Nelly-Sachs-Gymnasium Neuss/Erzählungen: Lebensentwürfe in der Literatur aus unterschiedlichen historischen Kontexten

Aus ZUM Projektwiki

Wenn alle Menschen statt der Augen grüne Gläser hätten, so würden sie urteilen müssen, die Gegenstände, welche sie dadurch erblicken, sind grün - und nie würden sie entscheiden können, ob ihr Auge ihnen die Dinge zeigt, wie sie sind, oder ob es nicht etwas zu ihnen hinzutut, was nicht ihnen, sondern dem Auge gehört. (H. v. Kleist an Wilhelmine v. Zenge am 28.3.1801)[1]

Vier Erzählungen aus zwei Epochen, vier Lebensentwürfe - literarisch verarbeitet: zwischen ihnen liegen über 200 Jahre Geschichte.

Was davon ist für Jugendliche im Jahre 2020 noch nachvollziehbar? Welche Bedeutung kann Literatur heute noch haben? Welche Erkenntnisse kann sie vermitteln?

Wir wollen in diesem Projekt das Unheimliche und das Unaussprechliche in der Romantik und in der Moderne untersuchen, dabei auch das lakonische Vielleicht- später-Prinzip hinterfragen und Stellung beziehen zu Kommunikationsabbrüchen in modernen Beziehungen.

Dafür arbeiten ein Grund- und ein Leistungskurs gemeinsam an diesem Wiki.

Literarische Analyse von Erzählungen

Die Marquise von O....

Dieser Roman ist nichts für dich, meine Tochter. In Ohnmacht! Schamlose Posse! Sie hielt, weiß ich, die Augen bloß zu.

(Kleists Epigramme im Phöbus, April/Mai 1808)[2]

Heinrich v. Kleist: Die Marquise von O.

Heinrich von Kleist: Die Marquise von O.


https://www1.wdr.de/mediathek/video/radio/wdr3/video-die-marquise-von-o-vom-theater-oberhausen-100.html

Der Sandmann

Warum denke ich schlafend und wachend so oft an den Wahnsinn? (E.T.A. Hoffmann)[3]

E.T.A. Hoffmann: Der Sandmann

Sommerhaus, später

Judith Hermann: Sommerhaus später

  1. Inhalt
  2. Sprache

Ausgabe: Hermann, Judith: Sommerhaus später. 21. Auflage, Frankfurt/M.: Fischer Taschenbuch-Verlag 2000.

Das Haus in der Dorotheenstraße

Hartmut Lange: Das Haus in der Dorotheenstraße

Werkimmanente Analyse

Inhalt

Inhaltswiedergabe
Handlungsverlauf/ "Dramaturgie"
Figurenanalyse
Analyse der Gesamtaussage/Intention

Die Novelle „Das Haus in der Dorotheenstraße“ verfasst von Harmut Lange im Jahr 2013 thematisiert die Eheprobleme des Ehepaares Klausen.

Die Novelle befasst sich mit vielfältigen Problemsituationen, wie zum Beispiel Beziehungs- und Kommunikationsprobleme oder auch die Gegensätze zwischen Fremdheit und Geborgenheit. Somit wird deutlich, dass sich die Novelle anders als klassisch moderne Erzählung nicht mit einer alltäglichen Situation an sich befasst.

Dadurch, dass die Novelle also nicht einer typisch modernen Erzählung entspricht, stellt sich auch im Hinblick auf die Gesamtintention die Frage, ob eine Novelle dieser Art überhaupt eine einheitliche Intention aufweist. Im folgenden soll diese Frage behandelt werden.

Die Novelle wird durch einen auktorialen Erzähler erzählt, welcher nur sehr wenige Informationen über die Gedanken und Gefühle Gottfrieds preis gibt. Durch die fehlenden Informationen entsteht eine besonders hohe Deutungsoffenheit für den Rezipienten.

Der Erzähler wird somit dazu angeregt zu reflektieren und zu interpretieren und ist gezwungen sich ein eigenes Bild von der gesamten Erzählung, den Charakteren selber und dem Handlungsverlauf zu machen.

Daraus erschließt sich, dass für die Frage der Gesamtintention keine allgemeingültige Aussage getroffen werden kann. Die Erzählungen lässt die verschiedensten Antworten auf die Frage zu, warum die Beziehung des Ehepaares Klausen gescheitert ist. Lag es an der fehlenden Kommunikation, dem Unaussprechlichen in der Beziehung oder gab es ein tiefgründiges Problem in der Beziehung, wie beispielsweise der Verlust des gegenseitigen Vertrauens.

