marquise geht, wird er oftmals rot (vgl. S.9, Z.19f./ S.14, Z.33). Das zeigt, dass ihm sein vergangenes Verhalten unangenehm ist und dass er seine Emotionen schlecht verbergen kann.. Er deutet sein Fehlverhalten an, findet jedoch nicht den Mut es auszusprechen ("...unter anderen Umständen.../...dringende Verhältnisse...", S.14, Z.10-15). Dass sein Interesse an der Marquise aufrichtig ist, zeigt sich durch seine Entschlossenheit alles zu tun, um diese für sich zu gewinnen. Der Graf ist sogar bereit seinen hohen beruflichen Stand aufzugeben, indem er die bevorstehende  Dienstreise abbrechen will, um die Familie der Marquise überzeugen zu können, dass diese einer Hochzeit zustimmt. Ihm ist die Hochzeit mit der Marquise so wichtig, dass er sogar den Heiratsvertrag annimmt (vgl. S.49, Z.3f).  
Nachdem er die Marquise in den sicheren Westflügel des Palastes gebracht hat, fällt diese in Ohnmacht. In diesem Moment ändert sich das Verhalten des Grafen. Er lässt sich auf das Niveau der „Hunde“ (S. 7, Z. 6) herab und wird nun selbst zum Vergewaltiger. Kurz darauf verspürt er jedoch tiefe Reue und nimmt sich vor, "die einzige nichtswürdige Handlung, die er in seinem Leben begangen hätte" (S. 15, Z. 4-6) wiedergutzumachen. In Gesprächen, in denen es um die Marquise geht, wird er oftmals rot (vgl. S.9, Z.19f./ S.14, Z.33). Das zeigt, dass ihm sein vergangenes Verhalten unangenehm ist und dass er seine Emotionen schlecht verbergen kann.. Er deutet sein Fehlverhalten an, findet jedoch nicht den Mut, es auszusprechen ("...unter anderen Umständen.../... dringende Verhältnisse...", S.14, Z.10-15). Hier zeigt sich eine gewisse Feigheit, Scham oder zumindest Vermeidungshaltung an.


Durch die Vertuschung seiner Tat, aber auch aufgrund seiner Empfindung gegenüber der Marquise weist der Graf auf eine ambivalente Figur hin.
Dass sein Interesse an der Marquise aufrichtig ist, zeigt sich durch seine Entschlossenheit, alles zu tun, um diese für sich zu gewinnen. Der Graf ist sogar bereit, seinen hohen beruflichen Stand aufzugeben, indem er die bevorstehende  Dienstreise abbrechen will, um die Familie der Marquise überzeugen zu können, dass diese einer Hochzeit zustimmt. Ihm ist die Hochzeit mit der Marquise so wichtig, dass er sogar den Heiratsvertrag annimmt (vgl. S.49, Z.3f).  


Die Spaltung seines Charakter spiegelt sich auch in seiner Sprache wieder. Auf der einen Seite ist er fähig sich differenziert, in einem gehobenen Stile auszudrücken. Geht es jedoch um seine schändliche Tat, so ist sein Sprachverhalten geprägt von Verlegenheit  und seine Fähigkeit sich differenziert auszudrücken verfliegt (vgl. S. 14 Z. 33-34).
Durch die Vertuschung seiner Tat, aber auch aufgrund seiner Empfindung gegenüber der Marquise, weist der Graf eine gewisse Ambivalenz auf. Obwohl sich überwiegend standesgemäß als Gentleman verhaltend, zeigt doch seine Tat an der Marquise eine andere, dunkle Seite in seinem Charakter.
 
Die zwei Seiten seines Charakter spiegeln sich auch in seiner Sprache wieder. Auf der einen Seite ist er fähig, sich differenziert, in einem gehobenen Stil auszudrücken. Geht es jedoch um seine schändliche Tat, so ist sein Sprachverhalten geprägt von Verlegenheit und Scham und seine Fähigkeit, sich differenziert auszudrücken, verfliegt (vgl. S. 14, Z. 33-34). +
 
Eine abschließende Bewertung der moralischen Integrität des Grafen ist schwierig, weil die Schwere der Tat in so starkem Kontrast zu seinem sonstigen Auftreten und Verhalten steht.

Aktuelle Version vom 21. Januar 2021, 12:16 Uhr

Figurenanalyse Mutter: 



Die Mutter (auch Obristin von G, oder Frau von G), ist eine Vertrauensperson der Marquise, die sich im Laufe der Novelle immer weiter entwickelt. Ihr gelingt die Versöhnung des Vaters mit der Tochter und gegen Ende wird sie sich auch ihrer Fehler gegenüber der Marquise bewusst und gesteht sich diese ein (S. 39, Z. 33 ff). Sie hält die Familie so zusammen und stellt sich im Laufe der Novelle über den Obristen.

Sie ist die Frau von Herr von G, dem Obristen. Daher hält sie den Adelstitel Obristin inne.

Über das Aussehen oder ein genaues Alter erfährt man nichts. Da sie aber erwachsene Kinder hat und von der Marquise gepflegt wird, ist sie vermutlich bereits älter.

Die Mutter würde die Marquise gerne wieder verheiraten und probiert sie anfangs vom Graf F zu überzeugen (S. 20 Z. 24ff).

Anscheinend mischt sie sich gerne in die Angelegenheiten anderer Familienmitglieder ein, da ihr der Ruf ihrer Familie sehr wichtig scheint.

Vermutlich möchte sie deshalb dass ihre Tochter heiratet. Sie hat ein mütterliches Gefühl für die Marquise, obwohl sie aufgrund der Schwangerschaft enttäuscht ist: Die Marquise fällt in Ohnmacht nachdem ihre Schwangerschaft bestätigt wurde, die Mutter hilft ihr trotz Enttäuschung wieder schnell auf die Beine (S. 25).

Die Obristin hat eine spezielle Beziehung zu ihrer Tochter. Zunächst zweifelt sie an der Schwangerschaft ihrer Tochter, doch ihre mütterlichen Instinkte sind an vielen Stellen schwerwiegender als ihre Zweifel. Zusätzlich zeigt sie eine starke Emotionalität ihrer Tochter gegenüber, welche die Wichtigkeit dieser Beziehung für die Mutter darlegt. (vgl. S.28 Z. 24).Nach der Annonce in der Zeitung, fährt die Mutter zur Marquise, um diese auf die Wahrheit dieser zu testen. Nachdem sie erfährt, dass die Marquise nicht gelogen hat, ist sie dieser gegenüber sehr demütig, woraufhin sie sich sehr emotional entschuldigt (vgl. S. 41 Z. 23-27). Sie will alles tun, damit die Tochter ihr verzeiht: "ich will keine andre Ehre mehr, als deine Schande; wenn du mir nur wieder gut wirst" (S. 42 Z. 6-7).

Ihre Gefühle für ihre Familie wirken stärker als der rationale Wille.

Die Mutter zeigt sich zu Beginn des Geschehens als eine sehr traditionelle Frau. Sie reagiert verärgert, als sie erfährt, dass die Tochter außerehelich schwanger geworden ist (S. 28 Z. 32). Obwohl sie zunächst noch zur Versöhnung bereit ist (vgl. S.28, Z.30-31), wirft sie die Tochter dennoch sofort aus dem Haus raus. Dies lässt auf einen impulsiven Charakter schließen (S. 28, Z. 32). Allerdings führt das tyrannische Verhalten des Vaters (Rauswurf der Marquise, vgl. S.29, Z.24-26) dazu, dass sie selbstkritisch über ihre Rolle als Mutter nachdenkt und sich gegen den Willen des Obristen stellt (S.36, Z. 10-15). Dieses Verhalten zeigt sich erneut als sie, ohne es den Obristen wissen zu lassen, zur verstoßenen Marquise reist.  Daraus lässt sich schließen, da sich die Mutter ihren Handlungen bewusst wird und reflektierend ihr Verhalten ändert, sie eine Entwicklung durchläuft und somit als ein dynamischer Charakter bezeichnet werden kann.