Auch das Kunstverständnis von Hartmut Lange weist daraufhin, dass genau diese Deutungsoffenheit gewünscht war „Sie ist entweder vieldeutig oder gar nicht (…) Was ich in Kunst sehe, höre, lese, bedeutet immer gerade dies und unendlich vielmehr“ (Material 1: „Hartmut Langes Verständnis von Kunst“).

Hartmut Lange ist zu Zeiten des Nationalsozialismus aufgewachsen, in der Individualität und damit individuelle und einzigartige Weltanschauung keine Rolle spielten. Durch die Kunst sagt er, ist es ihm möglich, sich aus „Enge des Nihilismus, der meine Weltanschauung seit Anfang der achtziger Jahre bestimmt zu befreien“ (Material 2: „Hartmut Lange über das Poetische“). Hartmut Lange will die Menschen, die Rezipienten, somit nicht in eine Deutungszwangsjacke stecken, wie es zur Zeiten des Nationalsozialismus der Fall war, er will auch in seinen Erzählungen die Individualität jedes einzelnen Rezipienten berücksichtigen, indem er jedem einzelnen eine individuelle Deutung ermöglicht.

Zusammenfassend ist somit zusagen, dass die Engen der klassischen Dramaturgie, nicht zu dem Kunst und Poesie Bild Hartmut Langes gepasst hätte. Auch passen die Merkmale und Eigenschaften einer klassischen Erzählung nicht mehr zu einer qualifizierten und modernen Gesellschaft wie der heutigen, denn auch im Leben ist nicht alles schwarz und weiß, auch im Leben ist nicht immer alles Glas klar. Eine moderne Erzählung mit einer Deutungsoffenheit, wie der in der Novelle „Das Haus in der Dorotheenstraße“ passt somit nicht nur zu Hartmut Lange als Person sondern auch zu einer aufgeklärten Gesellschaft wie die der heutigen Zeit, in der die Menschen die kognitive Fähigkeit besitzen selbständig zu denken und in der Individualität wichtiger ist als je zuvor.

[4]

Sprache

Das Haus Motiv Vergleich

Das Haus in der Dorotheenstraße ist wie das Haus in Sommerhaus später heruntergekommen. Jedoch ist dieses bewohnbar und auf eine Weise schön von außen , während das Haus in Sommerhaus später nicht bewohnbar ist und vorher renoviert werden muss.

Ähnlich sieht es auch mit den Beziehungen zwischen beiden Protagonisten aus. Während die Ehe von Klausen und Xenia noch zu Beginn anhält, ist die Beziehung zwischen Stein und der Ich-Erzählerin bereits gescheitert und Stein versucht diese erneut zu reaktivieren. Die Beziehung zwischen Klausen und Xenia beginnt ab dem Moment zu bröckeln, an dem Klausen aus dem Haus auszieht (S.80). Somit repräsentiert das Haus die Beziehung zwischen Klausen und Xenia und dient als Anker dieser. Der bröckelnde Putz von innen und das schöne erscheinen von außen (S.74) lassen sich auch auf die Beziehung beziehen. So könnte die Beziehung der beiden auch von außen robust und gut wirken aber weist beim genaueren betrachten Lücken auf, welche durch das Wegziehen von Klausen deutlich werden.

In Sommerhaus später spiegelt das Haus auch die Beziehung der beiden Protagonisten wieder. Hier ist es allerdings der Fall, dass Stein beginnt das Haus zu restaurieren. Dies ließe sich übertragend als Angebot für eine Beziehung verstehen. Dieses wird von der Ich Erzählerin allerdings abgelehnt. Das Haus ist auch von Anfang an renovierungsbedürftig doch nur Stein versucht dies zu tun und er sieht sowohl die Restaurierung des Hauses als auch das erneute Versuchen einer Beziehung optimistisch. Genauso versucht auch nur Stein die Beziehung zu retten. Somit lässt sich das Abbrennen des Hauses am Ende als Beenden der Beziehungsversuche Steins und somit auch mit dem Scheitern der Beziehung gleichsetzen.

Im Haus in der Dorotheenstraße steht das Haus am Ende noch und ein Mann geht bei Klausens Anruf ans Telefon (S.82). Demnach ließe sich interpretieren, dass jemand anderes in Xenias Leben getreten und somit auch in das Haus gezogen ist, welcher nun eine Beziehung mit ihr führt. Demnach ist die Beziehung zwischen Klausen und Xenia dann auch gescheitert, allerdings bleibt das Haus bestehen, da jemand anderes an Klausens Stelle tritt.