Die Mutter weicht der Tochter am Ende nicht mehr von der Seite und unterstützt sie, als ihr Vergewaltiger auftaucht (S. 46 Z. 14-15).

Frau von G entspricht zum Schluss der Novelle nicht den zeitgenössischen Vorstellungen einer passiven, gehorsamen Frau, da sie gegen den Willen des Ehemannes aktiv zur Konfliktlösung beigetragen hat.


Figurenanalyse Graf F.:

In der Novelle „Die Marquise von O“, welche 1808 von Heinrich von Kleist fertiggestellt wurde, ist Graf F eine der vier Hauptfiguren. Er zeigt sich als mehrdimensionaler Charakter, motivisch umgesetzt in der Engels-Teufels-Metaphorik ("Er würde ihr damals nicht wie ein Teufel erschienen sein, wenn er ihr nicht, bei seiner ersten Erscheinung, wie ein Engel vorgekommen wäre" S. 47, Z.30): Graf F als gefallener Engel (Teufel).

Neben der Marquise, dem Herrn von G und der Frau von G, ist er der einzige, der nicht zu der italienischen Familie gehört. In der gesamten Erzählung wird nur die Verwandtschaft zu seinem Onkel, General K erwähnt (vgl. S. 15 Z. 19-21). Im Vergleich zu den anderen Charakteren verfügt er also über mehr Freiheiten, da er nicht so eng an die Familie gebunden ist.

Man erfährt nicht viel über seine Hintergründe und Vorgeschichten. So bleibt sein Vorname auch ungewiss. Graf F ist „ein russischer Offizier“( S. 7, Z. 5-6). Durch sein Verhalten beim Angriff auf die Zitadelle der Familie der Marquise werden seine großen militärischen Fähigkeiten deutlich (vgl. S. 5-7). Neben seinem hohen militärischen Stand geniest er einen ausgezeichneten Ruf und wird auch als „Obristlieutnant vom t…n Jägerkorps und Ritter eines Verdienst- und mehrerer andrer Orden“ (S. 8, Z. 24-25) bezeichnet. Außerdem verfügt er über ein „ansehnliche[s] Vermögen“, sodass man ihn zu der hohen, adeligen Gesellschaftsschicht zuordnen kann. Zudem wird er vom Erzähler als „schön, wie ein junger Gott“ (S. 12, Z. 15) beschrieben.

Der Graf hat einen guten Ruf und in der Vergangenheit nie etwas Verwerfliches getan ("die Erkundungen, die man über ihn einzog, sprachen ziemlich zu seinem Vorteil", S.23, Z.27f.).

Als bei dem Angriff auf die Zitadelle russische Soldaten versuchen, die Marquise zu vergewaltigen (vgl. S. 7 Z. 2-5), erscheint Graf F und befreit sie aus den Fesseln der triebgesteuerten Soldaten. Sein Mut und seine Hilfsbereitschaft resultieren darin, dass die Marquise ihn als „Engel des Himmels“ (S. 7, Z. 8-9) bezeichnet.

Obwohl es sich bei den Vergewaltigern um seine Soldaten handelt, schreckt er nicht davor zurück, Gewalt anzuwenden (vgl. S. 7, Z. 9-12). Nach seiner Rettungstat bietet er der Marquise „unter einer verbindlichen, französischen Anrede den Arm“ (S. 7 Z. 12-13). Dies zeigt sein charmantes Auftreten gegenüber Frauen.

Die Marquise und Graf F kennen sich bis zu diesem Zeitpunkt nicht. Deswegen ist es umso erstaunlicher, welche Bemühungen der Graf aufwendet, um die Marquise zu beschützen. Zwar übernimmt der Graf Verantwortung für sein Handeln, indem er die Marquise rettet, reagiert aber selbst triebgesteuert und impulsiv, indem er sie vergewaltigt (vgl. S.14, Z.16f.).Zusätzlich scheint der Graf sehr rücksichtsvoll, gefühlsvoll und sentimental, da er sich stark um das Wohlbefinden der Marquise von O. sorgt (vgl. S.12 Z. 21-26). Allgemein lässt sich sagen, dass der Graf etwas für die Marquise empfindet. So schreibt er ihr wärend er in Neapel ist zwei mal und versucht so Kontakt zu ihr zu behalte (vgl. S.14, Z.18ff). Auch besucht er ihr Haus, sobald er wieder zurück war, in der Hoffnung die Marquise dort anzutreffen. Als er hört was in seiner Abwesenheit passierte, sucht er sie auf und obwohl der Türsteher ihm sagt die Marquise möchte niemanden sehen, geht er trotzen in den Garten um mit ihr zu reden (vgl. S.14-15). Dies zeigt einerseits wie wichtig es ihm ist die Marquise zu heiraten, anderer Seit deutet dies auch auf eine große Hartnäckigkeit und Rücksichtslosigkeit, welche sich auch in seiner Überlegung einfach durch das "zur Seite stehente offene Fenster ein[zu]steigen" (S.15 Z.34-35).Des Weiteren greift er nach ihren Händen und möchte diese küssen, wodurch er nochmals seine Gefühle für die Marquise zum Ausdruck bringt (vgl. S.12, Z.37f).

Dadurch, dass sogar der Vater der Marquise, welcher von den Truppen des Grafen angegriffen wurde, ihn als "ehrlicher Mann" bezeichnet, kann man davon ausgehen, dass der Graf nach außen ein sehr ehrenhaftes Erscheinungsbild hat und mit allen Menschen manierlich umgehen kann (vgl. S.15 Z. 7f).

Nachdem er die Marquise in den sicheren Westflügel des Palastes gebracht hat, fällt diese in Ohnmacht. In diesem Moment ändert sich das Verhalten des Grafen. Er lässt sich auf das Niveau der „Hunde“ (S. 7, Z. 6) herab und wird nun selbst zum Vergewaltiger. Kurz darauf verspürt er jedoch tiefe Reue und nimmt sich vor, "die einzige nichtswürdige Handlung, die er in seinem Leben begangen hätte" (S. 15, Z. 4-6) wiedergutzumachen. In Gesprächen, in denen es um die Marquise geht, wird er oftmals rot (vgl. S.9, Z.19f./ S.14, Z.33). Das zeigt, dass ihm sein vergangenes Verhalten unangenehm ist und dass er seine Emotionen schlecht verbergen kann.. Er deutet sein Fehlverhalten an, findet jedoch nicht den Mut, es auszusprechen ("...unter anderen Umständen.../... dringende Verhältnisse...", S.14, Z.10-15). Hier zeigt sich eine gewisse Feigheit, Scham oder zumindest Vermeidungshaltung an.

Dass sein Interesse an der Marquise aufrichtig ist, zeigt sich durch seine Entschlossenheit, alles zu tun, um diese für sich zu gewinnen. Der Graf ist sogar bereit, seinen hohen beruflichen Stand aufzugeben, indem er die bevorstehende  Dienstreise abbrechen will, um die Familie der Marquise überzeugen zu können, dass diese einer Hochzeit zustimmt. Ihm ist die Hochzeit mit der Marquise so wichtig, dass er sogar den Heiratsvertrag annimmt (vgl. S.49, Z.3f).

Durch die Vertuschung seiner Tat, aber auch aufgrund seiner Empfindung gegenüber der Marquise, weist der Graf eine gewisse Ambivalenz auf. Obwohl sich überwiegend standesgemäß als Gentleman verhaltend, zeigt doch seine Tat an der Marquise eine andere, dunkle Seite in seinem Charakter.

Die zwei Seiten seines Charakter spiegeln sich auch in seiner Sprache wieder. Auf der einen Seite ist er fähig, sich differenziert, in einem gehobenen Stil auszudrücken. Geht es jedoch um seine schändliche Tat, so ist sein Sprachverhalten geprägt von Verlegenheit und Scham und seine Fähigkeit, sich differenziert auszudrücken, verfliegt (vgl. S. 14, Z. 33-34). +

Eine abschließende Bewertung der moralischen Integrität des Grafen ist schwierig, weil die Schwere der Tat in so starkem Kontrast zu seinem sonstigen Auftreten und Verhalten steht.