Somit ist das Motiv des Hauses in beiden Erzählungen recht ähnlich. Die Häuser spiegeln beide in gewisser Hinsicht die Beziehung der Protagonisten wieder. Ein Unterschied ist jedoch, dass das Haus in der Dorotheenstraße nicht zerstört wird und die Beziehung der beiden Protagonisten zueinander.

Erzähltechnik:
Erzähler
Erzählform Erzählverhalten Erzählerstandort Erzählperspektive Darbietungsform und Sprachverwendung Erzählhaltung
Ich-Erzähler

Er-/Sie-Erzähler*in

auktorial

personal

neutral

Außensicht - Innensicht Außenperspektive - Innenperspektive Erzählerrede - Figurenrede kritisch, bejahend

überheblich

ironisch...

Distanz - Nähe
allwissend - beschränktes Wissen


Darbietungsformen
Erzählerrede Figurenrede
Erzählerbericht: meist knappe Darstellung des Fortgangs der Erzählung in der Außensicht oder Wahrnehmungen und Gefühle und der Figuren in der Innensicht Wörtliche Rede: monologisch und dialogisch, meist durch Anführungszeichen, als solche markiert
Erzählerbeschreibung: detaillierte Beschreibung von Schauplätzen, Figuren o. Gegenständen bzw. Schilderung von Situationen Indirekte Rede: teilweise Darstellung des Erzählers im Konjunktiv, kann Distanz ausdrücken
Erzählerkommentar: Bewertung des Geschehens, der Figuren, der Zeitumstände Erlebte Rede: Darstellung in der 3. Person Singular Indikativ Präteritum aus der Optik einer Figur,     teilweise an die Gedankenstrichen und Figurenrede erkennbar
Szenische Darstellung: breite Entfaltung einer Situation, meist kombiniert mit Figurenrede Innerer Monolog: Wiedergabe von Gedanken und Gefühlen in der 1. Person Präsens
Bewusstseinsstrom: assoziative, sprunghafte Folge einzelner Eindrücke im Bewusstsein einer Figur, Auflösung des Satzbaus
Zeit und Zeitgestaltung
Erzählzeit erzählte Zeit lineare Struktur nicht-lineare Struktur Zeitgestaltung Häufigkeit eines Geschehens
Dauer des Erzählens/Lesens Zeitraum des Erzählten chronologisch

mit Rückwendungen und Vorausdeutungen

Schichtung von Zeitebenen Zeitraffung

Zeitdehnung

Zeitdeckung

einfaches- mehrmaliges Geschehen

(einfach - mehrmals erzählt)

Sprachliche Mittel
Autor-Rezipienten-Kommunikation

Form/Struktur

Aufbau
Auffälligkeiten im gesamten Text: Leerstellen - Was ausdrücklich NICHT erzählt wird

Autorimmanente Analyse

  • Einbezug der Biographie
  • Lebensthemen
  • Historischer Kontext
  • Literaturgeschichtlicher Kontext (Epoche)

Hartmut Lange:

JaTNSG: Hier Text einfügen!

  1. In: Heinrich von Kleist. Werke und Briefe. Berlin: Aufbau-Verlag, Bd. 4, S. 200.
  2. In: Heinrich v. Kleist: Der Dichter über sein Werk. Herausgegeben von Helmut Sembdner. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft. 2. korrigierte und ergänze Auflage 1996, S. 62.
  3. E.T.A. Hoffmann: Tagebücher. Nach der Ausgabe von Hans Müller, hrsg. von F. Schnapp. München 1971, S. 112.
  4. Aus: Hartmut Lange: Dankrede anlässlich der Verleihung des Literaturpreises der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. an Hartmut Lange. Weimar 10. Mai 1998.

Teilnehmende:

AnFNSG JaBNSG
AnLNSG FeBNSG
AnnSNSG SeDNSG
AyhBNSG LiENSG
ChTNSG LiFNSG
ElDNSG MaHNSG
EmVNSG MiJNSG
FeENSG NiLNSG
FeMNSG HaRNSG
FiKNSG JoSNSG
JaKNSG FrSNSG
JaSNSG LuWNSG
JaTNSG MaWNSG
JeKNSG LeWNSG
KvHNSG
LeBNSG
LeSNSG
TaKNSG
ThFNSG
ZoPNSG
IDAbiNSG
KaBirNSG